Unspezifische oder milde Symptome machen es manchmal schwer, einer Hyperthyreose auf die Spur zu kommen. Bei der Abrechnung der entsprechenden Diagnostik ist u. a. zu berücksichtigen, dass die Sonografie beider Schilddrüsenlappen nur als Untersuchung „eines“ Organs berechnet werden kann.
Die Schilddrüse ist ein zentrales Regulationsorgan. Sie produziert die Schilddrüsenhormone Trijodthyronin (T3) und Thyroxin (T4). Eine pathologische Überproduktion an Schilddrüsenhormonen, also eine Hyperthyreose, ist durch eine Vielzahl von Symptomen gekennzeichnet. Zu den häufigsten gehören starke Schweißproduktion, Gewichtsverlust, Nervosität, Zittern sowie beschleunigter Herzschlag und Hypertonie. Die Folgen der Überstimulation des Herzens können letztendlich zu einer Herzrhythmusstörung in Form der absoluten Arrhythmie führen. Bedingt ist die Hyperthyreose bzw. deren Symptomatik häufig durch einen Morbus Basedow oder eine Schilddrüsenautonomie, die beide mit einer erhöhten Sekretionsleistung der Schilddrüse einhergehen. Liegt eine erhöhte exogene Zufuhr von Levothyroxin vor, spricht man von einer Thyreotoxicosis factitia.
Bei der primären Hyperthyreose liegt eine echte Schilddrüsenüberfunktion vor, die durch eine inadäquate Sekretion von Schilddrüsenhormonen gekennzeichnet ist. Bei der sekundären Hyperthyreose kommt es durch eine erhöhte TSH-Aktivität (Thyreoidea-stimulierendes Hormon), z. B. bei hormonbildenden Tumoren der Hypophyse, zu einer überschießenden Anregung der Hormonproduktion.
Eine Sonderform der Hyperthyreose ist der Morbus Basedow. Dieser beruht auf einer Produktion von Autoantikörpern vom IgG-Typ. Die Autoantikörper imitieren die natürliche Wirkung von TSH und führen über eine Dauerstimulation der Rezeptoren zu einer ständigen Zunahme des Schilddrüsengewebes und zu einer überschießenden Produktion von T3 und T4.
Die Therapie der Hyperthyreose richtet sich nach der Ursache. Danach unterscheidet man die medikamentöse, die operative und die Radiojodtherapie.
Der Fall
Innere Unruhe und Schlafstörungen
Die 46-jährige, in der Praxis bekannte und bisher gesunde Patientin stellt sich wegen diffuser körperlicher Missempfindungen vor. Sie wirkt ungewohnt unruhig, aufgeregt und nervös. Die Patientin berichtet über Schlafstörungen und eine für sie unerklärliche innere Unruhe. In dem aktuellen körperlichen Zustand war die Patientin bisher noch nicht in der Praxis vorstellig geworden. Die körperliche Untersuchung ist zunächst weitgehend unauffällig. Es zeigt sich lediglich ein diskreter Tremor. Auffallend ist dann doch der deutliche Exophthalmus als Hinweis auf das Vorliegen einer Schilddrüsendysfunktion im Sinne eines Morbus Basedow. Zur Diagnosesicherung einer Hyperthyreose wird zusätzlich eine Blutentnahme durchgeführt sowie eine Schilddrüsensonografie. Letztere zeigte eine echoarme, stark durchblutete Struma mit leichter Vergrößerung.
Zur Besprechung der Laborergebnisse sowie zur vermutlich notwendigen Einleitung einer thyreostatischen Therapie wurde mit der Patientin am Nachmittag ein Besprechungstermin vereinbart.
Im Labor zeigten sich ein normales Blutbild und Differenzialblutbild sowie erhöhte T3- und T4-Spiegel, positive TSH-Rezeptor-Autoantikörper (TRAK) und ein supprimierter TSH-Spiegel.
