Weniger Patienten sollen über Nacht stationär bleiben. Das ist die Empfehlung der Regierungskommission für eine moderne und bedarfsgerechte Krankenhausversorgung. Aus Sicht der niedergelassenen Ärzte ist das jedoch keine Option, weil keine zusätzlichen monetären Mittel verschoben werden.
Der Vorschlag, der in der zweiten Stellungnahme und Empfehlung der Regierungskommission gemacht wurde, soll Krankenhäuser und Mitarbeiter kurzfristig entlasten. Aus Sicht der Niedergelassenen sind diese Pläne jedoch keine Option, erklärt der Bundesvorsitzende des Deutschen Hausärzteverbandes, Dr. Markus Beier: „Es ist unzweifelhaft, dass der Krankenhaussektor dringend reformiert werden muss und dass Teil dieser Reform, wo sinnvoll, auch eine stärkere Ambulantisierung sein muss. Was hier jedoch vorgeschlagen wird, ist nichts anderes als eine kurzfristige und völlig unkoordinierte Verschiebung von Arbeit aus dem stationären Sektor in den ambulanten Sektor. Eine Verschiebung von Ressourcen geschweige denn Finanzmittel ist hingegen nicht vorgesehen!“
Der von der Regierungskommission vorgestellte Vorschlag „den Krankenhäusern in einem ersten Reformschritt pauschal zu gestatten, im Einvernehmen mit den Patienten geeignete, bislang rund um die Uhr durchgeführte Behandlungen als Tagesbehandlungen durchzuführen“ soll bereits am 1.1.2023 umgesetzt werden. Beier stellt dazu fest: „Es läuft darauf hinaus, dass die niedergelassenen Kollegen mit den gleichen Ressourcen noch mehr als ohnehin schon leisten sollen. Die Kommission verliert kein einziges Wort darüber, wie der ambulante Sektor denn gestärkt werden soll, um diese zusätzliche Arbeit auch noch stemmen zu können. Das ist inakzeptabel und extrem kurz gesprungen! Die konkrete Folge dieses Vorschlags wäre, dass Krankenhäuser Eingriffe vornehmen und dann die Patienten möglichst schnell noch am selben Tag nach Hause schicken. Die Nachversorgung bei sich verschlechterndem Gesundheitszustand, unter anderem auch am Wochenende, bleibt dann in aller Regel an den Hausärzten und dem ambulanten Notdienst hängen, die sowieso schon am Limit arbeiten. Die Hausärzte sind jedoch nicht die Packesel eines überforderten und ineffizienten stationären Sektors!“
Bei der Durchsicht der von Bundesgesundheitsminister Lauterbach berufenen Kommissionsmitglieder fällt auf: „Der Konstruktionsfehler dieser Kommission ist, dass kein einziger Vertreter des ambulanten Sektors mit am Tisch sitzt. Das haben wir bereits in der Vergangenheit kritisiert und das merkt man jedem Satz des Papiers an. Die Folge ist ein Tunnelblick, der ausschließlich auf die Situation in den Kliniken gerichtet ist, ohne die Lage in den Praxen auch nur im Geringsten zu berücksichtigen. Nicht nur die Krankenhäuser haben in den letzten Jahren am Limit gearbeitet, sondern insbesondere auch die Hausarztpraxen! Hier wurden die allermeisten COVID-19-Patienten versorgt“, so Beier weiter. „Das scheint bei den Autoren noch nicht angekommen zu sein. Dieser Vorschlag mag kurzfristig die Probleme der Kliniken lösen, die des ambulanten Sektors und der Patientinnen und Patienten hingegen nicht!“
Bekanntmachung Bundesministerium für Gesundheit, September 2022
Pressemitteilung Deutscher Hausärzteverband, September 2022