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Epidemiologie

Hepatitis in Deutschland: Viele ungelöste Herausforderungen

9.2.2022

Mit den zahlreichen Versorgungsproblemen bei Prävention und Therapie von viralen Hepatitiden in Deutschland hat sich eine Autorengruppe des Robert Koch-Instituts (RKI) auseinandergesetzt. Das entsprechende Themenheft befasst sich mit den aktuellen Herausforderungen und ist im Open Access kostenlos verfügbar.

Die virale Hepatitis ist weltweit gesehen eines der großen Probleme für das Gesundheitswesen. Die Bedeutung der Virushepatitiden scheint, nicht nur während der SARS-CoV-2-Pandemie, sondern auch in anderen Zeiten manchmal in Vergessenheit zu geraten. Obwohl immerhin weltweit mehrere Hundert Millionen Menschen von einer viralen Hepatitis betroffen sind (allein chronische HBV-Infektion: 257 Mio. Menschen, chronische HCV-Infektion: 71 Mio. Menschen) und die Erkrankung häufig mit hoher Morbidität und Mortalität einhergeht (ca. 1,4 Mio. Menschen sterben jährlich an HBV- oder HCV-Infektionen).

Hinsichtlich der Hepatitis B muss die Impfabdeckung sowohl bei Kindern als auch in Indikationsgruppen weiter erhöht werden. Dennoch wird es auch bei einer ausreichend hohen Impfquote bei Kindern noch Jahrzehnte dauern, bis die Bevölkerung in Deutschland zum Großteil geschützt ist. Darüber hinaus werden, z.B. durch Migration, kontinuierlich suszeptible Individuen hinzukommen. Das Auffinden der Infektionen und die zum Teil lebenslange Therapie werden deshalb weiterhin eine wesentliche Rolle für die Eliminierung von Hepatitis B spielen. Durch den Schutz vor HBV wird auch ein Schutz vor HDV erzielt. Zurzeit gibt es aber noch keine Möglichkeiten zum Schutz vor einer Superinfektion von HBV-Trägern mit HDV.

Screening im Zuge des Check-up 35

Bezüglich der Hepatitis C ist hingegen eine einfach zu handhabende, nebenwirkungsarme und hocheffektive Therapie verfügbar. Jedoch wird auch in Deutschland noch ein erheblicher Teil der HCV-infizierten Personen nicht von Therapieangeboten erreicht. Hier gilt es, durch Aufklärung Barrieren sowohl bei Patienten als auch bei Ärzten abzubauen und den Zugang zur Versorgung insbesondere für vulnerable und schwer zugängliche Gruppen zu erleichtern. Darüber hinaus ist eine breit angelegte und auf unterschiedliche Bevölkerungsgruppen angepasste Teststrategie für die Hepatitis-B-, -C und -D-Fallfindung essenziell. Ein erster Schritt ist die aktuelle Einführung eines einmaligen kostenlosen Hepatitis-B- und -C-Screenings im Zuge des medizinischen „Check-up 35“ für Personen mit gesetzlicher Krankenversicherung. Die Elimination von Hepatitis B und C kann in Deutschland nur dann erreicht werden, wenn die Maßnahmen, die in der leicht zugänglichen Allgemeinbevölkerung bereits gut umgesetzt sind, auch vulnerablen Gruppen wie etwa Personen mit Migrationshintergrund, Drogengebrauchende, Inhaftierte und Wohnungslose erreichen.

Auch bei der Hepatitis A und Hepatitis E sieht die RKI-Autorengruppe aktuelle Herausforderungen insbesondere auf dem Gebiet der Erkennung und Verhinderung lebensmittelbedingter Infektionen und Ausbrüche. Lebensmittel wie Fleisch- und Wurstprodukte oder Tiefkühlbeeren werden heute überwiegend in industriellem Maßstab produziert und überregional vertrieben. Dementsprechend sind Krankheitsfälle, die zu einem lebensmittelbedingten Ausbruch gehören, häufig über ganz Deutschland verstreut und Häufungen ohne die Anwendung molekularer Typisierungsverfahren kaum sichtbar. Der Aufbau einer mit der klassischen Krankheitsüberwachung integrierten molekularen Surveillance ist deshalb von großer Bedeutung. Weiteres Präventionspotenzial besteht in der Elimination oder Reduktion vermehrungsfähiger HAV und HEV in Lebensmitteln, die keine relevanten Erhitzungsschritte durch den Verbraucher vorsehen, der Untersuchung von lebensmittelbedingten Ausbrüchen und des zeitnahen und vollständigen Rückrufs betroffener Produkte. Zudem könnten durch eine noch bessere Umsetzung der Hepatitis-A-Impfempfehlungen Infektionen und Erkrankungen weiter reduziert werden, z.B. unter Reisenden und Personen mit erhöhtem sexuellen Expositionsrisiko.

Hinweis: Das Themenheft des Bundesgesundheitsblattes „Virale Hepatitiden in Deutschland“ (Jahrgang 65, Heft 2, Februar 2022) ist als Open Access-Publikation kostenfrei online abrufbar.

Dudareva S et al., Bundesgesundheitsblatt Gesundheitsforschung Gesundheitsschutz 2022 Feb; 65(2): 149‒158, DOI 10.1007/s00103-021-03478-8, PMID 35029725

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