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Allgemeinmedizin

COVID-19 und mehr

Neue Antiinfektiva im Kampf gegen Infektionen

Dr. rer. nat. Katharina Arnheim

27.3.2023

Auch Ende 2022 ist COVID-19 weiterhin ein dominierendes Thema in der Infektiologie. Mindestens ebenso besorgniserregend sind jedoch Infektionen durch multiresistente Bakterien, für die immer weniger orale Optionen zur Verfügung stehen und somit Hospitalisierungen notwendig machen können.

Seit Beginn der SARS-CoV-2-Pandemie Anfang 2020 wurde regelmäßig in 6-monatigem Intervall eine Welle mit einer neuen dominierenden Virusvariante beobachtet, die in Bezug auf Übertragbarkeit, Patho­genität und Immunevasion neu bewertet werden musste. Aktuell herrscht in Deutschland mit einem Anteil von ca. 95 % die Variante Omikron BA.5 vor. Im künftigen Infektionsgeschehen wird vermutlich der Anteil von BA.5-Sublinien wie BQ.1 und BF.7 steigen, informierte Prof. Dr. med. Siegbert Rieg ­(Freiburg).

Neu ist, dass Rachenabstriche bzw. Speichelproben mindestens so sensitiv sind wie Nasenabstriche.

Um Virus-Transmissionen zu minimieren und bei positivem Befund frühzeitig eine Therapie einleiten zu können, ist frühes und ggf. wiederholtes Testen oberste Maxime. Goldstandard bleibt der Polymerase-Chain-Reaction(PCR)-Test, wobei zunehmend Nukleinsäure-basierte Tests als POCT (Point of Care Testing) zur Verfügung stehen. Antigen-Schnelltests sind zwar weniger sensitiv, helfen aber dennoch dank der niedrigschwelligen Selbsttestung bei der Diagnose der Infektion.

Zwei Krankheitsphasen

Im Verlauf von COVID-19 unterscheidet man die frühe Phase der Virusreplikation, in der man mit Virus­tatika und monoklonalen Antikörpern eingreifen kann, und eine zweite Phase, in der eine Subgruppe von Patienten eine überschießende Entzündung mit massiver Ausschüttung inflammatorischer Zytokine entwickelt. Als Virustatika stehen Nirmatrelvir/Ritonavir sowie Remdesivir und als Mittel der zweiten Wahl Molnupiravir zur Verfügung. Mit den ersten beiden Substanzen konnten in den Zulassungs­studien bei ungeimpften Patienten Klinikeinweisungen und ­Todesfälle um 80–90 % reduziert werden; mit ­Molnupiravir gelang dies nur in 30 % der Fälle.

Die Wirksamkeit von Virustatika wurde inzwischen auch in Real-World-Studien belegt: So in einer Untersuchung aus Hongkong an > 40 000 überwiegend ungeimpften Patienten, in der Molnupiravir die Gesamtmortalität um 52 %, Nirmatrelvir/Ritonavir um 66 % senkte [1]. Laut einer israelischen Real-World-Studie beschränkte sich die Verhinderung von Klinikeinweisungen und Todesfällen allerdings auf ältere Patienten > 65 Jahre; jüngere und geimpfte Patienten profitierten dagegen nicht von Nirmatrelvir/Ritonavir [2]. Rieg plädierte bei Patienten mit mindestens einem Risikofaktor (z. B. > 65 Jahre, fehlender Impfschutz, Komorbiditäten) und Symptombeginn innerhalb von 5 bis 7 Tagen für die Gabe eines Virus­tatikums. Neutralisierende monoklonale Antikörper können in Einzelfällen vor allem bei immunsupprimierten Patienten in Kombination mit Virustatika eingesetzt werden. Für die Prä-Expositionsprophylaxe und inzwischen auch für die Therapie zugelassen ist Tixagevimab/Cilgavimab.

