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Diabetes mellitus

Präzisionsmedizin unterteilt Typ-2-Diabetes in Subtypen

27.5.2023

Menschen mit Diabetes Typ 2 wurden in der Diabetologie lange Zeit als eine homogene Gruppe betrachtet. Diese etablierte Auffassung reflektiert jedoch nur unzureichend die Heterogenität und die Vielfalt der Verlaufsformen der Erkrankung, sagte Prof. Dr. med. Julia Szendrödi (Heidelberg) bei einer Pressekonferenz zum Diabetes Kongress 2023 in Berlin. Die Präzisionsmedizin und eine damit einhergehende individualisierte Therapie sind nach ihrer Einschätzung nun auch in der Diabetologie angekommen und werden künftig den maßgeschneiderten Einsatz von Therapiekonzepten möglich machen.

Menschen mit Diabetes, die mit hoher Wahrscheinlichkeit von intensivierten Maßnahmen profitieren, benötigen eine andere Therapie als jene, für die bei der Lebensqualität und Sterblichkeit eine zurückhaltende medikamentöse Behandlung passender ist. Um individualisierte Therapiekonzepte zu entwickeln, müssen jedoch neue therapeutische Zielparameter definiert werden, was umfassende Forschungen zu den zugrundeliegende Mechanismen von Pathogenese und Komplikationen des Diabetes Typ 2 voraussetzt (> Diabetes Mellitus).

Rund ein Drittel aller Menschen mit Typ-2-Diabetes haben bei der Diagnose bereits Folgeschäden, sei es an den Augen, Nieren oder dem Herz-Kreislaufsystem. Mitunter wird sogar erst bei einem Herzinfarkt oder Schlaganfall festgestellt, dass auch ein Diabetes Typ 2 vorliegt. Andere Menschen wiederum leben jahrzehntelang ohne weitere gesundheitliche Folgen mit der Erkrankung. Daher wird schon seit längerem vermutet, dass es sich beim Typ-2-Diabetes nicht um ein einheitliches Krankheitsbild handelt. Mittlerweile wurden fünf Subtypen identifiziert. „Die Etablierung von Subtypen des Diabetes hat zum Ziel, Menschen mit hohem Risiko für die frühe Entwicklung von Folgeerkrankungen, die besonders von präventiven Maßnahmen profitieren, nach einfachen klinischen Merkmalen zu identifizieren“, so Szendrödi.

Evidenzbasierte und maßgeschneiderte medizinische Versorgung

Um den Betroffenen zukünftig passgenaue präventive und therapeutische Strategien vorschlagen zu können, müssten jedoch die verfügbaren Ansätze in Interventionsstudien validiert werden. Klinisch-experimentelle Studien untersuchen, welche Mechanismen für unterschiedliche Krankheitsverläufe und das frühe Auftreten von Folgeerkrankungen verantwortlich sind, um neue molekulare Ansätze zu finden. „Aktuelle Clusterversuche zur Bildung von Subtypen haben noch Schwächen hinsichtlich der Praktikabilität der Kriterien im klinischen Alltag“, sagte Szendrödi. „Dazu zählen unter anderem die Einteilung von Patienten mit bereits länger zurückliegender Diabetesdiagnose oder von unterschiedlichen Ethnien, aber am meisten fehlt noch die Evidenz für therapeutische Konsequenzen aus randomisierten, subgruppenspezifischen Interventionsstudien.“ Insgesamt aber sei die Entwicklung neuer Ansätze der Präzisionsmedizin in der Behandlung des Diabetes ein vielversprechender Auftakt für eine evidenzbasierte, maßgeschneiderte medizinische Versorgung von Betroffenen, welche hohe Risiken für Diabetes-assoziierte Folgeerkrankungen aufweisen.

Hintergrund: Die nach dem Erstautor einer schwedischen Arbeitsgruppe benannte “Ahlqvist-Klassifikation“ beschreibt die fünf Subtypen von Typ-2-Diabetes wie folgt:

* Gruppe 1: schwerer autoimmuner Diabetes. Charakteristisch sind ein früher Krankheitsausbruch, ein relativ niedriger BMI, eine schlechte metabolische Kontrolle, Insulinmangel und das Vorliegen von Glutamatdecarboxylase-Antikörper (GADA).
* Gruppe 2: schwerer Insulinmangel-Diabetes. Die Patienten sind GADA-negativ, entsprechen aber ansonsten Gruppe 1, mit niedrigem Alter bei Krankheitsausbruch, relativ niedrigem BMI, geringer Insulinsekretion und schlechter metabolischer Kontrolle.
* Gruppe 3: schwerer insulinresistenter Diabetes. Die Patienten in dieser Gruppe weisen eine Insulinresistenz und einen hohen BMI auf.
* Gruppe 4: leichter, adipositasbedingter Diabetes. Auch diese Gruppe ist - wie Gruppe 3 - durch Adipositas charakterisiert, doch die Patienten sind nicht insulinresistent.
* Gruppe 5: leichter, altersbedingter Diabetes. Die Patienten in dieser Gruppe sind älter als die Patienten in den anderen Gruppen, haben aber ähnlich wie Gruppe 4 nur leichte Stoffwechselstörungen.

Pressemitteilung „Präzisionsmedizin in der Diabetologie – es gibt mehr als einen ‚Typ 2‘“. Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG), Berlin, 9.5.2023 (https://www.ddg.info/pressebereich/2023/praezisionsmedizin-in-der-diabetologie-es-gibt-mehr-als-einen-typ-2).
* Ahlqvist E et al.: Novel subgroups of adult-onset diabetes and their association with outcomes: a data-driven cluster analysis of six variables. Lancet Diabetes Endocrinol. 2018 May;6(5):361-369 DOI 10.1016/S2213-8587(18)30051-2).

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