Allergien sind für 1 % aller durch Krankheit und Tod verlorenen Lebensjahre verantwortlich und damit vergleichbar mit Diabetes mellitus. Es braucht also effektive Therapien. Die gibt es auch für seltene Allergieauslöser. Wie man sie findet und allergischen Katzenfans helfen kann.
Bereits eine allergische Rhinitis sorgt im Alltag für mäßige bis schwere Beeinträchtigungen [1]. Zudem würden bei 32–60 % der Menschen mit allergischer Rhinitis die Symptome nicht richtig gedeutet, was eine effektive Therapie verhindere und das Risiko für den Etagenwechsel zum allergischen Asthma erhöhe, erklärte Dr. med. Jan Hagemann (Wiesbaden). In manchen Fällen lohne es sich, auch seltene Allergene im Prick-Test zu berücksichtigen.
Der Täter ist nicht immer die Hausstaubmilbe
Hagemann stellte den Fall eines 34-jährigen, auf dem Land lebenden Mannes mit allergischem Asthma und allergischer Rhinitis sowie ganzjährig nasaler Obstruktion vor. Die Symptome waren 4–5 Jahre nach dem Ende einer erfolgreichen Allergenimmuntherapie (AIT) gegen Lieschgras und Roggen sowie einer simultanen AIT gegen Hausstaubmilben-Spezies aufgetreten.
Aktuell auffällig war das recht kurze Intervall von 4 bis 5 statt 8 bis 10 Jahren bis zum Wiederauftreten von Symptomen. Ein erneuter Provokationstest bestätigte, dass die Gräserpollen-Allergie durch die frühere AIT tatsächlich suffizient behandelt worden war. Der Provokationstest auf Hausstaubmilben-Allergene fiel eher schwach aus. Auf die Frage nach auslösenden Situationen gab der Patient an, dass er beim Umzug aufs Land auch Pferde gekauft habe und sein Befinden im Stall schlechter werde.
Ein weiterer umfassender Prick-Test und eine IgE-Diagnostik auf Schimmelpilze, verschiedene Tier- und Milbenspezies einschließlich der Vorratsmilben ergab eine Sensibilisierung gegen die Vorratsmilbe Lepidoglyphus destructor. Der Provokationstest bestätigte eine manifeste Allergie.
Es könne sich gerade bei ganzjährigen Allergien lohnen, auf eher seltene Allergene zu testen, hob Hagemann hervor. Nachdem in diesem Fall keine Allergenkarenz möglich sei, habe man dem Patienten eine AIT anbieten können, die beim Hersteller speziell produziert worden sei.
Leistungsturnen – mit Katze
Dr. med. Vera Mandelbaum (Heidelberg) stellte einen 14-jährigen Leistungsturner vor, der seit der Kindheit an Asthma litt und aufgrund der Krankheit seinen Sport nun nicht mehr ausüben konnte. Anfälle wurden bereits durch mittlere Belastung induziert, der Patient benötigte mehrfach pro Woche Salbutamol und litt an nächtlichen Obstruktionen. Die Lungenfunktion war pathologisch trotz lang wirksamen β2-Agonist plus inhalativem Kortikosteroid (2 × 320 mg/d) plus Leukotrien-Rezeptorantagonisten (5 mg) und es bestand eine obstruktive Rhinopathie trotz Azelastin/Kortikosteroid (2 ×/d) plus oralem Antihistaminikum. Der FeNO-Wert überschritt den altersgemäßen Grenzwert von 15 ppb mit 69 ppb stark. Der Multilayer-Test ergab einen hohen IgE-Gesamtwert (319 kU/l) und als relevante spezifische IgE Katze und Hund. Im Haushalt des Patienten gibt es 2 Katzen. Eine AIT 3 Jahre zuvor war wegen einer Anaphylaxie-Episode abgebrochen worden.
