Muskelschwund gehört zum Altern dazu. Besteht zudem eine Hypertonie und/oder ein Diabetes mellitus, erhöht sich das Risiko für eine chronische metabolische Azidose (cmA). Diese wiederum befördert ihrerseits die Muskelschwäche. Oral eingenommenes Bicarbonat kann hier die muskuloskelettale Leistung verbessern.
Viele ältere Menschen bemerken ein Nachlassen ihrer Leistungskraft im Alltag. Eine mögliche Ursache dafür ist der Muskelschwund im Alter. Das ist zunächst ein natürlicher Prozess, der auch Gesunde ereilt. Denn der muskuläre Umsatz erfolgt im Alter langsamer, zudem wird mit zunehmendem Lebensalter mehr Fett in die Muskulatur eingelagert. Der altersbedingte Muskelschwund beginnt bereits ab dem 30. Lebensjahr – mit Abbau von bis zu 1 % Muskelmasse pro Jahr, weshalb bei einem 80-jährigen Menschen durchaus nur noch 50 % der ursprünglichen Muskelmasse zur Verfügung stehen können. Ist der Muskelschwund so stark ausgeprägt, dass es zum erheblichen Verlust der muskulären Funktionsfähigkeit gekommen ist, handelt es sich um eine Sarkopenie.
Neben regelmäßiger Bewegung im Alltag und gezieltem Muskeltraining trägt die Ernährung dazu bei, einem Muskelschwund entgegenzuwirken. Entscheidend ist eine ausreichende Eiweißzufuhr. Studien zeigen, dass im Alter eine höhere Menge an Proteinen notwendig ist, um den Muskelaufbau zu erhalten und zu fördern. Nicht immer genügt das und funktioniert gleichermaßen, denn z. B. bei jahrelang andauernder Hypertonie und einem Diabetes mellitus kommt es oft bei Älteren zur Nierenfunktionseinschränkung (Chronic Kidney Disease, CKD). Davon sind 10–15 % der Weltbevölkerung betroffen, außerdem zeigen zwei Drittel der Erwachsenen mit einer CKD Zeichen der Kachexie [1]. Eine weitere Folge dauerhaft reduzierter Nierenfunktion kann auch eine chronische metabolische Azidose (cmA) sein. Diese befördert ihrerseits durch Schwund der Muskulatur u. a. eine Muskelschwäche.


Verbesserung der muskuloskelettalen Gesundheit
Niedrige Serum-Bicarbonat-Spiegel sind mit reduzierter Muskelmasse und verminderter Muskelfunktion assoziiert. Die Abb. 1 zeigt als Ergebnis einer Studie die Korrelation zwischen Bicarbonat-Spiegel und Gehgeschwindigkeit bei Älteren [2]. Eindeutig erkennbar ist, dass bei einer cmA (Bicarbonat < 22 mmol/l) die Gehgeschwindigkeit niedriger als bei einem ausgeglichenen Säure-Basen-Haushalt (SBH) ist.
Die Korrektur der cmA mit oralem Bicarbonat kann den Funktionsverlust der Nieren verlangsamen und sogar helfen, die muskuloskelettale Gesundheit zu verbessern. Das zeigte eine andere Studie, die sich mit dem Effekt von oralem Bicarbonat auf den mittleren Armumfang (MAMC) bei CKD-Erkrankten beschäftigte [3]. Im 2-Jahres-Zeitraum erhöhte sich bei gleicher Proteinaufnahme über die Nahrung
in der Bicarbonat-Gruppe signifikant der mittlere Armumfang von 24,8 cm auf 26,3 cm (Abb. 2). Die Autorengruppe führte das auf die effektivere Verstoffwechselung des Nahrungseiweißes in der Bicarbonat-Gruppe gegenüber der Kontrollgruppe zurück. Eine Metaanalyse von 12 Studien mit insgesamt 1 995 Patientinnen und Patienten mit CKD untermauerte diese Ergebnisse [4].
Ursächlich für die negativen Auswirkungen auf die Muskulatur ist der hemmende Effekt der cmA auf den Energiestoffwechsel der Mitochondrien in den Muskelzellen. Wie eine Studie zeigt, regeneriert sich in den Beinmuskeln von CKD-Patienten und -Patientinnen bei Bicarbonat-Werten < 22 mmol/l das zur Energiegewinnung benötigte und verbrauchte ATP (Adenosintriphosphat) signifikant langsamer [5].
Gerade bei Personen mit chronischer Nierenfunktionseinschränkung kann die Behandlung der cmA mit oralem Bicarbonat auch die muskuloskelettale Leistung verbessern. Für die Therapie mit oralem Bicarbonat kommt am besten ein Präparat mit magensaftresistenter Galenik zum Einsatz. Es passiert den Magen unbeeinflusst durch die Magensäure, die das Bicarbonat bereits im Magen neutralisiert und damit praktisch wirkungslos hinsichtlich der Korrektur des Säure-Basen-Haushalts macht.
Der Autor
Dr. med. Dr. PH Herbert Stradtmann
Arzt für Innere Medizin/Nephrologie,
Hypertensiologe-DHL® und Rehabilitationswesen
Im Wölftegrund 27
34537 Bad Wildungen