Sie sei nicht „anti Aging“ eingestellt, betonte Dr. Sophie Shotter (London) in ihrem Vortrag. Vielmehr halte sie es für ein Privileg, älter zu werden. Dabei könne jeder Mensch entscheiden, wie er lebt und aussieht, um ein gesünderes Altern zu fördern.
Ihre Praxis für nicht chirurgische ästhetische Behandlung, Hautpflege und Wellness besuchten Menschen, die schwere Zeiten durchmachten: Scheidung, Trauerfall, Veränderungen am Arbeitsplatz. Weil sich all dies auf dem Gesicht zeige, hofften sie, sie würden sich innerlich besser fühlen, wenn man sie in der Praxis „äußerlich reparierte“.
Natürlich könnten Behandlungen mit Nadel und Spritze eine erstaunliche Wirkung entfalten. Doch habe jeder Mensch nicht nur ein kalendarisches, sondern auch ein biologisches Alter und dieses könne man mit der eigenen Lebensweise beeinflussen.
Hierzu sei in den vergangenen Jahren viel geforscht worden, unter anderem in einer Studie zu den zellulären Kennzeichen des Alterns. Dabei habe man zunächst 9 Schlüsselprozesse identifiziert, die sich auf zellulärer Ebene abspielen und den Alterungsprozess bestimmten [1]: Störung der interzellulären Kommunikation, Stammzell-Erschöpfung, zelluläre Seneszenz, mitochodriale Funktionsstörung, genomische Instabilität, Verlust der Proteostase, epigenetische Veränderungen, Telomer-Schwund sowie Deregulation der Nährstofferkennung.
Eine jüngere Studie habe sie um weitere Kennzeichen ergänzt: Entzündungen, fehlreguliertes DNASplicing, geänderte mechanische Eigenschaften der Haut, Störungen des Mikrobioms, Beeinträchtigung der Autophagie sowie weitere noch nicht genauer definierte Faktoren.
Die zelluläre Seneszenz werde in den nächsten Jahren enorme Bedeutung für die Hautpflege gewinnen, prognostizierte Shotter. Zudem trage jede Körperzelle Hormonrezeptoren, weshalb Hormone gutes Altern entscheidend beeinflussten, insbesondere bei Frauen, die in der Menopause enorme Umstellungen erlebten. Für die Therapie der meisten Patientinnen und auch Patienten sei die Wiederherstellung der hormonellen Balance zentral.
Wechselwirkung zwischen Gesundheit und Haut
Die Haut sei das größte Organ des Körpers. Inzwischen zeigten wissenschaftliche Arbeiten, dass Zeichen der Hautalterung – Elastose, Falten, Pigmentveränderungen, Schlaffheit und Absacken der Haut – durch innerer Krankheitsprozesse beeinflusst werden. Faszinierend sei, dass sich in wissenschaftlichen Studien habe nachweisen lassen, dass Alterszeichen auf der Haut die innere Gesundheit beeinflussen. So bestehe ein Zusammenhang zwischen tiefen Stirnfalten und kardiovaskulärer Mortalität. Außerdem habe sich zeigen lassen, dass ungesunde Haut ein wichtiger Risikofaktor für jede einzelne altersassoziierte Krankheit ist, von Parkinson bis Diabetes [2].
Essen, bewegen, schlafen und …
Es brauche einen deutlich holistischeren Therapieansatz für gesundes Altern. Deshalb sei das Gespräch der entscheidende Teil der Interaktion mit Patientinnen und Patienten. Sie selbst empfehle eine gesunde ballaststoffreiche Ernährung mit einem vielfältigen pflanzlichen Anteil oder schalte einen Ernährungsberater ein.
Die immer häufiger geforderte Beratung zu Supplementen sei schwierig, denn eine Supplementierung müsse maßgeschneidert sein. Jeder Mensch habe verschiedene Bedürfnisse, Anforderungen und Empfindlichkeiten. Ärztinnen und Ärzte sollten sich daher weiterbilden, um ihr Klientel angemessen testen und beraten zu können, oder auch hier eine Ernährungsberaterin einschalten.
Regelmäßige Bewegung sei wichtig, weil sie die Mikrozirkulation anrege und die Haut so mit Sauerstoff, Vitaminen und Mineralien versorgt werde. Menschen, die Sport trieben, hätten tendenziell bessere Haut. Als wichtigste und gleichzeitig kostenlose Maßnahme, um gesünder älter zu werden, nannte Shotter 7 bis 8 Stunden guten Schlaf.
Chronischer Stress sei einer der schädlichsten Faktoren für die Gesundheit. Um dem zu begegnen, helfe es, in die Natur zu gehen und vor allem zu meditieren. Auch Kaltwasserschwimmen oder -baden sei empfehlenswert, so Shotter.
Maßnahmen in der Praxis: Hormone
Patientinnen und Patienten profitierten von einer optimalen Hormoneinstellung, weshalb es sich lohne, mit Fachleuten auf diesem Gebiet zusammenzuarbeiten oder an sie zu überweisen. Hormone beeinflussten, wie sich die Menschen fühlten und wie sie altern, sie wirkten sich auf Knochendichte und kardiovaskuläre Gesundheit aus. Bei Frauen fördere ein höherer Estrogenspiegel die Kollagenproduktion.
Vorbereiten: Wie wollen wir in der letzten Dekade leben können?
Funktionelle Medizin verändere den medizinischen Ansatz grundsätzlich, denn sie betrachte, wozu Menschen in den letzten 10 Lebensjahren fähig sein wollen. Davon leite sie ab, wie Menschen in jüngerem Alter leben sollten, um diese Vorstellung zu verwirklichen.
Dem zentralen Patientenwunsch, „großartig“ auszusehen, komme die regenerative Medizin entgegen. Shotters Beobachtung zufolge sind viele der auf dem britischen Markt angebotenen regenerativen Behandlungen recht kurzlebig. Sie sollten jedoch einen anhaltenden Effekt haben, befand sie. Diese Vorstellung erfülle die Behandlung mit einem kombinierten Filler, der Hyaluronsäure und Calciumhydroxylapatit enthält.
Einblicke in das wahre biologische Alter
Inzwischen gebe es interessante Tests zur Bestimmung des biologischen Alters. Einer davon nutze hierfür eine Blutprobe. Dies sei ein guter Weg, sich selbst zu testen und die Wirkung eingeleiteter Lebensstilveränderungen zu überprüfen. Bei einem auf dem britischen Markt neuen Test werde die Gesundheit der mitochondriellen-DNA anhand eines Hautzellen-Abstrichs von der Wange analysiert. Shotter zeigte sich überzeugt davon, dass die täglich in den Praxen ausgeführten Interventionen die Patienten nicht nur besser aussehen lassen, sondern auch die Hautgesundheit verbessern. Der Test sei eine echte Möglichkeit, Patienten den Hautalterungsprozess zu verstehen zu lassen – und die Rolle, die die Behandlungen für die Gesamtgesundheit der Haut im Laufe der Zeit spielen können.
Vortrag „All About Aging Well” anlässlich des Events„All About Aesthetics“ (Veranstalter: Allergan Aesthetics, A division of AbbVie), Frankfurt/Main, März 2025