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Adipositas

Tödlich, auch wenn es „metabolisch gesund“ ist

Das vielleicht aus Verzweiflung ob der weltweiten Adipositas-Epidemie geborene Konstrukt einer „metabolisch gesunden Adipositas“ wird immer wieder gerne, meist ungemein theoretisch, von allerlei Experten bewertet. Bei einer vernünftigen Datenlage ist es jedoch kein Problem zu beantworten, ob es ein „gesundes Übergewicht“ überhaupt gibt. Und genau dies hat jetzt eine britische Studiengruppe mittels einer beneidenswert großen Kohortenstudie beantwortet. Ihre Antwort: Nein, Menschen mit „metabolisch gesunder Adipositas“ sind ganz und gar nicht gesund!
Im Zuge der bevölkerungsbasierten prospektiven Kohortenstudie mit 381.363 Teilnehmern der „UK Biobank“ (https://www.ukbiobank.ac.uk/) mit einer medianen Nachbeobachtungszeit von 11,2 Jahren wurde ein BMI ≥30kg/m2 als „metabolisch gesundes Übergewicht“ definiert, zusammen mit mindestens vier von sechs Kriterien für metabolische Gesundheit (u.a. normaler Glucosespiegel, normale Fettstoffwechselparameter, fehlender Bluthochdruck). Hinsichtlich möglicher Assoziationen wurde ein breites Spektrum von adipositasbezogenen Ereignissen betrachtet, vornehmlich das Auftreten von Diabetes und arteriosklerotischen Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Herzinsuffizienz oder Atemwegserkrankungen.
Die Ergebnisse waren eindeutig: Im Vergleich zu Personen, die zu Studienbeginn nicht adipös waren, hatten diejenigen mit metabolisch gesundem Übergewicht höhere Inzidenzraten von Herzinsuffizienz (HR 1,60; 95%-KI 1,45‒1,75) und Atemwegserkrankungen (HR 1,20; 95%-KI 1,16‒1,25), aber keine höheren Raten von arteriosklerotisch bedingten Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Weniger ausgeprägt waren die statistischen Assoziationen von metabolisch gesunder Adipositas und tödlichen Folgen: Die Signifikanz wurde nur für die Gesamt- (HR 1,12; 95%-KI 1,04‒1,21) und die Herzinsuffizienz-Mortalitätsraten (HR 1,44; 95%-KI 1,09‒1,89) erreicht. Im Vergleich zu Personen, die ohne Adipositas stoffwechselgesund waren, hatten Teilnehmer mit metabolisch gesunder Adipositas jedoch höhere Raten von Diabetes (HR 4,32; 95%-KI 3,83‒4,89), kardiovaskulären Erkrankungen (HR 1,18; 95%-KI 1,10‒1,27), Herzinsuffizienz (HR 1,76; 95%-KI 1,61‒1,92), Atemwegserkrankungen (HR 1,28; 95%-KI 1,24‒1,33) und eine erhöhte Gesamtmortalität (HR 1,22; 95%-KI 1,14‒1,31). Die Ergebnisse einer 5-jährigen Landmark-Analyse waren ähnlich.
So eindeutig diese Ergebnisse sind, so eindeutig sind die Empfehlungen, die die britische Autorengruppe ausspricht: Allen Menschen mit Adipositas sollte ‒ unabhängig von ihrem Stoffwechselstatus ‒ ein Gewichtsmanagement empfohlen werden, um das Risiko für Diabetes, kardiovaskuläre Erkrankungen, Herzinsuffizienz oder Atemwegserkrankungen zu senken. Der euphemistische Begriff „metabolisch gesunde Adipositas“ sollte vermieden werden, da er irreführend sei.

Zhou Z et al., Diabetologia 2021 Jun 10; doi 10.1007/s00125-021-05484-6, PMID 34109441

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