Für Frauen stellt sich spätestens rund um die Hormonveränderungen der Menopause die Frage der Knochen-gesundheit. Statt frühzeitiger medikamentöser Therapie kann auch ein Selbsthilfe-Programm aus gesunder Ernährung, genügend Bewegung und Nahrungsergänzung/Phytotherapie präventiv erfolgreich sein.
Zum Ende der Pubertät hat der Knochen seine optimale Stärke, ab dann gehen jährlich 1–2 % verloren. Die primäre Form der Osteoporose tritt daher überwiegend im Alter auf. Nach der Menopause sind Frauen aufgrund der hormonellen Umstellungen deutlich öfter betroffen als Männer.
Fatalerweise erfolgt der Schwund schleichend und zeigt zunächst keine Symptome. Meistens werden die Betroffenen – aber auch die behandelnden Ärzte – erst aufmerksam, wenn es zum Oberschenkelhals-, Handgelenks- oder Wirbelkörperbruch kommt. Dabei ist bei Frauen über 50 Jahre ein Wirbelbruch dreimal häufiger als ein Schenkelhalsbruch.
Der Beginn der Menopause
Wenn Patientinnen im fortgeschrittenen Alter über Rückenschmerzen klagen – was sie durchaus ja auch in der Frauenarztpraxis tun –, sollten Sie auch immer an Osteoporose denken. Umgekehrt ist eine leicht erniedrigte Knochendichte noch lange keine Osteoporose. Es wird häufig viel zu früh mit starken Medikamenten eingegriffen. Empfehlen Sie Ihren Patientinnen zu Beginn der Wechseljahre einmal eine Knochendichtemessung. Sind diese Werte deutlich im grünen Bereich, brauchen die Patientinnen sich keine Sorgen zu machen. Liegen die Werte sehr niedrig im Bereich einer Osteopenie, können die Patientinnen jetzt noch gut gegensteuern. Bei der Beurteilung der Knochendichte sollte jedoch klar sein, dass damit nichts über die Elastizität der Knochenstruktur ausgesagt werden kann. Diese kann durch die Supplementierung mit Silizium, Mangan, Bor und Kollagen verbessert werden.
Während bei normaler Ernährung 1 000 mg Calcium zusätzlich sehr viel ist, ist das empfohlene Vitamin D zu wenig. Denn es berücksichtigt nicht, ob auch genügend Vitamin D in die aktive Form umgewandelt wird. Die hauptsächlichen Formen von Vitamin D2 (aufgenommen über die Ernährung, z. B. Seefisch, Eigelb, Butter, manche Pilze) und D3 (von der Haut unter UV-Bestrahlung gebildet) müssen erst in der Niere in das aktive 1,25-Dihydroxy-Vitamin D (D-Hormon) umgebaut werden. Bei älteren Menschen kann diese Umwandlung gestört sein, die sogenannte Vitamin-D-Resistenz.
Mit synthetisch hergestellten Vorstufen des D-Hormons kann man die Umwandlung in der Niere umgehen und höhere Konzentrationen des aktivierten D-Hormons im Körper erreichen. Diese aktiven Vitamin-D-Metabolite, z. B. Alfacalcidol, bremsen genauso wie das aktive 1,25-Dihydroxy-Vitamin D das Parathormon und damit den gesteigerten Knochenabbau, haben aber zusätzlich einen antientzündlichen Effekt. Das kann günstig sein, wenn es sich um eine sekundäre Osteoporose handelt, z. B. bei Rheuma oder Colitis ulcerosa. Auch Strontium, ein Spurenelement, kann zusätzlich eingenommen werden.
Die Nahrungsergänzung mit Vitamin D erhöht die Knochendichte und senkt das Risiko für Knochenbrüche [1]. In einer 12-monatigen Studie wirkte sich die tägliche Aufnahme von 800 mg Calcium und 400 IE (10 µg) Vitamin D3 positiv auf die Knochendichte postmenopausaler Frauen aus. Wurden zusätzlich zu Calcium und Vitamin D3 noch 100 µg Vitamin K ergänzt, so war der Effekt noch deutlicher: Durch das Vitamin K konnte auch im Bereich der Lendenwirbel eine erhöhte Knochendichte nachgewiesen werden [2]. In einer anderen Studie wurde über einen Zeitraum von sechs Monaten u. a. 100 µg Vitamin K2, 1 600 IE Vitamin D3 und 756 mg Calcium gegeben. Dadurch konnte eine deutliche Verbesserung der Knochendichte erzielt werden [3].
