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Gynäkologie

Schnittstelle zwischen Gynäkologie und Urologie

Urogynäkologie – ein generationsübergreifendes Thema

Prof. Dr. med. Thomas Römer

28.10.2022

Die Gynäkologie und Urologie haben viele Schnittstellen, die unter dem Begriff „Urogynäkologie“ zusammengefasst werden. War sie vor Jahren noch ein Randgebiet der Gynäkologie, hat sie inzwischen deutlich an Bedeutung gewonnen. Die europäischen Fachgesellschaften sehen darin schon länger neben der Gynäkologie, Geburtshilfe und Reproduktionsmedizin die vierte Säule unseres Faches. Dem tragen wir mit dem Schwerpunkt dieses Heftes Rechnung.

Lange galt: Urogynäkologische Probleme haben ältere Frauen, die mit einem Prolaps zu kämpfen haben oder unter einer Harn-, ggf. auch Stuhlinkontinenz leiden. In der Zwischenzeit wird diese Problematik aber breiter betrachtet. Harnwegsinfektionen gelten als eher einfaches Problem, aber gekoppelt mit vaginalen Infektionen können sie für viele Frauen ein sehr belastendes Thema sein. Ein weiteres Problem ist die hyperaktive Blase, die viele Frauen in ihrem Alltag beeinträchtigt – und zwar oft auch schon jüngere Frauen.

Gerade bei jungen Frauen sind Schäden am Beckenboden ein schwerwiegendes medizinisches Problem.

Bei der Thematik des Beckenbodens im Zusammenhang mit der Geburts­hilfe reichen die Meinungen oft weit auseinander, bis hin zur primären Sectio zur Schonung des Beckenbodens gehen die Empfehlungen mancher Kolleg:innen. Das kann natürlich nicht die generelle Lösung sein, da die Sectioraten auch zu Recht wieder rückläufig sind. Hier sind individuelle Therapiekonzepte gefragt, bei denen auch die Beratung bezüglich des Beckenbodens dazugehört. Vor allem bei Frauen, die durch vorangegangene Geburten schon Schädigungen ­erlitten haben, ist das ein wichtiges Thema in der Praxis, das in diesem Heft in einer Übersichtsarbeit dargestellt wird. Auch wenn Frauen primär Spontangeburten anstreben, sind auch vaginal-operative Entbindungen nicht immer vermeidbar. Gerade bei jungen Frauen sind Beckenboden­schäden ein schwerwiegendes medizinisches Problem, das auch zu sozialen Einschränkungen führt. Dieses Thema sollte aktiv angesprochen werden, da bei vielen Frauen ein Schamgefühl existiert. Es liegt in unserer Verantwortung, diese Thematik frühzeitig nach ­Geburten zu erörtern.

Bei Frauen in der Postmenopause wird der Harninkontinenz bereits die nötige Aufmerksamkeit geschenkt, da wir häufiger z. B. bei der Diagnostik einer Vaginalatrophie und der Durchführung einer lokalen systemischen Estrogentherapie mit diesem Thema beschäftigt sind. Die Differenzialdiagnostik der Harninkontinenz und der Beckenbodenschäden hat sich in den letzten Jahren weiter verbessert. Urodynamische Messungen und Ultraschalluntersuchungen sind deutlich effizienter als noch vor einigen Jahrzehnten. Darüber hinaus steht heute ein großes Spektrum auch an therapeutischen Maßnahmen zur Verfügung. Wenn konservative Optionen ausgeschöpft sind, gibt es ein großes Portfolio an operativen Maßnahmen. So war die Einführung des TVT-Bandes ein wichtiger Meilen­stein in der Therapie der Harninkontinenz. Durch die Einführung von Netzen, die aus meiner Sicht zeitweise z. T. auch etwas unkritisch angewandt wurden, hat die operative Therapie, insbesondere auch in Rezidiv­situationen, noch einmal einen neuen Schub erhalten.

Die differenzierte operative Therapie wird heute meist in Schwerpunkt­kliniken angeboten und für die Harninkontinenz gibt es zertifizierte ­Beratungsstellen der Fachgesellschaften. Trotzdem sollten Gynäko­log:­in­nen die Grundlagen der Urogynäkologie beherrschen. Die Viel­schich­tigkeit des Themas als generationsübergreifendes Problem spiegelt sich in den Beiträgen in diesem Heft wider. Sie wurden federführend von Herrn PD Dr. Gert Naumann aus Erfurt zusammengestellt, wofür ich mich sehr herzlich bedanke.

Ihr

Thomas Römer

Prof. Dr. med. Thomas Römer
Herausgeber

Bildnachweis: privat

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