Die Abrechnung
Auch wenn es sich um ein Gespräch von mehr als 10 Minuten Dauer gehandelt hat, ist lediglich die Beratung nach GO-Nr. 1 abzurechnen. Die Beratung nach GO-Nr. 3 ist nämlich nur als alleinige Leistung oder im Zusammenhang mit den Untersuchungsleistungen nach den GO-Nrn. 5, 6, 7, 8, 800 oder 801 berechnungsfähig. Der erhöhte Aufwand für das Gespräch kann über § 5 zur GO-Nr. 1 geltend gemacht werden.
Die sonografische Untersuchung der Schilddrüse ist mit der GO-Nr. 417 abzurechnen. In Bezug auf die Definition eines „Organs“ in der GOÄ, speziell im Hinblick auf sonografische Untersuchungen, sind die Allgemeinen Bestimmungen unter C.IV Nr. 6 zu beachten. Danach gilt die Schilddrüse, auch wenn diese aus zwei Lappen besteht, als ein Organ. Das bedeutet, dass auch bei Untersuchung beider Schilddrüsenlappen nicht zusätzlich die GO-Nr. 420 zur GO-Nr. 417 berechnet werden kann. Allerdings zählen die Nebenschilddrüsen wiederum als eigene Organe, sodass die Untersuchung der Schilddrüse und der beiden Nebenschilddrüsen mit den Gebühren nach den Nrn. 417 und zweimal die Nr. 420 berechnet werden kann.
Bei der Abrechnung von Laborleistungen der Abschnitte MIII und MIV bei Privatversicherten ist zu beachten, dass diese ausschließlich von der Ärztin bzw. dem Arzt berechnungsfähig sind, die bzw. der die Laboruntersuchungen selbstständig erbracht hat. Werden Laborärzte oder -ärztinnen mit der Durchführung solcher Laboruntersuchungen beauftragt, so rechnen diese direkt mit den Erkrankten ab.
Besprechung der Laborergebnisse
Das Laborergebnis wie auch die therapeutischen Konsequenzen wurden am Nachmittag mit der Patientin eingehend erörtert. Diese eingehende Erörterung bei Vorliegen einer lebensverändernden Erkrankung, wie es die thyreotoxische Krise im Zuge einer Hyperthyreose darstellt, ist mit der Gebühr nach GO-Nr. 34 berechnungsfähig.
GOÄ-Nr. 34: Der Leistungsinhalt
Erörterung (Dauer mindestens 20 Minuten) der Auswirkungen einer Krankheit auf die Lebensgestaltung in unmittelbarem Zusammenhang mit der Feststellung oder erheblichen Verschlimmerung einer nachhaltig lebensverändernden oder lebensbedrohenden Erkrankung – gegebenenfalls einschließlich Planung eines operativen Eingriffs und Abwägung seiner Konsequenzen und Risiken –, einschließlich Beratung – gegebenenfalls unter Einbeziehung von Bezugspersonen.
Abrechnungstechnisch ist darauf zu achten, dass die Leistungen, die zu unterschiedlichen Konsultationszeiten an einem Tag erbracht und berechnet werden, mit der jeweiligen Uhrzeit zu versehen sind. Das gilt im Übrigen für sämtliche Leistungen. Das bedeutet, dass Leistungen, die am Vormittag erbracht wurden, mit den entsprechenden Zeiten zu kennzeichnen sind, ebenso wie diejenigen Leistungen, die am Nachmittag desselben Tages erbracht wurden. Ansonsten würden die unterschiedlichen Ausschlussbestimmungen greifen und gegebenenfalls zur Streichung bzw. Nichterstattung verschiedener Leistungen durch die private Krankenversicherung (PKV) führen.
Der Autor
Dr. med. Dr. rer. nat. Peter Schlüter
Arzt für Allgemeinmedizin
Arzt für Naturheilverfahren
76684 Tiefenbach
schlueter@vital-arzt-praxis.de
www.vital-arzt-praxis.de
Dr. Dr. Peter Schlüter ist promovierter Naturwissenschaftler und Mediziner. Seit 1982 ist er als Arzt für Allgemeinmedizin mit betriebswirtschaftlich optimierter Praxis niedergelassen. Als Berater zu allen Fragen der Praxisorganisation, Praxismanagement und Abrechnung ist er seit 1987 tätig.
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