Wechselwirkungen von Medikamenten können den Therapieerfolg erheblich beeinträchtigen und zu schwerwiegenden Nebenwirkungen führen. Umso wichtiger ist ein Wechselwirkungs-Check vor der Verordnung. In der dermatologischen Praxis zunehmend bedeutsam werden auch Arzneimittelinteraktionen mit Cannabis.
Bei der Verordnung von dermatologischen Systemtherapeutika sei ein wichtiger Aspekt der Arzneimittelsicherheit, etwaige Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten zu berücksichtigen, betonte Prof. Dr. med. Thomas Dirschka (Wuppertal) bei seinem Vortrag auf dem Derma-Update 2024. Dies sei gerade bei oft polypragmatisch therapierten älteren Menschen von besonderer Bedeutung. Manche Wechselwirkungen könnten sogar lebensbedrohlich werden. So bestehe bei einer gleichzeitigen Therapie mit Isotretinoin und Statinen oder Fibraten aufgrund einer Erhöhung der Kreatinkinase (CK) die Gefahr einer Rhabdomyolyse (Tab.).
Den Fachinformationen sind in der Regel zahlreiche Wechselwirkungen zu entnehmen. Im Praxisalltag können auch im Internet verfügbare Wechselwirkungs-Checks wichtige Hinweise geben, so Dirschkas Empfehlung.
Wechselwirkungen von systemischen Antimykotika beachten
Relevante Wechselwirkungen sind beispielsweise bei den häufig in der Dermatologie eingesetzten systemischen Antimykotika zu beachten. So darf Itraconazol nicht mit Statinen wie Simvastatin oder Lovastatin kombiniert werden, da auch hier das Risiko einer Rhabdomyolyse besteht. Alternativ könne hier ein Wechsel auf ein Statin wie Pravastatin oder Rosuvastatin erwogen werden, die weniger Einfluss auf das Enzym CYP3A4 haben, erklärte Dirschka. Auch Fluconazol kann angewendet werden, wenn die Statindosis angepasst wird. Wenn sowohl Itraconazol als auch Isotretinoin eingenommen werden, ist eine Überwachung unter anderem der CK-Werte sinnvoll. Itraconazol kann außerdem den Metabolismus von Calciumantagonisten hemmen.
In der Praxis sollte auch nach Gerinnungshemmern gefragt werden, empfahl Dirschka. Vorsicht geboten ist bei DOAKs (direkt wirkende orale Antikoagulanzien), wie dem Faktor-Xa-Hemmer Apixaban, oder Phenprocoumon und der Einnahme von Itraconazol.
Vor Kombination von Systemtherapeutika empfiehlt sich eine genaue Medikamenten- und Konsumanamnese.
Terbinafin darf nicht mit den Betablockern Metoprolol oder Propranolol kombiniert werden. Mögliche Alternativen sind Atenolol, das kaum abhängig von CYP2D6 ist, oder als zweite Wahl auch Nebivolol, mit ebenfalls nur geringer Affinität zu CYP2D6.
An Interaktionen mit Cannabis denken
Zunehmend von dermatologischer Relevanz sei auch der Konsum von Cannabis, der besorgniserregend weitverbreitet sei, sagte Dirschka. Ein chronischer Konsum kann zu kognitiven Einschränkungen führen, und das Risiko für die Entstehung von Angststörungen, Depressionen und schizoaffektiven Erkrankungen ist relevant erhöht. Darüber hinaus kann es zu Auswirkungen an der Haut kommen. So fördert Cannabis die Entwicklung einer Akne, indem Seborrhö und Keratinozytenproliferation im Akroinfundibulum verstärkt werden. Auch eine sogenannte Kush-Skin, das heißt eine ichthyosisforme Schuppung durch eine Xerosis cutis, kann sich entwickeln. Vor allem im Gesichtsbereich kann eine erhöhte Vasodilatation zu einem Erythem und einer Verschlechterung einer vorbestehenden Rosazea führen. Darüber hinaus wird durch oxidativen Stress und eine Kollagendegeneration die Hautalterung beschleunigt.
Aber auch die Auswirkungen von Cannabis auf dermatologische Systemtherapien sollten beachtet werden, riet Dirschka. Die Interaktionen mit Cannabis basieren größtenteils auf dessen Auswirkungen auf das Cytochrom-P450-Enzymsystem sowie auf immunsuppressiven und potenziell leberschädigenden Effekten. So kann bei der Behandlung mit Ciclosporin oder Methotrexat der Konsum von Cannabis das hepatotoxische Risiko aufgrund einer Beeinflussung von CYP3A4 deutlich steigern. Außerdem kann Cannabis über eine Beeinflussung von CYP3A4 die Wirkkonzentration von Azathioprin und damit das Risiko für Nebenwirkungen erhöhen, u. a. für eine Myelosuppression. Bei der Therapie mit Biologika verstärkt Cannabis indirekt das immunsuppressive Potenzial und damit das Infektrisiko. Cannabis spielt außerdem nicht nur als Triggerfaktor der Akne eine Rolle – bei Einnahme von Isotretinoin wird durch die Droge zudem das Risiko für Hepatotoxizität erhöht, warnte Dirschka.
Bei einer Behandlung mit Kortikosteroiden kann Cannabis durch eine Beeinflussung von Cytochrom P450 sowohl eine Wirkverstärkung als auch -verringerung induzieren. Bei der Einnahme von Antihistaminika – auch solchen, die nicht müde machen – kann es durch den Konsum von Cannabis zu einem deutlichen sedativen Effekt kommen.
In Anbetracht der weiten Verbreitung des Cannabiskonsums in der Bevölkerung und den relevanten dermatologischen Auswirkungen sollten insbesondere Jugendliche explizit nach ihrem Konsum befragt und bezüglich ungünstiger Effekte aufgeklärt werden, empfahl Dirschka.
Vortrag „Hot topic: Haut und Innere” anlässlich des 18. Derma Updates, November 2024
Literatur bei der Autorin