Chronische Kreuzschmerzen gehören im höheren Alter zu den häufigsten und hartnäckigsten Leiden. Viele Medikamente sind wegen Nebenwirkungen problematisch, invasive Verfahren nicht immer vertretbar. Eine aktuelle,Studie prüfte, ob Akupunktur hier eine tragfähige Alternative bietet.
In einer großen, multizentrischen, pragmatischen RCT wurden über 800 Personen ab 65 Jahren randomisiert: Standard-Akupunktur plus übliche Versorgung, eine Variante mit zusätzlichen Erhaltungssitzungen oder allein die übliche Versorgung. Die Studie wurde unter Alltagsbedingungen durchgeführt, Behandler waren erfahrene lizenzierte Akupunkteurinnen und Akupunkteure, die Datenerhebung erfolgte verblindet.
Nach sechs Monaten zeigte sich für beide Akupunkturarme eine signifikant stärkere Verbesserung der funktionellen Einschränkung, gemessen mit dem Roland-Morris-Fragebogen, gegenüber der Kontrollgruppe. Die Differenz blieb zwar klein (etwa -1 bis -1,5 Punkte), hielt jedoch bis Monat 12 an. Zwischen Standard- und Erhaltungs-Akupunktur ergab sich beim Primärendpunkt kein signifikanter Unterschied, bei einzelnen sekundären Parametern - Schmerzintensität, Patient Global Impression of Change - zeigte sich jedoch ein leichter Zusatzvorteil für die erweiterte Behandlung. Etwa 40 % der Akupunkturpatienten berichteten über eine klinisch bedeutsame Funktionsverbesserung, verglichen mit 29 % unter alleiniger Standardversorgung.
Moderater, aber konsistenter Nutzen
Nebenwirkungen waren selten und überwiegend mild, meist lokale Schmerzen an Einstichstellen. Schwerwiegende therapiebezogene Ereignisse traten praktisch nicht auf; ein einzelner Fall einer Cellulitis wurde als möglich angesehen. Insgesamt war die Adhärenz hoch, die Ergebnisse blieben in Sensitivitätsanalysen stabil. Die Autoren sprechen von einem moderaten, aber konsistenten Nutzen bei hoher Sicherheit - und sehen Akupunktur als ergänzende Option, besonders für ältere Patienten, bei denen konventionelle Therapien unzureichend wirken oder schlecht vertragen werden.
Ein methodischer Vorbehalt bleibt: Da keine Sham-Kontrolle vorgesehen war, lässt sich ein Placeboeffekt nicht ausschließen. Gleichwohl unterstreicht die pragmatische Anlage die Relevanz für den Versorgungsalltag. Der Nutzen erscheint real, wenn auch begrenzt – ein Befund, der in seiner Nüchternheit überzeugt.
Hintergrund: Die GERAC-Studie und die Erstattung in der GKV
Die deutsche GERAC-Studie (Haake et al., JAMA 2007) war die bislang größte Untersuchung zur Akupunktur bei chronischen Rückenschmerzen. Sie zeigte eine signifikante Überlegenheit sowohl der echten als auch der Schein-Akupunktur gegenüber leitliniengerechter Standardtherapie - allerdings kaum Unterschiede zwischen den beiden Nadelmethoden. Auf dieser Basis entschied der G-BA 2006, Akupunktur nur bei chronischen Schmerzen der Lendenwirbelsäule und des Knies als GKV-Leistung zuzulassen, jeweils nach Ausschöpfung konventioneller Maßnahmen.
Im Unterschied zu GERAC war die US-Studie von DeBar et al. bewusst pragmatisch angelegt und verzichtete auf eine Placebokontrolle zugunsten einer realitätsnahen Versorgungssituation. Ihre Ergebnisse bestätigen die klinische Relevanz des Ansatzes auch in einer älteren Population - ohne neue Sicherheitsbedenken, aber mit weiterhin nur moderater Effektgröße.
DeBar LL et al.: Acupuncture for Chronic Low Back Pain in Older Adults: A Randomized Clinical Trial. JAMA Netw Open. 2025 Sep 2;8(9):e2531348 (DOI 10.1001/jamanetworkopen.2025.31348).