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Dermatologie

Haut und Gastrointestinaltrakt

Zusammenspiel Zweier Grenzorgane

Martha-Luise Storre

26.5.2025

Hautveränderungen finden sich nicht nur im Zusammenhang mit einer reinen Dermatose. Einige von ihnen liefern wertvolle Hinweise auf innere Erkrankungen, wie die des Gastrointestinaltrakts. Werden sie frühzeitig richtig interpretiert und die weitere Diagnostik initiiert, haben Betroffene die Chance auf eine adäquate Therapie.

Vor rund 150 Jahren ging die Dermatologie aus der Inneren Medizin hervor. Heute scheint angesichts des stetig wachsenden Verständnisses von Hauterkrankungen als systemische Krankheitsbilder – beispielsweise bei der Psoriasis – die Verbindung der beiden Fachgebiete enger denn je.

Ebenso wie die Haut ist der Darm ein Grenzorgan des menschlichen Körpers. Zwar handelt es sich bei beiden Oberflächen um unterschiedliche Epithelien, dennoch können bei Erkrankungen des einen Organs Symptome am anderen auftreten [1].

Kutane Manifestationen von Darmerkrankungen

Ein Beispiel hierfür ist der Morbus Crohn (MC): Bei rund einem Drittel der Patientinnen und Patienten mit dieser chronisch-entzündlichen Darmerkrankung (CED) treten extraintestinale Manifestationen auf [2]. So lassen sich orale Läsionen wie gingivale Erytheme und lineare Ulzerationen, die Cobble­stone-Struktur der bukkalen Mukosa sowie Vernarbungen beobachten [3].

Hellhörig sollte man werden, wenn eine orofaziale Granulomatose (OFG) vorliegt, erklärte Prof. Dr. med. Alexander Navarini, Universitätsspital Basel/Schweiz, im Zuge seines Vortrags beim EADV-Kongress 2024 in Amsterdam. Diese seltene, chronisch-entzündliche Erkrankung mit rezidivierenden Schwellungen der Lippen sowie Beteiligung der Mundhöhle und des umliegenden Gesichtsgewebes könne ein Vorläufer für MC sein: 25 % der OFG-Betroffenen erkranken im Verlauf an der Darmerkrankung, insbesondere, wenn die OFG bereits in jungen Jahren (≤ 16 Jahren) aufgetreten sei [3].

Auch im Zusammenhang mit einer Colitis ulcerosa (CU) treten orale Symptome auf: So zeige sich laut Navarini eine Pyostomatitis vegetans häufiger bei CU als bei MC. Gleichermaßen auf beide CEDs hinweisend seien aphthöse Ulzerationen, Stomatitis gangraenosum sowie pseudomembranöse Candidiasis [3].

Perianale Manifestationen treten bei rund einem Viertel der MC-Betroffenen auf, während sie bei CU seltener sind (< 10 %) [4]. Diese Lokalisation ist aufgrund der möglichen Differenzialdiagnosen wie perianalen Fissuren und Abszessen, Hämorrhoiden, Hidradenitis suppurativa, sexuell übertragbaren ­Erkrankungen oder Plattenepithelkarzinomen durchaus herausfordernd.

Besonders hob Navarini in seinem Vortrag den ­kutanen metastatischen Morbus Crohn (MMC) ­hervor – die seltenste und dabei sehr herausfordernde dermatologische Manifestation des MC [5]. Die Hautläsionen stehen hierbei nicht in Kontinuität mit dem Gastrointestinaltrakt und sind histologisch durch nicht verkäsende Granulome charakterisiert. Klinisch präsentieren sich ulzerierte, erythematöse Plaques sowie violette Papeln. Bei Erwachsenen tritt der MMC in 68,8 % der Fälle erst nach der Erstdiagnose des MC auf. Er kann jedoch auch gleichzeitig auftreten (17,4 %) oder gastrointestinalen Symptomen vorausgehen (5,6 %) [5].

