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Allgemeinmedizin

Medikamenten-induzierter Herzinfarkt

kardiovaskuläre Gesundheit prüfen

Ines Schulz-Hanke

9.12.2025

Zu den vielfältigen ätiologischen Faktoren für einen akuten Herzinfarkt zählen auch pharmakologische Auslöser, darunter nicht-steroidale Entzündungshemmer, Hormone, Antikoagulanzien und antipsychotische Medikamente. Das Risiko ist erheblich und mehr Bewusstsein nötig.

Wie eine aktuelle Übersichtsarbeit zeigt, können Medikamente über verschiedene Mechanismen einen Myokardinfarkt (MI) induzieren [1]. Eine Rolle spielen hier der Wirkstoff sowie individuelle Patientencharakteristika. Zu einem koronaren Vasospasmus kommt es hauptsächlich über drei pathogenetische Mechanismen: endotheliale Dysfunktion der Intima, Hyperreagibilität der vaskulären glatten Muskelzellen in der Media sowie Entzündung in der Adventitia und perivaskulärem Fettgewebe.

Ein erhöhter myokardialer Sauerstoffbedarf kann unter verstärkter myokardialer Belastung wie Tachykardien, schwerer Hypertonie oder linksventrikulärer Hypertrophie entstehen. Mikrovaskuläre Dysfunktion, Vasospasmen oder eine inadäquate koronare Durchblutung infolge eines geringen diastolischen Blutdrucks können die kardiale Sauerstoffversorgung einschränken. Verschiedene Medikamente induzieren Störungen des Fettstoffwechsels wie eine Hyper­lipidämie und eine veränderte Oxidation des Low-Density-Lipoproteins (LDL), was zur Schaumzellen-Bildung und zur Ablagerung von Lipidplaques führt. Die Proliferation und Migration vaskulärer glatter Muskelzellen können ebenfalls dazu beitragen, dass Plaques wachsen und instabil werden. Chronischer oxidativer Stress und eine systemische Entzündung befördern diese Effekte und beschleunigen so die Progression einer Atherosklerose. Zerstören Pharmazeutika die empfindliche Balance zwischen pro- und antithrombotischen Faktoren in der koronaren Zirkulation, kann der Spiegel von Koagulationsfaktoren ansteigen (z. B. Faktor VII, Fibrinogen) und der natürlicher Antikoagulanzien sinken (z. B. Protein C, Antithrombin III). Zudem kann die Plättchenaktivierung durch Serotoninfreisetzung oder die Adrenozeptor-Aktivierung stimuliert werden.

Bei einer endothelialen Dysfunktion ist die Bioverfügbarkeit von Vasodilatatoren reduziert, das gilt insbesondere für Stickstoffmonoxid (NO). Die Konzentration vasokonstriktorischer Faktoren aus dem Endothel ist erhöht. Dieses Ungleichgewicht stört die endothelabhängige Vasodilatation und befördert eine endotheliale Aktivierung, die durch proinflammatorische, proliferative und prokoagulierende Tendenzen geprägt ist, was die Atherogenese begünstigt.

Oxidativer Stress wirkt über mehrere pathophysiologische Mechanismen direkt kardiotoxisch: Er schädigt die Kardiomyozytenmembran irreversibel und verändert kontraktile Proteine sowie Mitochondrien.

Eine Plaqueruptur ereignet sich typischerweise an der dünnsten Stelle der Plaquekappe, die meist von Schaumzellen (Makrophagen) infiltriert ist. Die Ausdünnung der fibrinösen Kappe wird vermutlich durch zwei konkurrierende Mechanismen verursacht: den allmählichen Verlust glatter Muskelzellen aus der Kappe und den Abbau der kollagenreichen ­Matrix durch infiltrierende Makrophagen.

Eine ganze Reihe von Medikamenten tragen über verschiedene Mechanismen zum MI-Risiko bei (Tab.). Den medikamenteninduzierten Herzinfarkt als eine eigene Krankheitsentität zu erkennen, ist essenziell, um eine schnelle Diagnose stellen und ein maßgeschneidertes Management einleiten zu können. Den vermutlich auslösenden Wirkstoff abzusetzen und – wenn klinische notwendig – durch einen ­alternativen zu ersetzen, ist essenziell.

Präventive Strategien sollten darauf abzielen, Hochrisikopersonen zu identifizieren und bei der Versorgung auf Medikamente mit bekanntem kardiotoxischen Potenzial zu achten: z. B. durch einen Wechsel zu Naproxen, das ein geringeres MI-Risiko zu bergen scheint als andere NSAID. Bei Menschen mit (sehr) hohem kardiovaskulären Risiko ist der NSAID-Einsatz sorgfältig abzuwägen. Schilddrüsenhormon-Werte sollten sorgfältig eingestellt werden. Bei insulinpflichtigem Diabetes sollten andere kardiovaskuläre Risiken pharmakologisch und über Lebensstil-Modifikationen möglichst gesenkt werden. Immer gilt es, die Therapien sorgfältig zu überwachen.

Boarescu I et al., J Cardiovasc Dev Dis 2024; 11: 406

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