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Geriatrie

Neue Leitlinie gegen Stürze im Alter setzt auf Prävention

5.10.2022

Ende September 2022 wurde erstmals eine globale Leitlinie zur Sturzprävention veröffentlicht. So soll die Anzahl der sturzbedingten Einweisungen um ein Fünftel reduziert werden können. Konkret sollen Stürze durch Prävention verhindert werden.

„Uns ist es nach zwei Jahren Arbeit erstmals gelungen, einen globalen Konsens für die Prävention, Diagnostik und Therapie von Stürzen zu schaffen“, sagt der Geriater. Insgesamt haben 96 Wissenschaftler aus 39 Ländern daran mitgewirkt, unter anderem Prof Dr. Clemens Becker (Stuttgart), Sturz-Experte der Deutschen Gesellschaft für Geriatrie (DGG). Jährlich gibt es in Deutschland eine halbe Million Krankenhauseinweisungen, die unmittelbar auf einen Sturz zurückzuführen sind. Viele ältere Menschen versterben an den Folgen. „Durch eine frühzeitige Prävention könnten wir die Zahl der Einweisungen um 20 Prozent reduzieren“, betont Becker. Die neuen Empfehlungen der Leitlinie, die sämtliche soziodemografischen Unterschiede der Weltbevölkerung berücksichtigen, wurden im Rahmen des Kongresses der European Geriatric Medicine Society 2022 (EuGMS) in London veröffentlicht (Volltext, englisch, frei verfügbar).

Die aktuelle Herausforderung: Stürze und sturzbedingte Verletzungen kommen bei älteren Erwachsenen häufig vor – mit oftmals negativen Auswirkungen auf die funktionelle Unabhängigkeit und Lebensqualität. Damit gehen in der Gruppe der Über-65-Jährigen eine steigende Krankheitshäufung, eine erhöhte Sterberate sowie steigende gesundheitsbezogene Kosten einher. Zudem sind bisher gültige Präventions- und Behandlungsrichtlinien uneinheitlich. Mit den jetzt veröffentlichen „World Falls Guidelines“ stellen die Experten eine Reihe von evidenz- und konsensbasierten Empfehlungen zur Sturzprävention und -behandlung für ältere Erwachsene zur Verfügung, die insbesondere den medizinischen Fachkräften neue Möglichkeiten bieten.

Sturzrisikoscreening bei Demenz oder Parkinson

Insbesondere für Industrieländer wie Deutschland ergeben sich nun diese Empfehlungen: Alle älteren Erwachsenen sollten wesentlich umfänglicher als bisher zur Sturzprävention und körperlichen Aktivität beraten werden. Mindestens einmal im Jahr sollte der Hausarzt betroffene Patienten nach Stürzen oder Sturzrisiken befragen. Zur Untersuchung sollte auch eine Ganganalyse gehören. „Wir wissen: Unterschreitet das Schritttempo 0,8 Meter in der Sekunde, steigt das Sturzrisiko“, sagt Becker. „Außerdem sollten Menschen mit Demenz oder Parkinson unbedingt Zugang zu systematischen Trainingsprogrammen erhalten“. Betroffene sollten eine gezielte Physiotherapie und Übungsprogramme durchlaufen.

Insbesondere für ältere Menschen in Gemeinschaftseinrichtungen wie Pflegeheimen soll es eine auf den individuellen Gesundheits- oder Krankheitszustand zugeschnittene Prävention für das Sturzrisiko geben. „Personen mit hohem Risiko sollte eine umfassende multifaktorielle Bewertung angeboten werden, um eine personalisierte und fachübergreifende medizinische Behandlung zu gewährleisten. Damit ließe sich das zukünftige Sturzrisiko dieser Personen erheblich reduzieren“, fordert Becker.

Sturz oder schwerer Sturz?

Weitere Empfehlungen der neuen globalen Sturzleitlinie umfassen Einzelheiten zu Bewertungs- und Interventionskomponenten sowie -kombinationen. „Uns war es wichtig, einmal genau zu definieren, was medizinisch als Sturz oder auch schwerer Sturz klassifiziert werden kann und wie dann mit den Betroffenen genau umgegangen werden sollte“, sagt Becker. „Von einer schlanken bis umfassenden Bewertung des Gesundheitszustandes eines Patienten ist ja grundsätzlich alles möglich“.

Der Konsens der beteiligten Autoren: Jede ältere Person – auch jene ohne erkennbare Verletzungen – mit Gebrechlichkeitserscheinungen oder Schwierigkeiten, selbstständig aufzustehen, wird tiefergehend untersucht. „Bisher wurden die Menschen nur bei Verletzungen oder wiederholten Stürzen umfassender untersucht“, erklärt Becker. Wie solch ein multifaktorielles Risiko-Assessment genau auszusehen hat, wird in der neuen Leitlinie genau ausgeführt. „Ein Hausarzt sollte drei bis sechs Monate im Anschluss den Zustand des Patienten erneut prüfen“.

Pressemitteilung Deutsche Gesellschaft für Geriatrie (DGG), September 2022
Montero-Odasso M et al.; Age Ageing. 2022 Sep 2;51(9):afac205 (DOI 10.1093/ageing/afac205).

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