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Dermatologie

Mykologie

Pilzinfektionen unter Immunsuppression

Dr. med. Viktor A. Czaika

23.5.2025

Die zumeist opportunistischen Erreger von Pilzinfektionen nutzen begünstigende Prädispositionen, daher gelten Mykosen gemeinhin als Erkrankungen der Kranken und Schwachen. Ihr Auftreten sollte gerade bei schwerer Ausprägung an eine Immundefizienz denken lassen und zur weiteren Abklärung führen.

Anthropophile Dermatomykosen der Haut und der Nägel, die Schimmelpilzinfektion des äußeren ­Gehörgangs und vor allem Candidosen der Haut und Schleimhäute zählen zu den wichtigsten ­Dermatomykosen immunologisch geschwächter Menschen. Insbesondere bei ausgeprägter zellulärer Immun­defienz, z. B. bei HIV / AIDS oder bei hämato­onkologischen Neoplasien, können Hefepilze und Schimmelpilze zu potenziell lebens­bedrohlichen ­Organcandidosen führen.

Rezidivierende Balanitis candidomycetica bei HIV-Infektion

Ein 32-jähriger Patient stellt sich mit einer persistierenden Entzündung am Penis vor. Diese bestehe seit etwa 2 Monaten. Aufgrund einer Tätigkeit im Konzertmanagement sei der Patient viel unterwegs und habe daher bislang keinen Arzt aufsuchen können. Die Eigenbehandlung mit Panthenol, Teebaumöl und Aloe-vera-haltigen Cremes habe nicht geholfen. ­Allgemein beklagt er eine gewisse Abgeschlagenheit und auch Nachtschweiß, was er aber mit dem sehr fordernden Arbeitsalltag und Schlafmangel verbindet. Er lebe in einer „offenen Beziehung“.

Dermatologischer Befund

An der Glans penis sind mehrere erosive Defekte mit randständigem weißlichem Saum zu erkennen (Abb. 1). Inguinal beidseits, aber links führend, fallen palpable schmerzlose Lymphknotenschwellungen auf.

Diagnostik

Paraklinik: Lymphozyten 0,89 G/l, Leukozyten 2,9 G/l, Thrombozyten 135 G/l. Das übrige Blutbild, Leber- und Nierenwerte sowie die restlichen Routinelaborparameter sind unauffällig.

Infektionsserologie: HIV-Ak-Blot I. S. positiv +, gp120 +, gp41 +, p51 +, p24 ++, HIV1/2-Ak/p24 Ag i. S. reaktiv (++).

Mikrobiologie: Bakteriologisch zeigen sich im ­Abstrich der Glans penis (E+R) Escherichia coli (+) und Enterokokken (+).

Mykologisch lassen sich im Abstrich der Glans Penis Candida albicans +++, im Abstrich der Mundschleimhaut Candida albicans ++ und im Abstrich des Stuhls Candida albicans +++ und Candida tropicalis + nachweisen.

Therapie und Verlauf

Entsprechend den erosiven Läsionen mit der ­charakteristischen „Collerette“-Schuppung und den Satellitenläsionen ist schon als Blickdiagnose eine Balanitis candidomycetica zu vermuten. Auffällig sind jedoch die ausgeprägt erosiven Defekte und auch die Chronizität der Läsionen. Zusätzlich sind die deutlich palpable Lymphadenopathie und auch das etwas reduzierte Allgemeinbefinden auffällig. Daher erfolgt eine Labordiagnostik, in deren Ergebnis sich eine Lymphozytopenie und im Weiteren eine bislang unbekannte HIV-Infektion ergeben. In der Mikrobiologie gelingt der Nachweis von Candida ­albicans, wodurch der klinische Verdacht der genitalen Hefepilzinfektion gesichert wird. In Abstrichen von Mundschleimhaut und Stuhl kann eine reichliche Kolonisation mit überwiegend Candida albicans nachgewiesen werden.

