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Fokus Naturmedizin

Vergesslichkeit und mentale Leistungsstörung

Den kognitiven Verfall verhindern

Dr. rer. nat. Christine Reinecke

4.2.2022

Ist es nur Vergesslichkeit oder bereits Alzheimer? Bei einem verminderten Erinnerungsvermögen kann Erschöpfung oder Flüssigkeitsmangel die Ursache sein. Ob sich dagegen eine Demenz manifestiert, hängt stark von kardiovaskulären Risikofaktoren ab.

Sind Gedächtnis, Aufmerksamkeit und Denkvermögen im Alter beeinträchtigt, liegt meist eine leichte kognitive Störung vor. Diese geht pro Jahr schätzungsweise in 10–20 % der Fälle in eine Demenz über. Behandelt werden kognitive Störungen und die Alzheimer-Demenz gemäß der S3-Leitlinie mit einem standardisierten Ginkgo-biloba-Extrakt [1]. Dieser wird empfohlen bei leichter bis mittelgradiger oder vaskulärer Demenz mit nicht psychotischer Verhaltenssymptomatik. Obwohl der Extrakt gut untersucht ist, sind die Daten dennoch kontrovers. So bewertete das Cochrane Institut die Ergebnisse von 36 randomisierten, kontrollierten Studien (RCT) dahingehend, dass Ginkgo biloba sicher sei, die Wirksamkeit jedoch inkonsistent und nicht überzeugend. Im Gegensatz dazu sieht das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheits­wesen (IQWiG) in sechs RCT bezüglich „Aktivitäten des täglichen Lebens“ einen Nutzen, wenn täglich 240 mg des Ginkgo-Extrakts aufgenommen werden. Untersucht wurde auch der Effekt auf die kognitive Kontrolle, die von Dopamin im präfrontalen Kortex abhängig ist. Unter Ginkgo biloba zeigte sich eine verbesserte kognitive Flexibilität, was auf eine zunehmende Effizienz der Informationsverarbeitung hindeutet [2]. In einem Review aus 2019 wurden schließlich elf negative und 15 positive Studien analysiert, mit dem Resultat, dass der Spezialextrakt die kognitive Verschlechterung und die mentale Erkrankung wirksam verbessern konnte, und zwar in der Langzeitanwendung über 24 Wochen in einer Dosierung von 240 mg pro Tag [3].


Über 65 – worauf ist zu achten?

Mit dem Alter verändert sich der Körper tiefgreifend, wodurch die physiologischen Funktionen stetig abnehmen. Das betrifft u. a. die Niere und den Wasserhaushalt. Bedingt durch die Atrophie der Niere sinkt die glomeruläre Filtrationsrate, sodass Pharmaka viel langsamer aus dem Blut eliminiert werden. Zudem kann der Harn weniger gut konzentriert werden, was teilweise zu erheblichen Wasserverlusten führt. Gleichzeitig ist das Durstempfinden reduziert, vermutlich aufgrund einer Regulationsstörung im Gehirn. Dadurch entsteht ein Flüssigkeitsmangel, der auf längere Sicht Verwirrtheitszustände begünstigt. Das Gegenmittel sind Trinkpläne, die eine regelmäßige Flüssigkeitsaufnahme erleichtern.

Geht es um die Vitaminversorgung im Alter, ist diese bei Vitamin B12 unzureichend. Durch Atrophie der ­Magenschleimhaut kommt es zu einem klinisch ­relevanten Mangel, da weniger Intrinsic Factor gebildet wird, wodurch weniger Vitamin B12 aufgenommen werden kann. Etwa 15 % der über 65-Jährigen leiden darunter; sensitive Labormarker einbezogen, sind es sogar 20–50 %. Vitamin-B12-Defizite stören den ­Methylstoffwechsel in den Nervenzellen und erhöhen den Homocysteinspiegel, wodurch sich Vergesslichkeit und depressive Stimmungen manifestieren ­können. Ernährungsexperten empfehlen daher, kontinuierlich 100 μg Vitamin B12 pro Tag zu supplementieren. In diesem Zusammenhang spielt auch Fol­säure eine Rolle. Wie die Deutsche Gesellschaft für Ernährung rät, sollten Senioren täglich 300 μg Folsäure über die Nahrung (Hühnerleber, Weizenkeime, Feldsalat) aufnehmen [4].

Grafik: Kognitive Leistungsfähigkeit erhalten
Was wirkt und was nicht

Lecithin und Vitamin E werden in den Leitlinien als nicht ausreichend wirksam beurteilt. Erwähnt wird ein diätetisches Lebensmittel in Form einer Trinknahrung, die Omega-3-Fettsäuren, Phospholipide, Cholin, Uridinmonophosphat und Mikronährstoffe enthält. In zwei placebokontrollierten Studien wurde eine signifikante Überlegenheit in zwei von sieben sekundären Endpunkten gezeigt (verzögerter Abruf der Wechsler Memory Scale sowie Gedächtnis-Composite-Score einer neuropsychologischen Testbatterie). Die LipiDiDiet-Studie ergab jedoch keinerlei Evidenz, dass der Nährstoffdrink bei Alzheimer-Vorstufen oder leichten Formen der Demenz wirksam wäre [5].

Geht es um das Risiko für die Entstehung einer ­Demenz, sind die kardiovaskulären Risikofaktoren im mittleren Lebensalter relevant, denn diese lassen sich modifizieren: Nikotinabusus, Hypertonie, Diabetes mellitus, Hyperlipidämie und Adipositas. Explizit günstige Effekte auf die kognitive Leistungsfähigkeit im Alter besitzt die mediterrane Ernährung. So ergab die über fünf Jahre laufende PREDIMED-Studie, dass die mediterrane Diät plus Olivenöl oder Nüsse bei Personen im Durchschnittsalter von 66,8 Jahren dem altersbedingten kognitiven Abbau entgegenwirken kann (Abb.) [6]. Auch ein aktiver Lebensstil mit ­körperlicher Bewegung, geistiger Aktivität und sozialen Kontakten zeigt Wirkung. Am besten wird das bereits in der Lebensmitte umgesetzt [7].

FAZIT

Dem Abbau der kognitiven Leistungsfähigkeit können Ginkgo biloba, Vitamin B12 oder Folsäure entgegenwirken. Positiv wirkt sich auch eine ­Reduktion kardiovaskulärer Risikofaktoren aus  – etwa durch eine mediterrane Ernährung und einen aktiven Lebensstil.

1) www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/038-013l_S3-Demenzen-2016-07.pdf, Stand: 29.12.2021
2) Beck S M et al., Hum Psychopharmacol Clin Exp 2016; 31: 227–242
3) Liu H et al., Front Pharmacol 2019; 10: 1688
4) www.dge.de/wissenschaft/referenzwerte/folat/, Stand: 29.12.2021
5) Soininen H et al., Lancet Neurol 2017; 16: 965–975
6) Valls-Pedret C et al., JAMA Intern Med 2015; 175: 1094–1103
7) Ngandu T et al., Lancet 2015; 385: 2255–2263

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