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Kongress-Ticker

Deutscher Rheumatologiekongress 2025

Wiesbaden September 2025

Dr. med. Wiebke Kathmann

24.11.2025

Praxisrelevanz der Chronobiologie +++ Sport und Rheuma +++ Geschlechtsspezifische Unterschiede +++ JAK-Inhibitoren besser abends? +++ Risikomarker für RZA-rezidive

Praxisrelevanz der Chronobiologie

Die rheumatoide Arthritis (RA) ist prototypisch für die Bedeutung der Chronobiologie, konstatierte Prof. Dr. med. Andrea Rubbert-Roth (St. Gallen, Schweiz). Auch bei der Polymyalgia rheumatica, der axialen Spondyloarthritis und der Gicht sei eine typische zirkadiane Rhythmik der klinischen Beschwerden sowie der Entzündungsparameter zu beobachten. So sei Interleukin-6 (IL-6) nicht nur für die Morgensteifigkeit verantwortlich, sondern auch für systemische Manifestationen wie kardiovaskuläre Ereignisse, Fatigue und Depression. Beim Prednison sind zirkadiane Erkenntnisse schon länger in der Praxis angekommen. Auch bei JAK-Inhibitoren könne u. U. durch drehen an der zirkadianen Schraube ein therapeutischer Effekt verstärkt werden. Bei der Gicht könne die abendliche Gabe von Colchicin die gehäuft nachts auftretenden Attacken besser beherrschen. Hier ist sogar der molekulare Mechanismus ein Stück weit verstanden: Uratkristalle verändern die zirkadiane Uhr der Makrophagen, wodurch die Repression des Inflammasoms verloren gehe, so Rubbert-Roth. Relevante Faktoren für ein zirkadianes Malalignment seien Kunstlicht, verschobener Essensrhythmus, Jetlag und Schichtarbeit. Sie alle erhöhen das Risiko für Schlafstörungen, chronisch-entzündliche und Autoimmunerkrankungen.

Sport und Rheuma

Mit der Entdeckung der Myokine, physiologisch bei Muskelaktivität gebildeten Zytokinen mit Biologika-ähnlichen Wirkungen, hat sich der Stellenwert von Sport in der Rheumatologie verändert. Diese Vermittler zwischen Skelettmuskulatur und Immunsystem sollten therapeutisch genutzt werden, so Prof. Dr. med. Philipp Severin (Herne). Als therapeutische Interventionsoption werde Sport aber bisher weiterhin unterschätzt. Selbstverständlich sollte die körperliche Aktivität individuell adaptiert werden und der sportlichen Vorerfahrung entsprechen. Wichtig ist zudem, den Betroffenen die Angst zu nehmen, dass sie durch sportliche Aktivität die Gelenke weiter schädigen könnten. Sport ist sicher, so das Statement der europäischen Fachgesellschaft EULAR. Dies zu betonen ist laut Severin wichtig, denn die sogenannte Kinesiophobie kann ein Hindernis für Start oder Adhärenz eines sportlichen Übungsprogramms sein, so eine Herner Untersuchung. Wird das sportliche Programm regelmäßig durchgeführt, sind positive Effekte auf die Krankheitsaktivität, den Gelenkstatus, die Funktionskapazität, Schmerzen und auch auf Komorbiditäten, die Knochendichte und Fatigue zu erzielen. Das ist inzwischen durch diverse Studien zu unterschiedlichen rheumatischen Erkrankungen belegt.

Geschlechtsspezifische Unterschiede

Entzündlich-rheumatische Erkrankungen kommen bei Frauen häufiger vor als bei Männern, dennoch werden die Erkrankungen bei ihnen oft erst später diagnostiziert. Bei Männern machen sich Kollagenosen meist mit schwereren Organmanifestationen bemerkbar, was dazu führt, dass die Diagnose oft früher gestellt wird als bei Frauen.

Spondyloarthritiden (SpA) galten lange als eine überwiegend Männer betreffende Erkrankung. Neue Daten weisen nun allerdings auf ein eher ausgeglichenes Geschlechterverhältnis hin. Allerdings erhalten Frauen ihre Diagnose durchschnittlich 2 Jahre später als Männer, berichtete Dr. med. Katinka Albrecht (Berlin).

Auch weitere Unterschiede seien bekannt. Sowohl die Psoriasis-Arthritis als auch der systemische Lupus erythematodes (SLE) lokalisieren sich bei Frauen und Männer deutlich unterschiedlich. Auch das Auftreten von Komplikationen scheint geschlechtsspezifisch zu sein.

In der Therapie der SpA oder der rheumatoiden Arthritis scheint das Ansprechen auf TNF-Inhibitoren bei Frauen geringer zu sein.

Die Erforschung der Auswirkungen des biologischen Geschlechts als wissenschaftliches Faktum rückt auch in der Rheumatologie zunehmend in den Fokus und wird Eingang in Leitlinien und Behandlung ­finden, so Albrecht.

JAK-Inhibitoren besser abends?

Das legt zumindest eine aktuelle einjährige, nicht-randomisierte, kontrollierte Studie zu Baricitinib nahe. In die Studie waren 122 japanische Patientinnen und Patienten mit rheumatoider Arthritis (RA) eingeschlossen worden. Sie erhielten entweder 2 oder 4 mg Baricitinib pro Tag jeweils entweder morgens oder abends. Die Auswertung der 4 Gruppen ergab, dass jene, die Baricitinib 4 mg am Abend erhalten hatten, deutlich schneller und intensiver auf die Therapie ansprachen als jene, die dieselbe Dosis morgens eingenommen hatten. Die Veränderung des CDAI (Clinical Disease Activity Index) gegenüber dem Ausgangswert war signifikant stärker.

Ob die Ergebnisse auf RA-Patientinnen und -Patienten anderer Ethnien übertragbar sind, werden weitere Studien zeigen müssen. Ein Denkansatz, der zum Ausprobieren anrege, sei es allemal, so Prof. Dr. med. Klaus Krüger (München).

Risikomarker für RZA-rezidive

Schon länger ist bekannt, dass der mosaikartige Verlust des Y-Chromosoms (mLOY), also der altersbedingte Verlust des Y-Chromosoms in einem Teil der Leukozyten des Mannes, der eine Mischung aus Zellen mit und ohne Y-Chromosom zur Folge hat, die Immunhomöostase stört und so zu Entzündungsprozessen und der Progression altersbezogener Erkrankungen beiträgt. Bei älteren Männern ist mLOY die häufigste somatische Mutation und mit Tumor- und kardiovaskulären Erkrankungen sowie einer ­erhöhten Mortalität assoziiert.

Vor diesem Hintergrund analysierte eine aktuelle prospektive Studie die mLOY-Last von 74 Patienten mit Riesenzellarteriitis (RZA) und deren Einfluss auf die Krankheitsaktivität: 23 % der Studienteilnehmer mit einem mittleren Alter von 76 Jahren erlitten einen Relapse. Ihre mediane mLOY-Last betrug 17,8 %. Als optimaler Schwellenwert für die Vorhersage des Relapse-Risikos wurde eine mLOY-Last von 10,2 % ermittelt. mLOY ist somit ein starker, ­unabhängiger prognostischer Biomarker für einen ­Relapse einer RZA, so Prof. Dr. med. Christian ­Dejaco (Bruneck, Italien).

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