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Kongress-Ticker

Infektiologie und Onkologie

Der immunologische „Personalausweis“

Dr. rer. nat. Reinhard Merz

22.6.2022

Wie sieht unser immunologischer Personalausweis aus und wie können wir ihn für die Zukunft gestalten? Unter Vorsitz von Prof. Dr. med. Josefa Schreiner-­Hecheltjen (Essen) gab es Ausblicke aus virologischer (Dr. med. Stefanie Deinhardt-Emmer, Jena), bakteriologischer (Prof. Dr. med. Bettina Löffler, Jena) und onkologischer (Prof. Dr. med. Barbara Seliger, Halle) Perspektive.

Dr. Deinhardt-Emmer fasste ihre Erfahrungen aus der Arbeit mit COVID-Patienten aus ­virologischer Sicht zusammen. „Wir haben festgestellt, dass das Alter ein sehr relevanter Risikofaktor bei Virusinfektionen ist. Das hat nicht nur mit einer nachlassenden Lungenfunktion zu tun. Auf molekularer Ebene führt die zelluläre Seneszenz dazu, dass Proteine gebildet werden, die einen ­direkten Einfluss auf die Pathogene haben. Die Möglichkeiten eines Virus, Zellen produktiv zu infizieren, kann sich im Lauf der Zeit ändern (Tropismus). ­Alternde Zellen produzieren einen anderen Mix von Proteinen, um auf eine Virusinfektion zu reagieren, und das wirkt sich im Fall einer Infektion mit SARS-CoV-2 in einer deutlich erhöhten Viruslast aus.

Prof. Löffler untersucht die Reaktion des Immunsystems auf Infektionen mit Staphylococcus aureus und interessiert sich besonders für die „small colony var­iants“, die bei Osteomyelitis eine Rolle spielen. Sie stellte Ergebnisse aus dem Mausmodell vor, wo solche Varianten in Osteozyten überleben und sich so der Immunantwort entziehen können. Ähnliches wurde an klinischen Proben verifiziert. In diesen Phasen produzieren die Bakterien kaum Toxine und werden klinisch nicht auffällig, eine Art Schlafzustand. Sie werden vom Immunsystem nicht erkannt, können aber jederzeit zum Wildtyp zurückkehren und dann wieder hochinfektiös werden – ganz nach den Bedingungen im Wirt. Ein klassischer Fall bei chronischen Infektionen (> Infektiologie).

Auf ganz ähnliche Art entziehen sich „schlafende“ Tumorzellen dem Immunsystem (> Onkologie). Prof. Seliger erklärte das am Beispiel der kalten und heißen Tumoren im Darm (KRK). Sie unterscheiden sich vor allem im Tumor-Mikromilieu. Die kalten Tumoren haben ­relativ wenig Immuneffektorzellen und zytotoxische T-Zellen. Die heißen Tumoren mit einer deutlich stärkeren Immunantwort sind diejenigen, die zu einem besseren Überleben und einer geringeren Metastasierung führen. Der Immunoscore wird daher bei vielen Tumorarten als Charakteristikum zusätzlich zum TNM-Score erhoben. Sie stellte auch die drei Escape-Mechanismen der Tumoren vor:

  • Maskierung der eigenen Neoantigene, um nicht erkannt zu werden
  • Schaffung eines Tumor-Mikromilieus mit Hypoxie und oxidativem Stress
  • direkten Einfluss auf das Immunsystem über suppressive Zytokine

In der abschließenden Diskussion ging es auch um den Aspekt, welche Parameter man in der Praxis bestimmen kann, um chronischen Infektionen auf die Spur zu kommen und was man präventiv tun kann, um das Immunsystem zu präparieren. Alle Referentinnen waren sich einig: Mit Biomarkern ist das heute noch schwierig. Und die unspezifische Gabe von Selen, Zink o. Ä. ohne konkreten Anlass macht ihrer Meinung nach keinen Sinn.

Session „Das Immunsystem der Zukunft“

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