Das Adipositas-assoziierte Diabetesrisiko ist nicht überall auf der Welt gleich ausgeprägt, zeigte jetzt eine von Wissenschaftlern aus Heidelberg und Boston in „The Lancet“ veröffentlichte Auswertung von Gesundheitsdaten aus 57 Ländern. Insbesondere Länder des globalen Südens unterscheiden sich hierbei teils deutlich von den bisher als Standard angenommenen Industrienationen. „Gerade in Ländern mit begrenzten Ressourcen können jetzt anhand der Daten Personen mit erhöhtem Diabetesrisiko gezielter als bisher angesprochen, Folgeschäden vor allem bei jungen Betroffenen dadurch reduziert und die Gesundheitssysteme entlastet werden“, wird der Studienerstautor Felix Teufel, Heidelberg, in einer Pressemitteilung zitiert.
Nicht nur in den Industrienationen steigt die Zahl der Übergewichtigen. Auch in Ländern mit niedrigem oder mittlerem Durchschnittseinkommen kam es in den letzten Jahren zu einer deutlichen Zunahme – begleitet von einem alarmierenden Anstieg der Erkrankungen an Diabetes Typ II. Für die Studie werteten Wissenschaftler aus 57 Ländern die Daten von mehr 680.000 Menschen aus. Die Datensätze umfassten neben Gewicht und Größe auch Diabetes-Biomarker wie Blutzuckerspiegel oder HbA1c-Wert.
Richtlinien der Weltgesundheitsorganisation WHO empfehlen derzeit Vorsorgeuntersuchungen bei Personen im Alter ab 40 Jahren mit einem Body-Mass-Index (BMI) von 25 kg/m2 aufwärts. Ab diesem Wert gilt eine Person als übergewichtig. Diese Schwelle könnte jedoch in einigen Weltregionen in zweierlei Hinsicht zu hoch angesetzt sein, wie die internationale Studie zeigte: Im Durchschnitt hatten Einwohner der untersuchten Länder bereits ab einem BMI von 23 kg/m2 ein erhöhtes Diabetesrisiko. Außerdem stieg die Erkrankungsrate bereits in der Altersgruppe der 35- bis 44-Jährigen stark an, bei Männern aus Ländern südlich der Sahara sogar schon im Alter ab 25 Jahren. Der Wert, ab dem ein Diabetes-Screening sinnvoll, da effizient wäre, schwankte zwischen den Regionen und Geschlechtern stark zwischen 23,8 kg/m2 bei Männern in Ost- und Südostasien und 28,3 kg/m2 bei Frauen aus Zentralasien, Nordafrika, Lateinamerika und den Karibikstaaten.
Originalpublikation: Teufel F et al., Lancet 2021 Jul 17; 398: 238–248, doi: 10.1016/S0140-6736(21)00844-8 | PMID: 34274065
Pressemitteilung „Übergewicht und Diabetesrisiko: Unterschiede je nach Weltregion.“ Universitätsklinikum Heidelberg, Juli 2021, https://idw-online.de/de/news772979