Auch die alleinige Gabe von Vitamin K wirkt sich positiv auf die Knochen aus: Bei 244 postmenopausalen Frauen führte die tägliche Einnahme von 180 µg Vitamin K2 zu einer deutlichen Verbesserung von Knochendichte und Knochenstärke [4]. Eine Übersichtsstudie bestätigt diese Ergebnisse: Eine Nahrungsergänzung mit Vitamin K2 (15–45 mg MK-4 pro Tag) senkte das Risiko für Knochenbrüche erheblich: für Wirbelfrakturen um 60 %, für Hüftfrakturen um 77 % und für sonstige Frakturen um 81 % [5].
Um den Abbau zu bremsen, gibt es die sogenannten Antiresorptiva. Eine Hormonersatztherapie (HRT) bedarf einer kritischen Abwägung der Vor- und Nachteile, die bessere Wahl ist womöglich ein selektiver Estrogenrezeptor-Modulator (SERM). Am verbreitetsten ist die Behandlung mit Bisphosphonaten (Alendronat, Risedronat, Ibandronat, Zoledronat). Bei gastrointestinalen Problemen gibt es die Option von Depot-Spritzen. Denosumab ist ein spezifischer Antikörper, der den Knochenabbau bremst. Die Langzeitbehandlung mit Antiresorptiva (einschließlich Denosumab und Bisphosphonate) kann aufgrund von signifikanter Suppression des Knochenumbaus zu einem erhöhten Risiko für unerwünschte Folgen beitragen, z. B. Kieferosteonekrosen und atypische Femurfrakturen.
Alternative Therapieformen
Osteoporose-Prävention beginnt mit der richtigen Ernährung. Empfohlen wird basische Kost mit viel Gemüse, wie Brokkoli, Lauch und Grünkohl, Sesam sowie calciumhaltiges Mineralwasser. Speziell auf den Knochen wirkt auch Genistein aus Sojaprodukten. Ungünstig sind dagegen Milchprodukte. Sie enthalten zwar viel Calcium, aber auch viel Phosphat und Protein und machen sauer, sodass das Calcium gar nicht in den Knochen aufgenommen werden kann. Auch zu viel Alkohol, zuviel Kaffee und Nikotinabusus schädigen den Knochen.
Patientinnen mit Osteopenie sollten auch phosphathaltige Nahrungsmittel meiden. Sie sind mit E338–341 und E450 gekennzeichnet. Dazu gehören Schmelzkäse, Weißbrot, Wurst und Fleisch sowie Cola-Getränke und Limonaden. Phosphat bindet Calcium, sodass es nicht in den Knochen eingebaut werden kann. Übrigens haben Vegetarier seltener Osteoporose als Mischköstler. Basen können auch als Nahrungsergänzungsmittel zugeführt werden, etwa als Brottrunk oder Basenpulver (Mischung aus Magnesium, Calcium, Kalium).
Eine ausreichende Zufuhr von Calcium, Vitamin D (die empfohlenen 400–800 IE Vitamin D sind viel zu wenig!) und Vitamin K2 (als Menaquinon-7), etwa als Öl oder Kapseln. Wichtig: Man muss die fettlöslichen Vitamine und Omega-3-Fettsäuren immer zusammen mit einer fetthaltigen Mahlzeit zu sich nehmen, damit die entsprechenden Enzyme die Nahrungsergänzungen verwerten können.
Anstelle von Calciumcarbonat empfehle ich Aar os vital, das Calcium aus der Kalkzone der Hühnereischale, mikronisiert, enthält (CKH). Ein Dragee enthält 440 mg pulverisierte Eischale (Putamen ovi). Empfohlen sind 3 × 2 Dragees. Dieser Wirkstoff regt die Osteoblasten direkt zum Kollagenaufbau an und stabilisiert den Knochen durch eine feste Kollagenstruktur. Dieser wird außerdem durch die speziell aufbereiteten mineralstoff- und spurenelementreichen Bestandteile der Eischale nachhaltig mineralisiert. Knochenstruktur, -dichte und -stabilität werden verbessert.
