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Auswertung

Krankenhäuser: Wirtschaftliche Lage hat sich 2020 verbessert

28.6.2022

Die wirtschaftliche Lage deutscher Krankenhäuser hat sich im Jahr 2020 deutlich verbessert. 2021 lagen 14 % der Krankenhäuser im roten Bereich der Insolvenzgefährdung. Aktuell sind es nur noch 7%.

Die Zahlen gehen aus dem „Krankenhaus Rating Report 2022“ hervor, das vom RWI - Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung, Institute for Healthcare Business GmbH (hcb) und Bank im Bistum Essen (BIB)) erstellt wird. Demzufolge befanden 2020 sich noch 7% der Krankenhäuser im „roten Bereich“ erhöhter Insolvenzgefahr, 25% im „gelben“ und 68% im „grünen Bereich“. Im Jahr zuvor waren 60% im grünen und 14% im roten Bereich. Auch die Ertragslage verbesserte sich 2020: 28% der Krankenhäuser schrieben auf Konzernebene einen Jahresverlust - 2019 waren es noch 34%. Im Jahr 2020 betrug das durchschnittliche Jahresergebnis 1,2% der Erlöse, im Jahr zuvor 0,6%.

Maßgeblich für die bessere wirtschaftliche Lage der Kliniken waren allerdings keine langfristig wirksamen strukturellen Veränderungen, sondern die Ausgleichszahlungen und andere Hilfen von Bund und Ländern im Rahmen der COVID-19-Pandemie. Besonders verbessern konnten sich kleinere Krankenhäuser, Einrichtungen mit unterdurchschnittlicher Fallschwere (Casemixindex) und nicht-private Krankenhäuser. Aufgrund der COVID-19-Pandemie sank im Jahr 2020 die stationäre Fallzahl außerordentlich stark um 13,5%. Im zweiten Pandemiejahr 2021 verharrte sie weitgehend auf diesem niedrigen Niveau.

Zu wenig Investitionen

Die Investitionsfördermittel der Länder beliefen sich im Jahr 2020 auf 3,27 Milliarden Euro, das waren 3% mehr als im Vorjahr. Bezogen auf die gesamten Krankenhauserlöse entspricht dies 3,4%. Zum Erhalt der Unternehmenssubstanz sollten jährlich eigentlich 7 bis 8% der Erlöse in Investitionen fließen. Krankenhäuser schließen diese investive Lücke aber nur zum Teil aus eigener Kraft, so dass es zu einem Substanzverzehr kommt, der in den Bilanzen deutlich sichtbar ist. Besonders stark war dieser Substanzverzehr bei den ostdeutschen Krankenhäusern, die sich - von einer sehr guten Unternehmenssubstanz kommend - dem niedrigen Niveau der westdeutschen Krankenhäuser immer weiter annähern.

Eine Auswertung vorliegender Jahresabschlüsse aus den Jahren 2007 bis 2020 zeigt zeitstabile Muster: Signifikant besser fällt das Rating in Ost-Deutschland aus, am schlechtesten in Baden-Württemberg und Hessen. Kliniken in freigemeinnütziger und privater Trägerschaft schneiden beim Rating und der Ertragslage deutlich besser ab als öffentlich-rechtliche Kliniken. Gleichwohl verschlechterte sich die Ertragslage privater Krankenhäuser 2020 im Vergleich zum Jahr 2019, während sie bei öffentlich-rechtlichen und besonders bei freigemeinnützigen Häusern stieg. Ein signifikant besseres Rating und eine bessere Ertragslage hatten außerdem Krankenhäuser mit einem mittleren und hohen Spezialisierungsgrad sowie Einrichtungen mit einem höheren Casemixindex.

Die Anzahl sozialversicherungspflichtig beschäftigter Menschen im Gesundheitswesen ist zwischen 2015 und 2021 um 15% gestiegen, in Krankenhäusern um 12%. Zudem nahm der Anteil der in Teilzeit beschäftigten Menschen zu. Im ärztlichen Dienst in Krankenhäusern hat er sich zwischen 2004 und 2020 von 12% auf 29% mehr als verdoppelt. Zudem arbeiten deutlich mehr ausländische Beschäftigte in Krankenhäusern.

Demographischer Wandel bei Beschäftigten

In den Jahren 2019 und 2020 kam es zu einem erheblichen Zuwachs der Zahl der Vollkräfte im Pflegedienst (+4,2% bzw. +5,0%) und gleichzeitig zu einem Abbau im Funktionsdienst, was darauf hindeutet, dass es zu Verschiebungen zwischen den Dienstarten aufgrund der im Jahr 2020 eingeführten Selbstkostendeckung für die Pflegepersonalkosten kam. Aufgrund der stark gesunkenen Zahl an Fällen bei gleichzeitig wachsender Zahl an Vollkräften sank die Arbeitsproduktivität – gemessen als Casemix je Vollkraft – im Jahr 2020 um 16%. Teilweise ist der Rückgang durch pandemiebedingte Zusatzarbeit erklärbar. Die Lohnkosten im Pflegedienst stiegen in den vergangenen Jahren deutlich stärker als zu Anfang der 2010er Jahre. Im Jahr 2019 stiegen die Kosten je Vollkraft um 4,8% und 2020 um 3,5%. Im März 2021 lag die Zahl der von Krankenhäusern gemeldeten offenen Stellen 4,5x höher als im Januar 2007. Erfreulicherweise ist die Anzahl der Auszubildenden in Krankenhäusern zwischen 2005 und 2021 um 41% gestiegen, so dass der Anteil der unter-25jährigen an der Belegschaft im Jahr 2021 auf über 11% zugenommen hat. Das wird aber nicht ausreichen, um die Beschäftigten, die in den kommenden Jahren in Rente gehen werden, komplett zu ersetzen.

Aus Sicht der Autoren des Report steht das deutsche Gesundheitswesen weiterhin vor gewaltigen Herausforderungen, für die es gegenwärtig nicht gerüstet ist. Die gesetzlichen Krankenversicherungen haben 2021 das höchste Defizit ihrer Geschichte eingefahren und es mangelt an geeignetem Personal, um die erforderlichen Leistungen weiterhin in guter Qualität erbringen zu können. Gleichzeitig steigen inflationsbedingt die Sachkosten. Der Handlungsdruck nimmt daher zu. „Zwar hat sich die wirtschaftliche Lage deutscher Krankenhäuser im Jahr 2020 deutlich verbessert“, sagt RWI-Gesundheitsexperte und Report-Autor Prof. Dr. Boris Augurzky (Essen). „Das ist jedoch kein Grund, sich auszuruhen. Das deutsche Gesundheitswesen kann und muss deutlich effizienter werden, beispielsweise durch sektorenübergreifende Versorgung“.

Pressemitteilung RWI – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung, 2022

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