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Adipositas

Kardiovaskuläre Prävention bei Adipositas: neue pharmakologische Perspektiven

22.8.2025

Eine neue Leitlinie des American College of Cardiology (ACC) etabliert die medikamentöse Adipositastherapie als festen Bestandteil der kardiovaskulären Prävention. Der Fokus liegt auf evidenzbasiertem Einsatz von neuen „hormonellen“ Adipositas-Medikamenten bei geeigneten Patienten – ohne Verzögerung durch überholte „Stufenkonzepte“.

Adipositas ist ein chronisches, progredientes Krankheitsbild mit weitreichenden Auswirkungen auf das kardiovaskuläre System. Studien zeigen, dass insbesondere bei stark adipösen Patient:innen die Lebenserwartung deutlich reduziert ist – um  durchschnittlich 9,1 Jahre bei Männern und 7,7 Jahre bei Frauen. Klassische Lebensstilmaßnahmen führen in der Regel nur zu einer moderaten, langfristig schwer aufrechtzuerhaltenden Gewichtsreduktion. Gleichzeitig lehnen viele Betroffene operative Verfahren wie die bariatrische Chirurgie ab.

In diesem Spannungsfeld gewinnen moderne Medikamente zur Gewichtsreduktion zunehmend an Bedeutung – nicht nur wegen ihrer Effektivität beim Gewichtsverlust, sondern auch aufgrund ihrer nachgewiesenen kardiovaskulären Zusatznutzen. Der aktuelle Konsensus des ACC rückt hierbei eine neue Wirkstoffgruppe in den Fokus: hormonbasierte Therapien, die auf körpereigene, nahrungsstimulierbare Sättigungs- und Stoffwechselmechanismen einwirken.

Anstelle des im Englischen eingeführten Begriffs „NuSH therapies“ (nutrient-stimulated hormone therapies), der im deutschsprachigen Raum noch keine Verankerung hat, kann die Umschreibung „hormonbasierte Adipositasmedikamente“ verwendet werden oder präziser: „GLP-1- und GIP-Rezeptoragonisten zur Adipositastherapie“ bzw. leicht unscharf: „inkretinbasierte Therapien“ Zu diesen Wirkstoffen zählen derzeit die GLP-1-Agonisten Liraglutid und Semaglutid sowie der duale GIP/GLP-1-Agonist Tirzepatid.

Diese Substanzen adressieren zentrale neurohormonelle Steuerungsmechanismen von Appetit, Sättigung und Glukosehomöostase. In Studien konnten sie nicht nur zu signifikanten und nachhaltigen Gewichtsverlusten führen (bis zu 21 % mit Tirzepatid), sondern auch kardiovaskuläre Ereignisse wie Myokardinfarkte, Schlaganfälle und Herzinsuffizienz-bedingte Hospitalisierungen signifikant reduzieren – selbst bei Patientinnen und Patienten ohne Diabetes mellitus Typ 2. Besonders hervorzuheben ist hier die SELECT-Studie mit Semaglutid sowie die SUMMIT-Studie mit Tirzepatid bei Patient:innen mit HFpEF.

Medikamente nicht mehr „letzter Ausweg“ nach erfolgloser Lebensstilmodifikation

Die Empfehlungen des ACC betonen, dass diese Medikamente nicht als „letzter Ausweg“ nach erfolgloser Diät verstanden werden sollten, sondern als frühzeitiger Bestandteil einer multimodalen, individuell zugeschnittenen Adipositasbehandlung. Entsprechend wird auch der bislang gängige Therapiealgorithmus infrage gestellt, der zunächst einen „erfolglosen“ Lebensstilversuch verlangt, bevor eine medikamentöse Therapie erwogen wird.

Für kardiologisch tätige Ärztinnen und Ärzte bedeutet dies ein Umdenken: Die medizinische Behandlung der Adipositas gehört – nicht zuletzt angesichts der CVD-Risiken – in das Zentrum kardiovaskulärer Prävention und sollte integraler Bestandteil des Behandlungskonzepts sein.

Kardiovaskuläre Effekte (gemäß ACC-Consensus 2025)

Semaglutid: Reduktion kardiovaskulärer Ereignisse um 20 % (HR: 0,80; 95 %-KI: 0,72-0,90) bei Patient:innen mit kardiovaskulären Erkrankungen und BMI >27 kg/m² (SELECT-Studie).

Tirzepatid: Reduktion von Hospitalisierungen aufgrund von HFpEF um 56 % (HR: 0,44; 95 %-KI: 0,22-0,87); zusätzlich 38 % weniger kombinierte Endpunkte aus kardiovaskulärem Tod und HF-Verschlechterung (SUMMIT-Studie).

Zusätzliche Effekte: Verbesserung kardiometabolischer Parameter, darunter Blutdruck, Triglyzeride, HbA1c sowie Verlangsamung der MASLD-Progression.

Gilbert O et al.: 2025 Concise Clinical Guidance: An ACC Expert Consensus Statement on Medical Weight Management for Optimization of Cardiovascular Health: A Report of the American College of Cardiology Solution Set Oversight Committee. J Am Coll Cardiol. 2025 Jun 16:S0735-1097(25)06504-0 (DOI 10.1016/j.jacc.2025.05.024).

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