Die exakte Diagnose von Diabetes und Prädiabetes ist entscheidend für eine effektive Therapie und das Verhindern von Folgeerkrankungen. Laut aktueller Leitlinien werden (Prä-)Diabetes anhand von HbA1c, Nüchternglukose und dem 2-Stunden-Wert im oralen Glukosetoleranztest (OGTT) klassifiziert. Frühere Studien zeigen, dass der HbA1c unabhängig vom Glukosestoffwechsel mit dem Alter ansteigt. Eine Arbeitsgruppe der Universitäten Ulm und Tübingen haben daher HbA1c-basierte Kriterien gegen den OGTT („Goldstandard“) in unterschiedlichen Altersgruppen verglichen und altersabhängige Diagnoseabweichungen untersucht.
Hierzu wurden zwischen 2012 und 2023 in der klinischen Routine der Klinik für Endokrinologie und Diabetologie am Universitätsklinikum Ulm insgesamt 4 846 HbA1c-Messungen (1 853 Männer, 2 993 Frauen) sowie 1 757 standardisierte 75-g-OGTTs (631 Männer, 1 126 Frauen) durchgeführt. Die Beziehung zwischen Alter und HbA1c wurde analysiert. Die diagnostische Übereinstimmung wurde anhand der ADA-Kriterien (normal, Prädiabetes, Diabetes) verglichen – jeweils bei HbA1c-Messung innerhalb von drei Monaten vor/nach OGTT. Altersabhängige Falsch-Negativ- und -Positiv-Raten wurden bewertet.
Es zeigte sich ein signifikanter positiver Zusammenhang zwischen HbA1c und Alter (r=0,33, p=0,001), persistierend nach Adjustierung für das Geschlecht (p<0,001). Nur 57,1 % der Probanden wurden korrekt gemäß OGTT klassifiziert. Die diagnostische Genauigkeit war altersabhängig (Pearson‘s Chi-Quadrat-Test p=0,009):
Die HbA1c-basierte Diagnostik birgt das Risiko, so schlussfolgert die Studiengruppe, Diabetes bei mittelalten Personen zu unterdiagnostizieren und bei älteren Menschen zu überdiagnostizieren – vermutlich aufgrund altersbedingter, glukosestoffwechselunabhängiger Einflüsse. Altersadaptierte HbA1c-Grenzwerte könnten die diagnostische Genauigkeit und klinische Aussagekraft verbessern.
Popp KH et al.: Einfluss von Alter auf die HbA1c-basierte Diabetes-Klassifizierung. Poster beim Diabetes Kongress DDG, 28.-31.5.2025, Berlin. In: Diabetologie und Stoffwechsel 2025; 20(S 01): S26-S27 (DOI 10.1055/s-0045-1807405).