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Orthopädie

Rückenschmerzen

Bedeutung der Faszien für den Rücken

Nicole Hein

30.3.2023

Bei unspezifischen Rückenschmerzen lohnt es sich, an das Fasziengewebe zu denken. Die netzartig ineinander verwobenen Kollagenfaserstränge sind zentral für reibungslose Bewegungsabläufe und beeinflussen das gesamte Wohlbefinden mit.

Lange Zeit konnte sich die Wissenschaft nicht auf einen Namen für die Faszie (vom lateinischen Wort „fascia“ für Band oder Bandage abgeleitet) ver­ständigen – geschweige denn auf eine einheitliche ­Definition. Erst im Jahr 2007 kam der Durchbruch: Die seit dem Fascia Research Congress geltende Definition lautet: „Alle Bindegewebsstrukturen des menschlichen Organismus wie Unterhautgewebe, Gelenkkapsel, Muskelsepten, Aponeurosen, Ligamente, Sehnen, Muskelhüllen, Organ- und Gefäßhüllen, Epi-, Peri- und das Endomysium zählen zu dieser Gewebeart. Faszien durchziehen also unseren ganzen Körper und umhüllen Muskulatur und Organe.“ Sie bestehen aus Wasser, Kollagen, Zucker- und Eiweißverbindungen sowie verschiedenen Klebstoffen. Normalerweise haben sie eine gitterartige und zugleich wellenartige Struktur, die vor allem für die Dehnbarkeit und Reißfestigkeit verantwortlich ist.

Eingeschränkte Bewegungsfähigkeit führt zu Schmerzen

Besonders bei unspezifischen Rückenschmerzen scheinen sie eine wesentliche Rolle zu spielen. Die Auslöser für Rückenschmerzen sind multifaktoriell und beeinflussen sich oft gegenseitig. Ein entscheidender Faktor für die Entstehung ist Bewegungsmangel bzw. die immer gleichen, einseitigen Bewegungsabläufe (z. B. adynamisches Sitzen). Dieser falsche Körpergebrauch führt auf die Dauer zu „verkürzten“, funktionsunfähigen Muskeln und Faszien. Da das Ausnutzen der ursprünglichen Bewegungsmöglichkeiten Schmerzen auslösen kann, wird sich nur noch in den gewohnten Abläufen bewegt. Dabei ist es wichtig zu wissen, dass bei den so entstehenden Schmerzen die Ursache oft an anderer Stelle vorliegt als die Lokalisation der Schmerzwahrnehmung. Bei Rückenschmerzen kann also durchaus die „verkürzte“ vordere Körperseite Verursacher des Problems sein – während der Schmerz weiter hinten im Rücken verortet wird.

Bewegungsmangel gilt als eine mögliche Ursache dafür, dass Faszien ihre geflechtartige, gleichförmige Struktur verlieren und sich verkleben, verhärten oder verdrehen. Denn Faszien werden überwiegend durch Lymphbahnen mit Nährstoffen versorgt. Das Lymphsystem wiederum besitzt beispielsweise im Gegensatz zu den Blutgefäßen keinen eigenen ­Mechanismus, um die wichtige Lymphflüssigkeit zu transportieren. Der Transport erfolgt stattdessen passiv über die Muskelpumpe benachbarter Muskeln – welche über die Anspannung der Muskeln aktiviert wird.

Knapp zwei Drittel der Deutschen sind innerhalb eines Jahres von Rückenschmerzen betroffen.

Bei einer Inaktivität der Muskeln kann es zu einem Stau der Lymphflüssigkeit kommen, wodurch die ­Faszien nicht mehr effektiv mit Nährstoffen versorgt werden. Auch der Abtransport bestimmter Stoffe wie dem Eiweiß Fibrinogen funktioniert unter Umständen nicht in einem genügenden Umfang: Er sammelt sich an und wird zum körpereigenen Stoff Fibrin umgewandelt. Dieser ist wie ein Klebstoff und bewirkt, dass die Faszien aneinanderhaften. Durch diese Verklebungen verlieren sie nicht nur an Zugkraft, sondern zudem an Flexibilität. Die eingeschränkte Bewegungsfähigkeit führt nicht selten zu Verspannungen und Schmerzen in der betroffenen Region. Außerdem können Faszien infolge des Verklebens verdicken und so benachbarte Nerven einklemmen. Neben der fehlenden Bewegung können Stress, Flüssigkeitsmangel, Fehl- oder Überlastung mögliche Ursachen für verklebte oder verdickte Faszien sein.

Durch Zufuhr von Nährstoffen körpereigene Reparaturvorgänge beschleunigen

Die durch den Schmerz resultierende Schonhaltung kann die Problematik verschlimmern, weil sie zu einer Überbelastung an anderer Stelle führt. Das gilt vor allem für die Lendenfaszie, die sich großflächig über den Rücken ausdehnt und die Rückenmuskulatur mit den Becken- und Gesäßmuskeln verbindet. Da sie häufig durch eine Schonhaltung fehlbelastet wird, ist sie neben den Muskeln oft mitverantwortlich für Schmerzen im unteren Rücken.

Um die verspannten Faszien zu lösen, haben sich unterschiedliche therapeutische Verfahren etabliert. Die Therapie stützt sich auf manuelle Techniken wie der Senmotic-Therapie, dem Schröpfen oder Rolfing. Außerdem gehört ein Faszientraining dazu, bei dem häufig auch spezielle Rollen, Kugeln etc. zum Einsatz kommen.

Zusätzlich kann eine die Nervenregeneration unterstützende Zufuhr von Nährstoffen dazu beitragen, den Rückenschmerz nachhaltig zu lindern. Zwar verfügt der Organismus über körpereigene Reparaturvorgänge, um Nervenschädigungen wieder zu regenerieren, doch die physiologische Wiederherstellung der Nervenleitung passiert nur langsam. Eine Nährstoffkombination aus Uridinmonophosphat (UMP), Vitamin B12 und Folsäure kann die körpereigenen Reparaturvorgänge geschädigter Nerven aktivieren und sie unter Umständen beschleunigen.

Auch die Faszien benötigen genügend Nährstoffe, um ihrer Funktion voll nachkommen zu können – und um nicht zu verkleben oder spröde zu werden. Neben den Hauptbausteinen des Fasziengewebes wie ausreichender Flüssigkeit, Kohlenhydrate und Proteine sind insbesondere bestimmte Vitamine, Mineralstoffe und Spurenelemente von Bedeutung. Dazu zählen beispielsweise die Vitamine C, D und K. Ebenfalls sind B-Vitamine notwendig für die Gesunderhaltung der Faszien, sowie Zink, Silicium und die Fettsäuren Omega 9 und 3.

Fazit

Lange wurden die Faszien von der medizinischen Forschung ignoriert. Doch mittlerweile ist bekannt, dass es sich keineswegs um funktionsloses Bindegewebe handelt. Vermutlich spielen sie sogar bei der Entstehung – und Linderung – von Rückenschmerzen eine Rolle. Denn aufgrund von Bewegungsmangel oder einseitigen Bewegungsabläufen kann es zu muskulären Problemen kommen sowie zu einer Beeinträchtigung des Fasziengewebes. Eine Faszientherapie sowie untersützendes Training kann dann sinnvoll sein.

Literatur bei der Autorin

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