Für die Menschen mit Katzenallergie gebe es 5 Präparate für die subkutane (SCIT) sowie 6 für die sublinguale Immuntherapie (SLIT). Sie seien auf der Tabelle mit Präparaten gegen seltene Allergene im Mitgliederbereich der Homepage des Ärzteverbands Deutscher Allergologen (www.aeda.de) zu finden, berichtete Mandelbaum. Eines der SCIT-Präparate sei ein depigmentiertes Allergoid, das sowohl schwere Rhinitis als auch moderates bis schweres Asthma reduziere und den Medikamentenbedarf senke [2]. Das Präparat löse bei rund 50 % der Behandelten Nebenwirkungen aus, jedoch überwiegend lokal. Seltene systemische Reaktionen (Grad 1 bis 2) träten eher verspätet ein [3].
Im Fall des jugendlichen Leistungsturners erbrachte ein Maßnahmenpaket aus Haushaltssanierung, Ergänzung der Asthmatherapie um einen lang wirksamen Muskarinrezeptor-Antagonisten und das Biologikum Dupilumab (300 mg alle 4 Wochen) sowie Allergen-reduzierendes Katzenfutter und eine nebenwirkungsfreie SCIT ein gutes Ergebnis: Der nun 16-Jährige hatte nun einen FeNO-Wert von 7 ppb und konnte wieder turnen. Voraussetzung für die AIT in dieser Situation sei die Asthmakontrolle, so Mandelbaum. Eine Allergenreduktion bei Katzen sei mittels eines Anti-Fel-d-1-IgY-haltigen Spezialfutters möglich, erklärte Mandelbaum. IgY wird von Hühnern gebildet, wenn man ihnen Fel d 1 spritzt, ihre Eier werden dem Katzenfutter zugesetzt. Die Antikörper reduzieren über den Speichel das Fel d 1 auf dem Fell der Katze nach 10 Wochen um rund 47 %. Für Katzenallergiker erhöhten sich in einer Studie die krankheitsfreien Tage nach 1 Jahr von 36 auf 86 % und ihr Symptom- und Medikations-Score sank signifikant [4].
Klinisch wie Graspollen-Allergie
Die semiprofessionelle Golfspielerin im Fall von Dr. med. Ulf Reineke (Herford) litt nach eigenen Angaben seit Jahren besonders im Sommer unter Heuschnupfen und ganzjährig etwas unter Schnupfen. Akut bestanden eine Muschelhypertrophie, eine Rhinitis mit klarem, schleimigem Sekret und eine Konjunktivitis mit geröteten Konjunktiven. Der Zustand beeinträchtigte ihren Sport nachhaltig.
Im Pricktest zeigte sich keine Sensibilisierung auf Gräser, jedoch auf Alternaria alternata, mit leicht erhöhtem spezifischen IgE, keine Gräser-spezifischen Sensibilisierung, jedoch deutlich erhöhte IgE-Werte für das Major-Allergen Alt a 1 von Alternaria alternata. Auch der nasale Provokationstest war positiv. Diesen führe er bei allen Betroffenen mit ganzjähriger Allergie und geplanter AIT durch, merkte Reineke an. Die Besonderheit an Alternaria sei eine ganzjährige Belastung mit sommerlichem Peak typischerweise im Außenbereich, so Reineke. Klinisch sei eine Alternaria-Allergie nicht von einer Gräser-Allergie zu unterscheiden. Eine Therapieoptimierung mit intranasalem Steroid, Augentropfen und oralem Antihistaminikum habe nur zu mäßiger Besserung geführt und die Krankheit nicht modifiziert. Eine AIT mit einem rasch aufdosierbaren depigmentierten Alternaria-alternata-Allergoid wurde sehr gut vertragen. Die Reevaluation nach 1 Jahr ergab eine deutliche Besserung in der Golf-Sommersaison mit reduzierten Medikamentenbedarf.
Voraussetzungen für den Beginn einer AIT nach S2k-Leitlinie:
Interaktive Expertenrunde mit Plenumsdiskussion „Mikrofon an für seltene Allergien: Let’s crack the case!“ mit Fallbeispielen: Hausstaubmilbe, Katze und Alternaria alternata