In der zweiten Erkrankungsphase bleibt die immunsuppressive Therapie mit Dexamethason ab Beginn der Sauerstoffpflichtigkeit Standard. Bei weiterer Verschlechterung stehen mit dem JAK-Inhibitor ­Bari­citinib und dem IL-6-Antagonisten Tocilizumab weitere Immunsuppressiva zur Verfügung. Die Behandlung sollte zügig vor Beginn der invasiven ­Beatmung initiiert werden.

Neues orales Carbapenem

Multiresistente Erreger sind heute eine große Bedrohung und führen weltweit zu rund 5 Mio. Todesfällen. Besonders betroffen sind Patienten mit Atemwegs-, Blutstrom- und intraabdominellen Infektionen.

Tebipenem Pivoxilhydrobromid ist ein orales Carbapenem-Prodrug, das von Enterozyten in das aktive Compound Tebipenem umgewandelt wird.

Insbesondere bei Infektionen durch multiresistente gramnegative Bakterien, die gegen drei Antibiotikagruppen resistent sind (3MRGN), stehen häufig keine oralen Optionen mehr zur Verfügung, sodass eine stationäre Einweisung erforderlich ist.

Rieg stellte mit Tebipenem ein neues orales Carbapenem vor, das sich in einer Phase-III-Studie bei Patienten mit komplizierten Harnwegsinfektionen (HWI) und Pyelonephritiden im Vergleich zu i. v. ­verabreichtem Ertapenem in puncto Ansprechen, Heilungsrate und Verträglichkeit als ebenbürtig erwies [3]. „Mit diesem oralen Carbapenem hat man bei schweren 3MRGN-Infektionen eine effektive Substanz in der Hinterhand“, resümierte Rieg, wies jedoch darauf hin, dass bei den meisten HWI ­Pivmecillinam, Fosfomycin und Nitrofurantoin zu bevorzugen sind.

Vancomycin weiterhin bei Clostridium difficile

Bei der Clostridium-difficile-assoziierten Enteritis (CDE) stehen mit Fidaxomicin und Vancomycin zwei effektive Antibiotika zur Verfügung. In der aktuellen Leitlinie der European Society of Clincial Micro­biology and Infectious Diseases (ESCMID) wird mittlerweile Fidaxomicin als Therapie der Wahl bereits bei der ersten Episode empfohlen [4]. Rieg bewertete diese Empfehlung kritisch und bevorzugt die ­Leitlinie des American College of Gastroenterology, in der eine Unterscheidung nach dem Schweregrad der Infektion vorgenommen wird [5]: Bei einer nicht schweren bis schweren Infektion werden sowohl Vancomycin (4 x 125 mg) als auch Fidaxomicin (2 x 200 mg) als Mittel der ersten Wahl empfohlen.

Bei einer nicht schweren Episode und Patienten mit ­wenigen Begleiterkrankungen ist weiterhin der Einsatz von Metronidazol möglich. Bei einer fulminanten Episode spricht sich die amerikanische Leit­linie für Vancomycin (4 x 500 mg) +/- Metronidazol i. v. aus. Im ersten Rezidiv sollten Vancomycin als Tapering- oder gepulstes Schema oder Fida­xomicin (extended oder gepulst) zum Einsatz kommen. In der Rezidivpropyhlaxe von CDE wird laut Rieg künftig die ­definierte Mikrobiota-Therapie eine zunehmende Rolle spielen.

1 Wong CKH et al., Lancet Infect Dis 2022; 22: 1681–1693
2 Arbel R et al., N Engl J Med 2022; 387: 790–798
3 Eckburg PB et al., N Engl J Med 2022; 386: 1327–1338
4 van Prehm J et al., Clin Microbiol Infect 2021; 27: 1–7
5 Kelly CR et al., Am J Gastroenterol 2021; 116: 1124–1147
Internisten Update „Infektiologie”, Wiesbaden und hybrid, November 2022

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