Endokrine Therapien wirken bei Brustkrebs oft lebensverlängernd, haben für die Patientinnen aber einen hohen Preis: Die hormonablative Therapie führt in vielen Fällen zu vaginalen Beschwerden. Hormonfreie pflanzliche Hilfen können in diesen Fällen individuell verordnet werden.
Brustkrebs hat zumindest etwas von seinem übermäßigen Bedrohungspotenzial verloren. Durch die individualisierte Therapie kann vielen Frauen geholfen werden, die 5-Jahres-Überlebensraten liegen bei jüngeren Frauen (< 65 Jahre) über 90 %.1 Bei hormonsensitiven Tumoren ist eine antihormonelle Therapie mit Tamoxifen oder Fulvestrant nach wie vor Goldstandard.
Die antiestrogene Therapie geht allerdings auch mit deutlichen Nebenwirkungen einher, mindestens 70 % der Frauen nach Brustkrebs haben aber Probleme.2 Neben vasomotorischen Symptomen gehört auch die Scheidentrockenheit in diese Kategorie. In Anbetracht der Schwere der Erkrankung werden allerdings nur wenige Frauen gegenüber ihrem Arzt die daraus resultierenden Probleme bei der Sexualität ansprechen. Wegen der unklaren Datenlage sollten hormonelle Therapien bei Frauen nach Brustkrebs nur unter Studienbedingungen eingesetzt werden.
Pflanzliche Therapieansätze
Hormonfreie pflanzliche Hilfen können dagegen bei Scheidentrockenheit individuell verordnet werden. Die meisten Produkte werden vaginal verabreicht. Oral eingenommen wird eine Kapsel mit dem Sanddornöl-Extrakt SBA24®, in Deutschland als Femisanit® erhältlich. In dem kaltgepressten
Öl aus Kern und Fruchtfleisch der Sanddornfrucht sind viele wichtige Fettsäuren, Betacarotin und Vitamin E enthalten. In einer doppelblind randomisierten und placebokontrollierten Studie mit 116 Frauen in der Postmenopause, die über drei Monate das Sanddornprodukt einnahmen, verbesserte sich die Epithelintegrität der Scheidenschleimhaut deutlich.3
Bei der vulvovaginalen Atrophie mit Scheidentrockenheit behelfen sich viele Frauen mit Befeuchtungsgels. Das ist auf der gereizten und ausgetrockneten Schleimhaut im Notfall zur Erleichterung des Geschlechtsverkehrs möglich. Besser ist es aber, mit einer fetthaltigen Creme, die durch antientzündlich wirkende Pflanzenextrakte einen Zusatznutzen bringt, zu therapieren. Aus demselben Grund sind zu Anfang auch Milchsäure-haltige Cremes oder Zäpfchen nicht sinnvoll und können zu Schmerzen führen.
Rezepturarzneimittel
Neben diesen in jeder Apotheke käuflichen Vaginaltherapeutika gibt es Rezepturarzneimittel, die von darauf spezialisierten Apotheken hergestellt werden.4 Sie haben den Vorteil, dass sie sehr individuell angefertigt werden können. Dazu gehören:
Vitamin- und Narbenbalsam: Extrakte aus der Pflanze Centella asiatica, auch indischer Wassernabel oder Tigergras genannt, haben eine Reihe von positiven Wirkungen auf die Haut. Eine der am besten belegten Wirkungen der Inhaltsstoffe von Centella asiatica ist die Wundheilung.
Ein SOS-Balsam, das eine antientzündliche, beruhigende Wirkung durch ausgewählte Pflanzen wie Mönchsköpfchen, Ballonrebe, Bittersüßstengel und Neemöl hat, die ähnlich dem Cortison wirken, aber ohne dessen Nebenwirkungen.
Regenerationszäpfchen: Hydrolysate aus Ringelblume, Frauenmantel und Weißer Taubnessel, mit beruhigender Wirkung auf die Schleimhaut.
Ganzheitlich therapieren
Weiß man als Therapeut gar nicht mehr weiter, so kann ein Aromatogramm, dem Antibiogramm vergleichbar, eine Chance für die Patientin sein, ihre trocken-entzündlichen Beschwerden zu beheben, die sich aufgrund von Bakterien oder Candidosen verschlechtern.
Allerdings empfiehlt es sich, sexuelle Störungen, die bei der Patientin nach Brustkrebs häufig auftreten, nicht nur der Scheidentrockenheit anzulasten. Es gibt sehr schöne Interventionsstudien, die neben der Befeuchtung und Pflege der Scheide große Erfolge mit Entspannungsübungen der Beckenbodenmuskulatur erreichten.5 Über 90 % der Patientinnen gaben an, durch die Übungen im Zuge einer ganzheitlichen Therapie den größten Erfolg bei der Bewältigung ihrer Probleme gehabt zu haben.
Die Autorin
Prof. Dr. med. Ingrid Gerhard
Albert-Überle-Straße 11
69120 Heidelberg
1 Zentrum für Krebsregisterdaten im RKI: doi: 10.18444/5.03.01.0005.0014.0001
2 Hersant B et al., Menopause 2018; doi: 10.1097/GME.0000000000001122
3 Larmo PS et al., Maturitas 2014; 79(3): 316–321
4 Gerhard I. Scheidentrockenheit, S 225 ff. In: Frauengesundheit, Trias 2020
5 Juraskova I et al., J Sex Med 2013; 10(10): 2549–2558