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Allgemeinmedizin

Regulatorische Immunzellen

Die gestörte Immuntoleranz bei Typ-1-Diabetes

Prof. Dr. phil. nat. Carolin Daniel

30.9.2022

Regulatorische T-Zellen schützen körpereigene Strukturen und tragen so zur Immuntoleranz bei. Bei der Entstehung von Typ-1-Diabetes werden ihre Entwicklung und Stabilität beeinträchtigt. Welche Mechanismen führen dazu und wie lassen sie sich durchbrechen?

 Eine zentrale Aufgabe des Immunsystems ist die Aufrechterhaltung der Immuntoleranz, was eine ständige, komplexe Regulation des Immunsystems erforderlich macht. Auf zellulärer Ebene wird die Immuntoleranz vor allem durch eine Subpopulation von T-Zellen gewährleistet: Regulatorische T-Zellen (Treg), welche durch die Expression des Transkriptionsfaktors Foxp3 (forkhead box protein 3) gekennzeichnet sind, können gezielt und hocheffizient die Funktion anderer Immunzellen unterdrücken. Diese Mechanismen sind insbesondere von Bedeutung, um autoreaktive Immunzellen zu hemmen und so die Entstehung von Autoimmunerkrankungen wie Typ-1-Diabetes (T1D) zu verhindern.

Während der Entstehung von T1D sind Treg in ihrer Funktion eingeschränkt, was dazu führt, dass die Treg-vermittelten Toleranzmechanismen nicht hinreichend greifen und in der Folge autoreaktive Immunzellen die Betazellen im Pankreas zerstören. Diese Treg-Beeinträchtigungen treten schon im Stadium der Inselautoimmunität, einer präsymptomatischen Phase vor dem Auftreten von klinischen Symptomen, auf. Mehrere kürzlich durchgeführte Studien konnten zeigen, dass Induktion, Stabilität und Funktion von Treg betroffen sind. Die jeweiligen molekularen Grundlagen, die zu diesen Einschränkungen beitragen, sind aber noch unzureichend erforscht.

MicroRNA und Immunregulation

Um diese Wissenslücke zu schließen, haben Forscher des DZD in drei umfangreichen Studien eine mögliche Rolle von MicroRNA (miRNA) für die Regulation von Treg und die gestörte Immuntoleranz im Verlauf von T1D untersucht. miRNA gehören zur Klasse der kleinen nicht codierenden RNA („small non-coding RNA“, sncRNA) und sie steuern die Expression von zahlreichen spezifischen Zielgenen durch komplementäre Bindung der entsprechenden Bindesequenz der jeweiligen mRNA. Die Erhebung umfassender miRNA-Expressionsprofile in CD4+-T-Zellen von ­Kindern mit und ohne Inselautoimmunität unter Verwendung unterschiedlicher Methoden ergab eine veränderte Expression zahlreicher miRNA unter ­Einfluss der Inselautoimmunität. Hierauf aufbauend konnte ein direkter Zusammenhang zwischen der Hochregulation einzelner miRNA (miR181a [1], miR92a [2], miR142-3p [3]) in T-Zellen, einer Veränderung der nachgeschalteten Signalwege und der beeinträchtigten Induktion und Stabilität von Treg im Zusammenhang mit Inselautoimmunität nachgewiesen werden.

miRNA-Modellierung als Intervention

Die gezielte Inhibierung der identifizierten miRNA hatte in Pilotstudien eine verbesserte Treg-Induktion und -Stabilität in vitro zur Folge und führte zu einer verminderten Infiltration des Pankreas durch Immunzellen in T1D-Mausmodellen (Abb.).

Trotz dieser vielversprechenden Erkenntnisse sind noch entscheidende Weiterentwicklungen dieser Therapieansätze nötig, um miRNA-Modulation zur Stärkung von Treg und damit zur Reduktion der Inselautoimmunität zu nutzen. Insbesondere innovative Ansätze zur gezielten und selektiven Abgabe von miRNA-Inhibitoren an die gewünschte Zellpopulation im jeweiligen Zielorgan stehen hier im Fokus, um sowohl ein optimales Wirkungs- als auch Sicherheitsprofil solcher Strategien sicherzustellen. Um diese Hürden zu überwinden, sind unter anderem Nanopartikel von Interesse, welche eine selektive Abgabe der miRNA-Inhibitoren an die relevanten Zelltypen, also insbesondere Treg, ermöglichen sollen. Um außerdem zukünftige Behandlungsansätze möglichst effizient und frei von Nebenwirkungen gestalten zu können, ist es von großem Interesse, die spezifische miRNA-Modulation auf die jeweiligen Zielorgane der Erkrankung zu beschränken. Auch hier wird an neuartigen, auf Nanopartikeln basierenden Konzepten gearbeitet, welche die einzigartigen Oberflächensignaturen der entsprechenden Zellen im Zielorgan nutzen. Diese, aktuell noch in der Entwicklung befindlichen Konzepte, ermöglichen so die gezielte Modulation von krankheitsrelevanten miRNA in ausgewählten Zelltypen im entsprechenden Zielorgan.

Ein weiterer, unabhängiger Forschungsansatz zielt darauf ab, die miRNA-Modulation möglichst effizient auf die an der Entstehung der Inselautoimmunität beteiligten T-Zell-Population zu beschränken. Hierzu werden entsprechende miRNA-Inhibitoren gezielt an T-Zellen abgegeben, die spezifisch für Diabetes-relevante Autoantigene wie Insulin sind. In dieser neuartigen Strategie sollen also gezielte miRNA-Modulation und antigenspezifische Treg-Induktion kombiniert werden, um so noch effizienter die überschießende Immunreaktionen zu beschränken und die Immunregulation zu stärken.

Veränderte miRNA-Expression trägt direkt zu Treg-Beeinträchtigungen und somit zur Entstehung von Inselautoimmunität bei. Die gezielte Modulation von miRNA in den relevanten Zellpopulationen im jeweiligen Zielorgan ist ein vielversprechender Ansatz für zukünftige Interventionsstrategien, um die Entstehung von Typ-1-Diabetes zu verlangsamen oder sogar ganz zu verhindern.

Die Autorin

Prof. Dr. phil. nat. Carolin Daniel
Institut für Diabetesforschung
Gruppe Immuntoleranz in Typ-1-Diabetes
Helmholtz Zentrum München

carolin.daniel@helmholtz-muenchen.de

  1. Serr I et al., Sci Transl Med 2018; doi.org/10.1126/scitranslmed.aag1782
  2. Serr I et al., Proc Natl Acad Sci USA 2016; doi.org/10.1073/pnas.1606646113
  3. Scherm MG et al., Nat Commun 2019; doi.org/10.1038/s41467-019-13587-3
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Bildnachweis: privat

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