Ein neuer Expertenkonsens der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie (ESC) fasst die tiefgreifenden und langanhaltenden Auswirkungen von COVID-19 auf die kardiovaskuläre Gesundheit zusammen. Die Infektion kann sowohl in der akuten Phase als auch in der Zeit danach das Herz-Kreislauf-System schädigen. Betroffene leiden unter Komplikationen wie Myokarditis, Perikarditis, Herzinfarkt, Schlaganfall, Herzinsuffizienz, thromboembolischen Ereignissen oder Herzrhythmusstörungen. Schätzungen zufolge entwickeln 2 bis 5 % aller Infizierten ein kardiales Long-COVID mit Symptomen wie Angina pectoris, Dyspnoe, Arrhythmien, Fatigue oder autonomen Störungen.
Mangels klarer Leitlinien greifen viele Patienten und Patientinnen auf unbewiesene oder potentiell riskante Therapien zurück. Das nun im „European Journal of Preventive Cardiology“ veröffentlichte Konsenspapier unter Leitung von Prof. Dr. Vassilios S. Vassiliou, Norwich (UK), bietet erstmals einheitliche, praxisnahe Empfehlungen für Diagnostik, Behandlung, Prävention und Rehabilitation.
Als wichtige Säule der Prävention wird die COVID-19-Impfung hervorgehoben, da sie nachweislich das Risiko schwerer Verläufe, kardiovaskulärer Komplikationen und von Long-COVID deutlich reduziert. Ergänzend werden Lebensstilmaßnahmen wie körperliche Aktivität, Rauchstopp, Blutdruck- und Stoffwechselkontrolle empfohlen. Für die Diagnostik kardialer Long-COVID-Symptome schlägt das Dokument ein abgestuftes, symptomorientiertes Vorgehen mit bildgebenden und funktionellen Verfahren vor. Die Behandlung sollte leitliniengerecht nach den etablierten ESC-Empfehlungen für Herzinsuffizienz, koronare Syndrome oder Arrhythmien erfolgen.
Besonderes Gewicht legt das Konsenspapier auf den Zugang zu strukturierten, multidisziplinären Rehabilitationsprogrammen. Diese sollen individuell angepasst die Belastbarkeit verbessern, die Lebensqualität steigern und das Risiko langfristiger Folgeschäden verringern. Da die Kapazitäten vielerorts nicht ausreichen, fordern die Experten gezielte Investitionen sowie verstärkte Forschungsanstrengungen, um die Langzeitfolgen besser zu verstehen und Versorgungsstrategien fortlaufend an neue Evidenz anzupassen.
Pressemitteilung „Major new report sets out how to tackle the ‘profound and lasting impact’ of Covid-19 on cardiovascular health“. European Society of Cardiology (ESC). Sophia Antipolis (F), 16.9.2025.
* Vassiliou VS et al.: Cardiovascular Disease Prevention and Management in COVID-19. A Clinical Consensus Statement of the European Association of Preventive Cardiology, the European Association of Cardiovascular Imaging, the Association of Cardiovascular Nursing & Allied Professions, the European Association of Percutaneous Cardiovascular Interventions, and the Heart Failure Association of the ESC. European Journal of Preventive Cardiology (DOI 10.1093/eurjpc/zwaf540).