Die langfristige Motivation älterer Menschen zu regelmäßiger Bewegung bleibt eine der größten Baustellen in der hausärztlichen Praxis. Von der Karls-Universität Prag in Tschechien kommt nun eine Studie, die ein onlinebasiertes Heimtrainingsprogramm auf den Prüfstand stellt.
Teilgenommen haben 82 selbstständig lebende Senioren und Seniorinnen, im Schnitt 74 Jahre alt, überwiegend Frauen. Sie absolvierten zunächst eine 12-wöchige Testphase. Danach wurde geschaut, was hängenbleibt. Sechs Monate später waren noch 79,3 % aktiv, nach zwölf Monaten immerhin 70,7 %. Fast die Hälfte – genau 47,8 % - kam auch nach einem Jahr im Schnitt auf zwei oder mehr Trainingseinheiten pro Woche. Zum Vergleich: klassische Programme verlieren oft mehr als die Hälfte der Teilnehmenden schon nach einem halben Jahr.
Was macht das Heimtrainingsprogramm besonders?
Neun kurze Videoroutinen (je 12 bis 17 Minuten), angelehnt an alltägliche Bewegungen. Dazu Wissen, das die „Warum?“-Frage beantwortet. Und: flexible Umsetzung zu Hause. Diese Mischung könnte der Knackpunkt sein. Viele berichteten von mehr Energie, besserer Beweglichkeit, sogar gestärktem Selbstvertrauen im Alltag – und das auch dann, wenn sie nicht immer „streng“ am Ball blieben.
Motivation und Stolpersteine
Die Rückmeldungen zeigen klar: „Barrieren“ gibt es reichlich – mangelnde Motivation, Zeitdruck, gesundheitliche Einschränkungen, familiäre Verpflichtungen. Auch technische Probleme spielten eine Rolle, manche zogen schlicht andere Aktivitäten vor. Auf der anderen Seite nannten die Teilnehmenden soziale Unterstützung (Partner, Gruppe), kleine äußere Anstöße (z. B. Erinnerungen) und den spürbaren Alltagsnutzen als treibende Kräfte.
„Jede Bewegung zählt“
Ein wichtiger Befund: Auch wer unregelmäßig trainierte, profitierte. Heißt für die Praxis: Es geht nicht um Perfektion. Pausen sind kein Scheitern, sondern Teil des Weges. Entscheidend ist, überhaupt in Bewegung zu bleiben.
Evolution statt Revolution
Und doch: Eine Revolution? Eher eine vorsichtige Evolution. Die Studie belegt, dass gut gemachte Online-Programme ältere Menschen wirklich erreichen können – zumindest, wenn sie motiviert, digital vertraut und gesundheitlich noch einigermaßen stabil sind. Grenzen bleiben: kleine Stichprobe, Selbstangaben, eher bildungsnahe Klientel. Für Hausärzte und Hausärztinnen heißt das: Solche Programme können eine gute Ergänzung sein – vor allem in hybriden Modellen, also online plus begleitende Treffen. Am Ende zählt weniger die Technik als die Frage, ob der individuelle Nutzen im Alltag erfahrbar wird.
Zusatzinfos: Online steht PERMANENTO derzeit nur auf tschechisch zur Verfügung. Mit Browser-Übersetzungsfunktion ist aber ein tiefer Einblick in das Angebot möglich. Vergleichbare Programme gibt es auch in Deutschland, z. B. kostenpflichtig „Digi Prevention – Das digitale Ganzkörpertraining für Senioren über 70“ (https://gesundheitskurs.de/praeventionskurse/online/digi-prevention-ganzkoerpertraining-fuer-senioren). Oder „LiFE - Lebensstil-integrierte Funktionelle ÜbungEn“ (https://www.life-alltagsuebungen.de/) des Netzwerk AlternsfoRschung (NAR) der Uni Heidelberg.
Machacova K et al.: Revolution or Empty Promise? A 6- and 12-Month Follow-Up to an RCT of the Online Exercise Program PERMANENTO in Older Adults. Clin Interv Aging. 2025 Sep 9;20:1519-1535 (DOI 10.2147/CIA.S530709).