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Allgemeinmedizin

Chronische Pankreatitis

Oft wird zu lange konservativ therapiert

Prof. Dr. med. Oliver Strobel, Prof. Dr. med. Markus Büchler

Starke Oberbauchschmerzen und durch lokale Komplikationen bedingte Beschwerden begleitet von exokrinem und endokrinem Funktionsverlust stehen bei der chronischen Pankreatitis im Vorder­­­grund. Bei Beschwerdepersistenz unter konservativer symptomatischer Primärtherapie werden die Patienten meist über lange Zeit endoskopisch behandelt, obwohl es Level-1-Evidenz für die Überlegenheit und hohe Effektivität der chirurgischen Therapie gibt.

Die chronische Pankreatitis (CP) ist eine Erkrankung der Bauchspeicheldrüse, bei der durch rezidivierende Entzündungsschübe das Pankreasparenchym durch fibrotisches Bindegewebe ersetzt wird. Dies ist verbunden mit einem Verlust der exokrinen und endokrinen Pankreasfunktion sowie mit dem Auftreten lokaler Komplikationen wie Pseudozysten, Pankreasgangstenosen, Gallengangstenosen, Duodenalstenosen, Pfortaderstenosen und portaler Hypertension (Abb.).[1] Das Hauptsymptom der CP sind starke in Schüben auftretende chronische Oberbauchschmerzen, die zu einer schweren Einschränkung der Lebensqualität oft bis hin zur Berufsunfähigkeit führen. Die Schmerzen treten infolge der lokalen Komplikationen der CP auf, aber auch infolge einer neuralen Inflammation und Hypertrophie (neu­ro­pathischer Schmerz).[2] Ätiologisch ist in Mitteleuropa ein Alkoholabusus für 70–90 % der Erkrankungsfälle verantwortlich.[3] Es besteht ein Zusammenhang zwischen Menge und Dauer des Alkoholabusus. Ein zusätzlicher Nikotinabusus erhöht das Erkrankungsrisiko und beschleunigt den Erkrankungsverlauf. Es ist anzunehmen, dass in vielen der bis zu 30 % als idiopatisch eingestuften Erkrankungsfälle eine genetische Prädisposition eine Rolle spielt. Mutationen im SPINK1- und CFTR-Gen sind Risikofaktoren für eine CP. Drei Mutationen im kationischen Trypsinogen-Gen führen zur seltenen here­ditären CP. Die Diagnosestellung einer CP kann anhand der typischen klinischen Symptomatik, einem exokrinen Pankreasfunktionstest (z. B. Stuhl-Elastase) und typischen Veränderungen in der Bildgebung erfolgen. Zur Bildgebung wird primär die Sonografie eingesetzt. Zur morphologischen Klassifizierung und Identifikation lokaler Komplikationen ist insbesondere bei der klinisch schweren CP eine Schnittbildgebung zu empfehlen. Dann ist aus chirurgischer Sicht eine Computertomografie zu bevor­zugen, wegen der besseren Visualisierung der häufigen und therapeutisch relevanten Parenchymverkalkungen und Gangkonkremente.

Symptomatische Therapie

Eine kausale Therapie der CP gibt es bisher nicht. Eine Alkohol- und Nikotinabstinenz kann das Fortschreiten der Erkrankung verzögern und sollte den Patienten unbedingt empfohlen werden. Die Basis der primär konservativen Therapie ist eine Schmerztherapie nach dem WHO-Stufenschema und eine Substitution der exokrinen und endokrinen Insuffizienz und konsekutiver Mangelerscheinungen. Kommt es hierunter nicht zu einer ausreichenden Schmerzlinderung oder liegen dauerhafte analgetikapflichtige Schmerzen vor, sollte eine endoskopische oder chirurgische Therapie erfolgen.[3] In diesen Fällen liegen häufig lokale Komplikationen mit Obstruktion vor (Abb.), die adressiert werden müssen. Prinzipiell stehen hierfür endoskopisch-interventionelle und chirurgische Verfahren zur Verfügung. Während endoskopische Verfahren kurzfristig weniger invasiv sind und bei Pankreas-, Gallengang- und Duodenalstenose durch Stenteinlagen auch kurzfristig zu einer effektiven Dekompression und entsprechender Symptomkontrolle führen können, ist die endoskopische Therapie, außer in der Therapie von Pseudozysten, langfristig meist nicht effektiv. Beobachtende Studien zeigten, dass eine endoskopische Dekompression des Gallengangs insbesondere beim Vorliegen von Verkalkungen, wie sie bei alkoholischer CP meist bestehen, nicht langfristig erfolgreich ist.[4] In einer randomisiert kontrollierten Studie war die endoskopische Therapie (Stenting in dreimonatigen Intervallen) einer Drainageoperation bezüglich der Effektivität signifikant unterlegen (32 vs. 75 % Schmerzfreiheit und -reduktion).[5] Auch im 5-Jahres-Verlauf war die Chirurgie besser: nach Drainageoperation brauchten 95 % der Patienten keine weitere Therapie, nach Endos­kopie nur 32 %.[6] Da die CP meist im Pankreaskopf betont ist, kommen in der chirurgischen Therapie bevorzugt Pankreaskopfresektionen zum Einsatz.[1] Eine große multizentrische randomisiert-­kontrollierte Studie zeigte eine vergleichbar hohe Effektivität und Sicherheit der duodenumerhaltenden Pankreaskopfresektion und der partiellen Duodenopankreatektomie (Operation nach Kausch-Whipple).[7] Beide Verfahren waren mit einer vergleichbar stark verbesserten Lebensqualität und effektiver Schmerzreduktion verbunden.[7] Steht bei CP der Verdacht auf ein Pankreaskarzinom im Raum, sollte eine onkologische Resektion erfolgen.

Trotz guter Evidenz für eine hohe Effektivität der Chirurgie und für eine Überlegenheit der Chirurgie vs. der endoskopischen Intervention werden die meisten Patienten nach wie vor viel zu lange endoskopisch behandelt. Dies bedeutet, dass diesen Patienten die Chirurgie als effektivste Therapie vorenthalten wird. Es bleibt zu hoffen, dass die aktuell in der Entwicklung befindlichen neuen interdisziplinären Leitlinien unter Beachtung dieser Evidenz klare Empfehlungen für eine frühzeitige Operation aussprechen.

Der Autor

Prof. Dr. med. Oliver Strobel
Stellv. ärztlicher Direktor
Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Transplant­ationschirurgie Universitätsklinikum Heidelberg

oliver.strobel@med.uni-heidelberg.de

Der Autor

Dr. med. Markus Büchler
Ärztlicher Direktor
Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Transplant­ationschirurgie Universitätsklinikum Heidelberg

markus.buechler@med.uni-heidelberg.de

[1] Strobel O et al., Int J Surg 2009; 7(4): 305–312
[2] Ceyhan GO et al., Gastroenterology 2009; 136(1): 177–186
[3] Hoffmeister A et al., Z Gastroenterol 2015; 53(12): 1447–1495
[4] Kahl S et al., Am J Gastroenterol 2003; 98(11): 2448–2453
[5] Cahen DL et al., N Engl J Med 2007; 356(7): 676–684
[6] Cahen DL et al., Gastroenterology 2011; 141(5): 1690–1695
[7] Diener MK et al., Lancet 2017; 390(10099): 1027–1037

Bildnachweis: marina_ua (iStockphoto); IrfanView, Klaus Landry, Angelika Loeffler; privat

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