Darmerkrankungen als Triggerfaktor

CEDs können zudem bestehende Hauterkrankungen reaktivieren oder antreiben: Ein Erythema nodosum mit seinen typischen rötlichen, schmerzempfindlichen Knötchen vor allem im Bereich der Schienbeine neigt zum Aufflammen bei MC-Aktivität. Ebenso kann eine leukozytoklastische Vaskulitis mit ihrer palpablen Purpura durch CED getriggert werden.

Die orofaziale Granulomatose kann Vorläufer eines Morbus Crohn sein.

Eine weitere Hauterkrankung, die häufig mit gastrointestinalen Störungen assoziiert ist, ist die Pyoderma gangraenosum (PG) – eine chronische, neutrophile Hautnekrose unbekannter Ätiologie. Klinisch zeigen sich nekrotische, normalerweise sterile Geschwüre, die sich innerhalb von Tagen hauptsächlich an den Beinen und peristomal entwickeln [6].

Eine seltene Komplikation der CU ist die akute ­fe­brile neutrophile Dermatose, auch Sweet−Syndrom ­genannt [7]: Kennzeichnend sind das plötzliche Auftreten von schmerzhaften sukkulenten Erythemen mit Fieber und schlechtem Allgemeinzustand. Meist zeigt sich ein gutes Ansprechen auf systemische Steroide.

Ebenfalls selten, dann jedoch am häufigsten mit CED und bariatrischer Chirurgie einhergehend, ist das Darm-assoziierte Dermatose-Arthritis-Syndrom (BADAS) [8]. Die neutrophile Dermatose äußert sich i. d. R. durch Hauterscheinungen, Fieber, Unwohlsein, Arthralgien und Myalgien. Die erythematösen, purpurnen Papeln und Vesikopusteln treten zumeist an den proximalen Extremitäten sowie am Rumpf auf.

Auch die Epidermolysis bullosa acquisita ist mit CED assoziiert. Sie ist gekennzeichnet durch Blasen vor allem an verletzungsanfälligen Oberflächen wie Knie und Knöchel, die mit atropher Narbenbildung, Milien und Hyper- oder Hypopigmentierung abheilen [9].

Bei Psoriasis und gastrointestinalen Symptomen an eine CED denken.

Neben diesen eher seltenen Erkrankungen stehen auch weitverbreitete Hauterkrankungen wie die ­Psoriasis in Verbindung mit CEDs: Liegt die Prävalenz der Psoriasis im Durchschnitt bei 2 %, so steigt sie im Zusammenhang mit einer gleichzeitig vorliegenden CED auf 7–11 % [9]. Zudem weisen Psoriasis- und CED-Betroffene ein hohes Risiko für andere Autoimmunpathologien auf.

Paradoxe Reaktionen auf Arzneimittel

Bei der Therapie entzündlicher Erkrankungen kann es auch zu kutanen Nebenwirkungen kommen. Ihr Spektrum reicht von isoliertem Juckreiz über heterogene Exantheme bis hin zu einer lebensbedrohlichen toxisch epidermalen Nekrolyse (früher Lyell-Syndrom) [10].

So können beispielsweise unter der Behandlung mit Anti-TNF-α psoriatische, pustulöse oder ekzematöse Reaktionen auftreten [9,11]. Typischerweise handelt es sich um akrale erythematöse Plaques und Pusteln sowie erythrosquamöse Plaques an Händen, Füßen und Torso. Hinsichtlich der zeitlichen Assoziation mit CED können die Reaktionen Monate bis Jahre nach Einleitung der TNF-α-Therapie beginnen. Diese Komplikation tritt in rund 0,5 % der so behandelten Fälle auf.

Generell gilt: Bei jedem Geschwür, insbesondere bei peristomalen Ulzerationen, sollte eine Komorbidität mit CED in Betracht gezogen werden. Bei aphthöser Stomatitis, orofazialer Granulomatose und anderen Erkrankungen empfiehlt es sich, nach einer zugrunde liegenden CED zu suchen. Dabei sollte auch die Möglichkeit einer paradoxen Arzneimittelreaktion nicht außer Acht gelassen werden.