Noch vor Erhalt der Befunde wird zunächst eine kombinierte antiinfektiv-antinflammatorische Lokaltherapie mit einer Fixkombination aus Flupredniden und Miconazol in zweimal täglicher Anwendung eingeleitet. Hefepilzinfektionen – wie im vorliegenden Fall gleich anfänglich vermutet – weisen eine erhebliche Entzündungsreaktion auf, die durch das effektive Klasse-II-Steroid Flupredniden adressiert wird. Das Breitspektrumantimykotikum Miconazol weist eine hervorragende Wirksamkeit gegen Hefen und Dermatophyten auf. Da es gleichzeitig mit hoher therapeutischer Breite gegen grampositive Bakterien wirksam ist, wäre auch eine bakterielle Balanitis adäquat therapiert worden. Unter der Therapie kann die genitale Pilzinfektion nahezu vollständig zurückgedrängt werden.

Entsprechend der Laborergebnisse mit der Erstdia­gnose der HIV-Infektion und ausgedehnter orointestinaler Candida-Kolonisation wird eine orointestinale Darmdekontamination mit lokal-enteralem Ampho­tericin B eingeleitet und der Patient dringlich in eine spezialisierte Schwerpunktpraxis für HIV / AIDS überwiesen. Dort wird eine kombinierte antiretrovirale Therapie eingeleitet.

Diskussion

Candida albicans ist der wichtigste Erreger der ­Hefepilzmykosen. In Abhängigkeit von systemischen und lokalen Prädispositionen reicht das Spektrum seiner Interaktion mit dem menschlichen Organismus von der harmlosen Haut- und Schleimhaut­besiedelung über die lästige Haut- und Schleim­hautcandidose bis hin zur potenziell tödlichen Systemcandidose mit Organbefall (Abb. 2).

Insbesondere das Lebensalter, aber auch Grunderkrankungen mit Defizienz der zellulären Immunität begünstigen Hefepilzinfektionen. Die Betroffenen sind „very young, very old or very sick“. Der Gastrointestinaltrakt ist wichtigstes Erregerreservoir sowohl für die genitale Manifestation als auch für eine ­Systeminfektion. Zahnprothesen sind erfahrungsgemäß besonders hartnäckig von Candida albicans besiedelt. Bei hospitalisierten Patientinnen und ­Patienten stellen Plastik-Verweilkathetersysteme die zweite wesentliche Systeminfektionsquelle dar. Oft werden hier die zur Therapieresistenz neigenden Non-Candida-albicans-Spezies wie Candida ­glabrata und Candida tropicalis nachgewiesen.

Candidosen der Mundschleimhaut und der Haut ­zählen zu den frühen Hinweisen auf eine zelluläre Immundefizienz (CD4-T-Zellen < 200/µl) und gehören zu den frühen AIDS-Indikatorerkrankungen. Die ­ösophageale, tracheobronchiale oder pulmonale ­Candidose zählen zu den AIDS-Indikatorkrankheiten.

Immunsuppression begünstigt die Entstehung von relevanten Pilzinfektionen. Insbesondere die zelluläre Immundefizienz wie bei HIV oder bei hämato­onko­logischen Neoplasien stellt eine Prädisposition für mukokutane, kutane und systemische Candidosen dar. Die Hefepilzinfektionen gelten bei der HIV-Infektion als Indikatordermatose.

Frühe und lokalisierte Hautinfektionen sollten wegen der starken Inflammation inital immer mit einer Kombination aus potentem Steroid und Antimykotikum behandelt werden. Bei paraklinisch ausgeprägter Lymphopenie sollte eine systemische antimykotische Behandlung mit Fluconazol erfolgen.

Der Experte

Dr. med. Viktor Alexander Czaika
Facharzt für Dermatologie,
Venerologie und Innere Medizin
Bruno-Bügel-Weg 16
12439 Berlin

viktor.czaika@gmx.de

Literatur beim Experten

Bildnachweis: privat

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