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Fokus Naturmedizin

TCM, Physio-, Psycho- und Phytotherapie

Komplementärmedizinische Therapien bei Endometriose

Prof. Dr. med. Ingrid Gerhard und Dr. rer. nat. Reinhard Merz

12.12.2023

Bei Endometriose mit ausgeprägter Schmerzsymptomatik gilt die multimodale Schmerztherapie als Goldstandard. Dabei spielen komplementäre Verfahren wie Akupunktur, Physiotherapie und Phytotherapie eine wichtige Rolle. Dieser Beitrag stellt die wichtigsten komplementärmedizinischen Ansätze vor.

Endometrioseschmerzen können oft nicht befriedigend behandelt werden. Teilweise zeigen die ­medikamentösen Ansätze nicht die gewünschte Wirkung, teilweise treten nicht tolerierbare Nebenwirkungen auf oder sie können bei Kinderwunsch wegen der kontrazeptiven Wirkung nicht eingesetzt werden.

Patientinnen können lernen, ihre Symptome zu lindern. Und sie können auslösende bzw. begünstigende Faktoren verringern sowie den gesamten ­Organismus stärken. Das fängt mit der Ernährung an. Koffein und Alkohol begünstigen die Entstehung der Krankheit, Patientinnen sollten sich diesbezüglich einschränken. Auch Fast Food mit einem hohen Anteil an Zucker und tierischen Fetten sollte möglichst selten auf dem Speiseplan stehen. Eiweiß aus Milch, Käse und Joghurt kann ebenfalls problematisch sein. Betroffene sollten auf einen hohen Anteil an Ballaststoffen achten, denn Vollwertkost wirkt Entzündungen entgegen, und viel Frischkost enthält u. a. auch Enzyme, die helfen können, eine bereits bestehende Endometriose einzudämmen.

Als Nahrungsergänzungsmittel eignen sich Omega-3-Fettsäuren in Form von Fisch-, Algen-, Schwarz­kümmel-, Borretschsamen- oder Nachtkerzenöl. Auch B-Vitamine, Zink, Selen und Mangan können einen positiven Einfluss auf die Symptome haben. Da auch das Mikrobiom des Darms offensichtlich eine Rolle spielen kann, haben auch Präparate zur orthomolekularen Darmpflege mit Dünndarm-Symbionten (z. B. Reha1, ODS1A und ODS2 von hypo-A) schon viele Endometriose-Patientinnen beschwerdefrei gemacht. Sie bekämpfen damit eine erhöhte ­Aktivität von freien Radikalen, die Zellen schädigen können. Ergänzt ­werden kann diese Behandlung durch Magnesium für das vegetative Nervensystem und antientzündlich wirkendes Curcumin.

Eine systemische Enzym­therapie kann nach der Operation oder bei Verdacht auf Verwachsungen erwogen werden, erfordert aber eine Therapiedauer von mindestens 6 Monaten.

Patientinnen können lernen, durch Lebensstiländerungen ihre Symptome zu lindern.

Phytotherapie

Die in Weihrauch enthaltene Boswelliasäure unterstützt das Immunsystem und bekämpft Entzündungen. Im Tierversuch konnte Cannabis (täglich 2 mg pro Körpergewicht Tetrahydrocannabinol) die Schmerzen bei Endometriose deutlich verbessern und die Geschwindigkeit der Ausbreitung von ­Endometriose reduzieren. Deshalb wurde jetzt in Spanien eine ­Studie zu Cannabis und ­Endometriose gestartet.

Ähnlich wie bei den Myomen bietet sich die Kombination aus Kräutermixturen an (Eigenrezepturen ­Eisbär-Apotheke, www.eisbaerapotheke.de):

∙ Kräutermixtur 103 Anserina mit Anserina, Schaf­garbe, Storchenschnabel, Ringelblume, Schwarznessel, Wiesenknopf in Alkohol 20 %. Dosierung: 2 × täglich 20 Tropfen zusammen mit:
∙ Kräutermixtur 110 Graviola mit Graviola, Rhodiola, Kapuzinerkresse, Jiaogulan, Maquibeere, Wie­sen­knopf, Katzenkralle, Alant, Traganthwurzel in Alkohol 20 %. Damit wird das überschießende Immunsystem auf ein Normalmaß abgesenkt, Blutungen und Unterleibskrämpfe werden reduziert und verschiedene Heilkräuter stärken und bauen auf. Dosierung: abends 2–3 Sprüh­stöße.

Auch die Behandlung mit chinesischen Kräutern kann effektiv sein und zeigt zum Teil weniger Nebenwirkungen als schulmedizinische Therapien [1].

Tierexperimentelle Studie zeigen in vitro und in vivo eine Reduktion der Endometrioseherde und Beschwerden nach Verabreichung von Grüntee-Extrakt-Kapseln. Der Einsatz von Epigallocatechingallat (EGCG) könnte eine kostengünstige und nebenwirkungsarme Therapieform bei Endometriose sein. Gleiches gilt für Mykotherapie mit Maitake und ­Coriolus, Shiitake oder Cordyceps.

In der Homöopathie gibt es vor allem für die Konstitutionsbehandlung Hinweise auf Erfolge bei ­Endometriose. Allerdings sollte vorher durch die operative Therapie möglichst viel von der Endometriose entfernt worden sein. Dann lassen sich Beschwerden lindern, die Lebensqualität steigt. Schwangerschaften treten spontan ein. Wegen der Schwere der ­Erkrankung und des chronischen Verlaufs ist von einer Eigenbehandlung mit Komplexmitteln abzuraten.