Hautveränderungen durch Ernährungsstörungen

Ernährungsstörungen können durch eine inadäquate Zuführung oder Metabolisierung von Nährstoffen bedingt sein. Dies ist nicht nur ein Problem in ­Entwicklungsländern, sondern betrifft auch die ­Industriestaaten. In Mitteleuropa überwiegen dabei die Folgen von Essstörungen sowie Hyperalimentation [12]. Die beiden am weitesten verbreiteten psychischen Störungen im Essverhalten sind ­Anorexia nervosa (AN) und Bulimia nervosa (BN): Hier sind als Haut- und Schleimhautveränderungen Stomatitis, Gingivitis, Perlèche und Mundwinkelrhagaden durch die wiederkehrende Exposition gegenüber Magensäure zu beobachten.

Bei jeder Ulzeration sollte eine Komorbidität mit CED in Betracht gezogen werden.

Hinzu kommen Zahnschmelzdefekte. Auch mechanische Folgen des selbst herbeigeführten Erbrechens wie pharyngeale Würgehämatome oder Schwielen können auftreten. Als Folge des häufig einhergehenden Diuretika- oder Laxanzienmissbrauchs werden fixe Arzneimittel­exantheme, dermatomyositisartige Syndrome sowie Photosensitivität beschrieben [12].

Vor allem bei AN treten die Hautveränderungen durch den häufig ausgeprägteren Nährstoffmangel deutlicher hervor. Nicht selten führt ein gesteigerter Verzehr von Gemüse und Obst bei den Betroffenen zu einer Hyperkarotinämie mit konsekutiver Karoti­nose, insbesondere der Handflächen und Fußsohlen. Assoziierte Zwangsstörungen können sich als ­Automutilation, Acne excoriée sowie Waschzwang und daraus resultierendem Handekzem äußern [12].

Vitaminosen – auf die Dosis kommt es an

Der menschliche Organismus ist auf die regelmäßige Zufuhr von Vitaminen angewiesen, da es diese bis auf wenige Ausnahmen nicht eigenständig synthetisieren kann. Kommt es zu Störungen in der Vitaminversorgung – seien es Hyper-, Hypo- oder gar Avitaminosen –, kommt der Haut eine Signalfunktion zu [12]. Bei fettlöslichen Vitaminen wie A und D, die nicht über die Niere ausgeschieden werden können, kommt es häufiger zu Überdosierungen. Klinisch ­zeigen sich dann u. a. trockene, schuppende Haut, follikuläre Hyperkeratosen, Pruritus sowie eine ­diffuse Alopezie. Vor allem während einer Schwanger­schaft ist Vitamin A in Dosen von > 10 000 IE/Tag potenziell teratogen [12]. Kommt es aufgrund einer Malabsorption hingegen zu einem Vitamin-A-Mangel, können sich kutan eine generalisierte Xerosis sowie follikuläre Hyperkeratosen (Phrynoderm) manifestieren. Zudem kann an allen Schleimhäuten eine ­keratinisierende Metaplasie auftreten.

Der hauptsächlich in ärmeren Regionen Afrikas und Asiens ernährungsbedingt auftretende Vitamin-B3-Mangel führt kutan zur Pellagra: Die durch Rötungen und Schuppungen gekennzeichnete Dermatitis wird durch UV-Strahlung getriggert, weshalb die Läsionen hauptsächlich halsbandartig im Nacken und ­Dekolleté auftreten [12]. In unseren Breitengraden kann Pellagra infolge von Fehlernährung, Alkohol­abusus und Resorptionsstörungen auftreten.

Historisch hat ein Mangel an Vitamin C vor allem Seefahrern zu schaffen gemacht: Bei Skorbut kommt es neben follikulären Hyperkeratosen und perifollikulären Hämorrhagien u. a. zu Schleimhautblutungen, Stomatitis und Epistaxis [12].

