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Kardiologie

Die Milz schützt auch das Herz

13.8.2025

Die Milz ist bislang im Kontext von Herz-Kreislauf-Erkrankungen vor allem als Immunorgan beschrieben, das zur anhaltenden Entzündung nach einem Herzinfarkt und der Entwicklung einer Herzschwäche beiträgt. Ein Forscherteam hat nun nachgewiesen, dass die Milz – nach Aktivierung durch den Vagusnerv – maßgeblich daran beteiligt ist, das Herz vor Schäden zu bewahren, die durch eine Minderdurchblutung der Herzkranzgefäße bei einem Herzinfarkt entstehen.

In Untersuchungen an Tiermodellen haben die Essener Forschenden entdeckt, dass die Aktivierung des Vagusnervs die Milz dazu anregt, schützende Faktoren freizusetzen, die das Herz vor Schäden durch Mangeldurchblutung bewahren können. Der Vagusnerv als wichtiger Bestandteil des parasympathischen Nervensystems verläuft vom Gehirn bis zum Magen-Darm-Trakt. Setzt man peripheres Gewebe (Arm, Bein etc) kurzzeitig einer Mangeldurchblutung aus („Remote Ischaemic Conditioning“, RIC), wird der Vagusnerv aktiviert, der dann wiederum die Milz stimuliert, herzschützende Faktoren in das Blut freizusetzen, die die Größe eines Infarkts deutlich reduzieren. Diesen komplexen Mechanismus hat das Essener Team bereits 2018 erfolgreich in Studien an Ratten und Schweinen demonstriert (DOI 10.1161/CIRCRESAHA.118.313859).

Untersuchungen nach Aktivierung des Vagusnervs

Die Übertragung dieser Erkenntnisse auf den Menschen gelang 2024 durch eine Studie an freiwilligen Probandinnen und Probanden mit intakter Milz im Vergleich zu jenen, denen die Milz aufgrund eines Traumas entfernt worden war. Nur bei Personen mit intakter Milz wurden durch eine Aktivierung des Vagusnervs herzschützende Substanzen in das Blut freigesetzt. Die Vagusaktivierung wurde bei den Personen durch RIC oder eine elektrische Stimulation des Tragus erzielt. Der Tragus im Bereich des Außenohres ist mit dem Vagusnerv verbunden und kann für die transkutane Vagusnervstimulation (tVNS) verwendet werden. Im Blutplasma der Versuchspersonen mit intakter Milz – aber nicht bei denen ohne Milz – waren dann jeweils nach RIC oder tVNS herzschützende Substanzen enthalten, die isolierte Rattenherzen vor einem Herzinfarkt schützen konnten (DOI 10.1093/eurheartj/ehae250).

„Wir konnten also auch im Menschen beobachten, wie sich der Effekt der herzfernen Schutzmanöver (RIC und tVNS) systemisch entfaltet, ausgehend von einem Reiz an einem ganz anderen Ort des Körpers“, sagt Prof. Dr. rer. nat. Petra Kleinbongard. „Die Milz übernimmt dabei eine Art Vermittlerrolle: Sie verwandelt das Signal aus dem Vagusnerv in eine messbare Freisetzung schützender Faktoren um.“

Milz ist als Schaltzentrum eng mit dem Herz-Kreislauf-System verknüpft

Die Bedeutung dieser Entdeckungen wird durch eine kürzlich erschienene, umfassende Übersichtsarbeit in der renommierten Fachzeitschrift Nature Reviews Cardiology (DOI 10.1038/s41569-024-01114-x) unterstrichen. Darin beschreiben Kleinbongard und Prof. Dr. med. Dr. hc. Dr. hc. Gerd Heusch  die Milz als Schaltzentrum, das nicht nur immunologische Funktionen erfüllt, sondern auch eng mit dem autonomen Nervensystem und dem Herz-Kreislauf-System verknüpft ist.

„Unsere Forschung zeigt, dass die Milz eine deutlich komplexere Rolle in der Interaktion mit dem Herz-Kreislaufsystem spielt. Sie ist in der Lage das Herz vor einem Infarkt aktiv zu schützen, möglicherweise auch das Gehirn vor einem Schlaganfall,“ erklärt Kleinbongard. „Unsere Daten sprechen dafür, dass wir therapeutisch ganz neue Wege beschreiten könnten, beispielsweise durch eine gezielte Stimulation des Vagusnervs oder durch Medikamente, die die milzvermittelten Schutzpfade aktivieren.“

Pressemitteilung „Unterschätzt - aber therapeutisch relevant? Die Milz schützt das Herz!“ Universitätsklinikum Essen, 18.6.2025 (https://idw-online.de/de/news854006).
* Heusch G et al.: The spleen in ischaemic heart disease. Nat Rev Cardiol. 2025 Jan 2 (DOI 10.1038/s41569-024-01114-x).

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