Leistungssport senkt den Estrogenspiegel und den Körperfettanteil und damit das Risiko einer Erkrankung. Schon wer regelmäßig leichten Ausdauersport treibt, ist seltener von Endometriose betroffen als Couchhocker. Patientinnen sollten auch eine Entspannungstechnik erlernen, etwa die progressive Muskelrelaxation nach Jacobson. Da viele Umweltgifte eine endokrine Wirkung entfalten können, sollte überprüft werden, ob eine Patientin besonders von Umweltgiften belastet ist, ggf. sollte die Situation entschärft werden.

Traditionelle chinesische Medizin

Die traditionelle chinesische Medizin (TCM) gilt als wirksame Behandlung einer schmerzhaften Dysmenorrhoe und prämenstrueller Beschwerden [2]. Durch Akupunktur wird die Opioidproduktion und -ausschüttung des Körpers stimuliert und der Endorphinspiegel beeinflusst, was wiederum die hormonelle Steuerung des Eierstocks verändern kann. Dies führt zu Atrophie und Regression von ektopem Endometrium [3]. ­Akupunktur kann wahrscheinlich bei leichter Erkrankung eine Besserung ohne Operation erzielen, obwohl die Evidenz hier noch limitiert ist [4]. Bei schwerer Form eignet sie sich für die Nachbehandlung.

Sowohl im Frühstadium als auch nach der Entfernung der Herde ist eine Neuraltherapie sinnvoll. Alle 1–2 Wochen sollte eine Behandlung stattfinden, zunächst Quaddelungen der gynäkologischen Segmente, dann folgt die Ganglientherapie, also die Behandlung der Nervenknoten, und schließlich die Störfeldsuche. Nach 3–4 Anwendungen sollten Erfolge sichtbar sein, ansonsten Therapie beenden, wenn sich kein nachweisbarer Effekt einstellt.

Die systemische Autoregulationstherapie (SART) kombiniert die TCM mit Hypnotherapie. In einer kleinen Studie mit knapp 50 Patientinnen hatten Stärke und Dauer der Unterleibsschmerzen im Lauf dieser Kombinationsbehandlung deutlich abgenommen (auf einer Schmerzskala von 0 bis 10 um durchschnittlich 5 Punkte). Der Anteil an Patientinnen, die immer oder sehr häufig Schmerzmittel benötigten, war von 60 % auf 22 % gesunken [5].

Psycho- und Physiotherapie

Ein wichtiger Bestandteil der komplementären Therapie ist die Berücksichtigung der psychischen Belastung durch die Endometrioseerkrankung. Ergänzende psychotherapeutische Behandlungen sind nicht nur sinnvoll, sondern in vielen Fällen aufgrund des hohen Leidensdrucks auch dringend angeraten [6]. Psychoemotionaler Stress und das Symptom der Gefühlsblindheit (Alexithymie) treten bei Endometriose-Patientinnen gehäuft auf und können die Schmerzsymptomatik verstärken [7].

Mäßiger Ausdauersport hat einen positiven Einfluss auf viele Körperfunktionen, u. a. auf das Immunsystem. Für Endometriose-Patientinnen ist regelmäßige, körperliche Bewegung besonders wichtig, weil sie die Schmerzgrenze nach oben verschiebt und so  hilft, mit den Schmerzen umzugehen. Empfohlen werden Wandern, Radfahren, Walking, Schwimmen und Tanzen, oder einfach ein Spaziergang in der Natur [8].  Bewegungs- und Entspannungstechniken wie Yoga, Tai-Chi oder Qigong können ebenfalls hilfreich sein. Eine Physiotherapie speziell des Beckenbodens kann dabei helfen, anfängliche Schwierigkeiten bei ausgedehnteren Bewegungseinheiten zu überwinden.

Die Schmerzen bei Endometriose können vielfältige Ursachen haben. Dazu gehören Endometrioseherde, Entzündungen, Befall der Beckenbodenbänder, Nervenirritationen, Nervenverletzungen und Muskelverspannungen. Bei Endometriose-Patientinnen ist ein hypertoner Beckenboden die Regel, ausgelöst durch die ständigen Schmerzen. Die Physiotherapie kann helfen, die Beweglichkeit zu fördern und Schmerzen zumindest vorübergehend zu lindern. Durch geeignete Übungen können sich auch die Darmbeweglichkeit und die Blasenproblematik verbessern [8].

1 Flower A et al., Cochrane Database Syst Rev 2009; CD006568
2 Lin PY et al., Evid Based Complement Alternat Med 2014; 11: 460386
3 Han YF et al., J Tradit Chin Med 2009; 29: 64–70
4 Zhu X et al., Cochrane  Database Syst Rev 2011; CD007864
5 Meissner K et al., Forsch Komplementmed 2010; 17: 314-320
6 Braun J et al., Gynäkologe 2014; 48: 237–42
7 Cavaggioni G et al., BioMed Res Int 2014; 5: 786830
8 Becherer E, Ringeisen P, Physiotherapie. In: Becherer E; Schindler AE (Hrsg.) 2023. Endometriose ganzheitlich verstehen und behandeln. 4., erweiterte und überarbeitete Auflage

Bildnachweis: Abert84 (gettyimages)

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