Neben Vitaminen kann auch ein Mangel an Nährstoffen wie Zink zu Hautveränderungen führen: Bei der daraus resultierenden Acrodermatitis enteropa­thica zeigen sich eher scharf begrenzte Erytheme an den Orifizien und Akren [10].

Dermatitis herpetiformis Duhring – eine eigene Entität

Im Zusammenhang mit einer Zöliakie steht die seltene, stark juckende Dermatitis herpetiformis Duhring. Es handelt sich hierbei um die kutane Ausprägung einer glutensensitiven Enteropathie, die von der klassischen Zöliakie nur schwer zu unterscheiden ist [13]. Kutan zeigt sich ein symmetrischer, blasenbildender Ausschlag an den Streckseiten der Extremitäten, der bei einem geringen Prozentsatz der von einer Zöliakie Betroffenen auftritt. Umgekehrt weisen hautbetrof­fene Patientinnen und Patienten meist nur minimale Darmveränderungen im Zusammenhang mit ihrer glutensensitiven Enteropathie auf – häufig ohne ­klinische Symptome [10]. Die charakteristischen Unterschiede der beiden Erkrankungen sind in der Tabelle aufgeführt. Therapeutisch kann bei Dermatitis herpetiformis ­Duhring neben der glutenfreien Diät Diamino­diphenylsulfon (Dapson) angewendet werden, das ­jedoch keine Wirkung auf die Zöliakie zeigt [10].

In 5 bis 20 % der Fälle sind CEDs mit Hautveränderungen assoziiert. Veränderungen der Mundschleimhaut und der Anogenitalregion können hinweisend auf eine zugrunde liegende CED sein. Gleichzeitig können eigenständige dermatologische Erkrankungen wie Pyoderma gangraenosum und Erythema nodosum durch Darmerkrankungen getriggert werden. Zudem können manche Therapien kutane Nebenwirkungen auslösen, die differenzialdiagnostisch erwogen werden sollten. Bei einer Über- oder Unterversorgung mit Vitaminen nimmt die Haut eine Signalfunktion ein. Sie fungiert somit als Spiegel internistischer Erkrankungen.

  1. Ruzicka T, Schauber J. Haut und Gastrointestinaltrakt – Sicht des Dermatologen. In: Ruzicka T et al., Hg. Fortschritte der praktischen Dermatologie und Venerologie. Berlin, Heidelberg: Springer; 2009. Band 21, S. 403–10
  2. Roda G et al., Nat Rev Dis Primers 2020; 6: 22
  3. Joshi S et al., Frontline Gastroenterology 2024; 15: 328–35
  4. Bouguen G et al., Inflamm Bowel Dis 2010; 16: 1431–42
  5. Ickrath F et al., J Dtsch Dermatol Ges 2021; 19: 973–82
  6. Quist SR et al., S1-Leitlinie „Pyoderma gangraenosum”, AWMF-Reg.-Nr.: 013/091; 2020
  7. De Donno A et al., Akt Dermatol 2006; 32: 368–70
  8. Bu J et al., Front Immunol 2022; 13: 880201
  9. Vavricka SR et al., Inflamm Bowel Dis 2015; 21: 1982–92
  10. Sticherling M, Gastroenterologe 2011; 6: 316–22
  11. Al-Janabi A et al., JAMA Dermatol 2024; 160: 71–9
  12. Babilas P. Hautveränderungen durch Ernährungsstörungen, Adipositas und Vitaminosen. In: Plewig G et al., Braun-Falco’s Dermatologie, Venerologie und Allergologie. Berlin, Heidelberg: Springer; 2017
  13. Caproni M et al., J Eur Acad Dermatol Venereol 2009; 23: 633–8

Bildnachweis: Aliaksandr Litviniuk, harunhalici (gettyimages)

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