Kolostrum enthält Lactoferrin bei einer normalen Dosierung in einer ausreichend hohen Menge. Lactoferrin, der Eisentransporteur, spielt nicht nur eine bedeutsame Rolle im Kampf gegen Viren und Keime im Immunsystem, es wirkt sich auch unmittelbar auf die Knochendichte aus, indem es die Osteoblasten- und Osteoklasten-Aktivität reguliert, wie es normalerweise nur Wachstumsfaktoren tun. Und nicht vergessen: Bei Stress ist Magnesium wichtiger als Calcium.
Im Bereich der Phytotherapie gibt Equisetum Urtinktur (Ackerschachtelhalm) dem Stützgewebe Halt. Es kann mit der medikamentösen Therapie kombiniert werden. Aus der Mykotherapie gibt es Hinweise auf positive Effekte durch die Einnahme von Maitake und Agaricus, ggf. auch Coriolus morgens und mittags.
Die Homöopathie empfiehlt 3 Wochen lang Calcium phosphoricum D6, dann 3 Wochen lang Hekla lava D6 je 3 × täglich 1 Tablette oder 3 × täglich 1 Tablette Ranocalcin mit Calcium, Fluor, Eisen und Zink. Auch kombinierte Präparate mit Kieselsäure, Austernschalenkalk, Calciumhydrogenphosphat und Zubereitungen aus Pflanzen wie Kalmus, Ackerschachtelhalm, Stechpalme u. a. (Dil. D 6, HAB, V.2a) existieren. An Schüßler-Salzen eignen sich je 2 Tabletten täglich Calcium fluoratum D12 (Nr. 1), Calcium phosphoricum D6 (Nr. 2), Natrium chloratum D6 (Nr. 8), Silicea D12 (Nr. 11), Manganum sulfuricum D6 (Nr. 17), statt Calcium phosphoricum D6 (Nr. 2) auch Calcium carbonicum Hahnemanni D6 (Nr. 22). Zwischendurch Magnesium phosphoricum D6 (Nr. 7) in 1 Glas stillem Wasser auflösen und in kleinen Schlucken über den Tag verteilt trinken.
Bewegung als elementares Therapiekonzept
Mindestens genauso wichtig wie Ernährung und/oder Nahrungsergänzung ist die Bewegung. Um fest und stark zu bleiben, benötigt der Knochen immer neue Reize. Die erhält er über die Muskelaktivität. Dabei reagiert er besonders gut auf Druck und Zug, weshalb muskelaufbauende Übungen besonders wichtig sind. Aber auch andere Bewegungsübungen tun ihm gut. Zu nennen sind ebenfalls Haltungs-, Gleichgewichts- und Koordinationsübungen, die vor allem die Haltemuskeln wie Bauch- und Rückenmuskeln ansprechen und kräftigen. Aber auch die Bein- und Gesäßmuskeln sind für die Haltung und Gelenke wichtig.
Als ideal gilt es, sich täglich eine halbe Stunde an der frischen Luft zu bewegen (wo Sonnenstrahlen die Vitamin-D-Produktion anregen) und zusätzlich gezieltes Muskeltraining, etwa dreimal in der Woche 45 Minuten. Dazu müssen die Patientinnen nicht zwangsweise ins Fitness-Studio – obwohl dort natürlich die besten Bedingungen vorzufinden sind. Für Übungen zu Hause ist ein Thera-Band der ideale Trainingspartner – ein elastisches Gummiband, das sich für Kräftigungs- und Osteoporoseübungen ausgezeichnet eignet. Es sorgt für zusätzlichen Widerstand, gegen den die Muskeln ankämpfen müssen. Ein Trampolin – aus Sicherheitsgründen möglichst mit Haltefunktion – kräftigt die Knochen durch Aktivierung aller Muskeln.
Die Autorin
Prof. Dr. med. Ingrid Gerhard
Albert-Überle-Straße 11
69120 Heidelberg
1 Gröber U et al., Deutsche Apotheker Zeitung 2013; 153: 1518–1526
2 Kanellakis S et al., Calcif Tissue Int 2012; 90: 251–262
3 Michalek JE et al., Nutr J 2011; 10: 32
4 Knapen MH et al., Osteoporos Int 2013; 24: 2499–2507
5 Cockayne S et al., Arch Intern Med 2006; 166: 1256–1261
6 Scimeca M et al., Environmental Toxicology 2016; DOI 10.1002/tox.22327
Bildnachweis: wetcake, Liudmyla Klymenko (gettyimages); privat