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Gynäkologie

Peri- und Postmenopause

Neue Konzepte zur Therapie vasomotorischer Beschwerden

Prof. Dr. med. Thomas Römer

20.6.2025

Vasomotorische Beschwerden sind ein häufiges Problem, die die Lebensqualität von Frauen in der Peri- und Postmenopause erheblich einschränken können. Erfreulicherweise haben sich die therapeutischen Optionen in den vergangenen Jahren deutlich erweitert. Dieser Beitrag stellt neue und bewährte Konzepte vor.

Spätestens seit durch die Menopausen-Support-­Studie klar wurde, wie häufig Frauen wegen Wechseljahresbeschwerden krankgeschrieben werden, ist auch die ökonomische Bedeutung dieses Problems belegt [1]. Seitdem gewinnen Therapien von klimakterischen Symptomen zunehmend an Bedeutung. Neue Therapiekonzepte, die hormonfrei sind, haben in den vergangenen Jahren hier zum besseren Verständnis der Ätiologie und zur Therapieoptimierung beigetragen.

Häufigkeit vasomotorischer Beschwerden

Vasomotorische Beschwerden treten bei 40–64 % ­aller Frauen in der peri- und postmenopausalen ­Phase auf. Die Ausprägung ist sehr unterschiedlich. Während man früher davon ausging, dass dies nur eine sehr kurze Phase ist, ist aus Studien bekannt, dass die durchschnittliche Dauer von vasomotorischen Beschwerden 7,4 Jahre beträgt. Besonders Patientinnen, bei denen in der früheren Perimenopause vasomotorische Beschwerden auftraten, haben im Durchschnitt 11,8 Jahre mit diesen Beschwerden zu tun.

Die Schwere der Hitzewallungen wird in der Bewertung oft unterschätzt. Sie ist am relevantesten in den ersten 2 Jahren nach der Menopause, 46 % der Patientinnen berichten hier über schwere Hitzewallungen. Unter schweren Hitzewallungen versteht man Hitzewallungen, bei denen das Hitzegefühl mit Schwitzen verbunden ist und es dadurch zu einer Einstellung der Aktivitäten kommt. Diese Definition der FDA ist auch für die Praxis relevant, da der Leidens­druck und die Einschränkung der Lebensqualität für Patientinnen, die vielleicht wenige, aber sehr schwere Hitzewallungen haben, oft eingeschränkter ist als bei Patientinnen mit häufiger auftretenden milden Hitzewallungen. Gemeint ist ein Hitzegefühl ohne Schwitzen.

Die Phasen der Menopause verlaufen individuell recht unterschiedlich. Bereits in der Perimenopause unterliegen die Frauen erheblichen Schwankungen ihrer Hormonwerte, was sich auch in der Ausprägung vasomotorischer Beschwerden niederschlägt. Insofern besteht zu diesem Zeitpunkt oft schon ein Therapiebedarf.

Vasomotorische Beschwerden sind mit weiteren Risiken verbunden, wie einem erhöhten kardiovaskulären Risiko, einer niedrigeren Knochendichte ­(höheres Frakturrisiko), häufigeren Schlafstörungen, häufigen Depressionen und Angstzuständen und einer Verschlechterung der kognitiven Funktion. Das Thema Schlaflosigkeit ist in der Altersgruppe dieser Patientinnen besonders häufig, wobei es eine ­Assoziation zu den Hitzewallungen gibt. Bei schweren Hitzewallungen beträgt die Häufigkeit von Schlafstörungen fast 80 %. Auch wenn es natürlich weitere Auslöser gibt, die einer Schlaflosigkeit in dieser Lebensphase zugrunde liegen können.

In dieser Altersgruppe sollten die Patientinnen gezielt nach vasomotorischen Beschwerden und weiteren Beschwerden, die im Zusammenhang mit dem ­Klimakterium stehen, z. B. Schlafstörungen und Gelenkbeschwerden, befragt werden. Hinzukommen oft auch urogenitale Probleme und Störungen der Sexualität, wie eine verminderte Libido. Die Symptome sollten erfasst und mit der Patientin mögliche Therapieoptionen besprochen werden.

Diagnostik

Die Diagnostik von klimakterischen Beschwerden sollte aufgrund klinischer Parameter erfolgen. Hierzu gibt es verschiedene Scores, wie den Meno­pause-Rating-Scale [2]. Neben der Erfassung der Anzahl der Hitzewallungen innerhalb von 24 Stunden ist es sinnvoll, auch die Schwere der Hitzewallungen zu erfragen. Nach weiteren Beschwerden sollte gezielt gefragt werden. Eine Hormonbestimmung ist meist nicht notwendig und auch nicht zielführend, denn insbesondere in der menopausalen Transitionsphase unterliegen die Hormonwerte erheblichen Schwankungen. Ausnahmen ­bilden Patientinnen, bei denen unklar ist, ob es sich um ursächlich menopausale Beschwerden handelt (z. B. Zustand nach Hysterektomie) oder um eine prämature Ovarial­insuffizienz, die einer dringenden Therapie bedarf.

Neben dem Erfassen des Beschwerdebildes ist auch eine gründliche Anamnese erforderlich. Dies betrifft die Eigen- und Familienanamnese, insbesondere für Risikofaktoren wie das thromboembolische und auch das onkologische Risiko, vor allem das Mamma­karzinomrisiko. Auch Medikamente sollten erfasst werden. Nach der Vorsorgeuntersuchung, die im Übrigen von Patientinnen mit vasomotorischen ­Beschwerden häufiger wahrgenommen wird, sollte dann eine ausführliche Beratung erfolgen, inwieweit eine hormonelle oder nicht hormonelle Therapie indiziert und gewünscht wird.

Die Standardtherapie bei Patientinnen stellt die Hormonsubstitution dar. Diese sollte Patientinnen nach einer sorgfältigen Risiko-Nutzen-Analyse ­angeboten werden [3]. Ergeben sich Situationen, in denen für die Patientin eine Kontraindikation für eine HRT besteht oder Risikofaktoren vorliegen bzw. die Patientin keine Hormone einnehmen möchte, gewinnen alternative Therapieverfahren an Bedeutung (Tab. 1).

Nicht hormonelle Therapieoptionen

Pflanzliche Präparate werden häufig als Firstline-Therapie genutzt, da diese leicht zugänglich und frei verkäuflich in Apotheken zu erwerben sind. ­Diese werden dort auch entsprechend beworben. In der Analyse eines Schweizer Expertenbriefes konnte gezeigt werden, dass Isoflavone Hitzewallungen reduzieren können [4]. Die Sicherheit von Isoflavonen bei an Brustkrebs erkrankten Frauen ist aber unzureichend belegt. Cimicifuga racemosa (Traubensilberkerze) reduziert im Vergleich zu ­Placebo signifikant die Hitzewallungen in der Peri- und Postmenopause, auch bei prämenopausalen Frauen mit Brustkrebs unter Tamoxifen-Therapie. Auch in den deutschen Leitlinien wird Cimicifuga deshalb erwähnt [3]. Kein Einfluss auf die Hitzewallungen wurde z. B. für Yamswurzelextraktcreme, Leinsamenextrakt, Ginsengwurzelextrakt und ­Hopfenzapfenextrakt gefunden. Die Effektivität der Therapie mit pflanzlichen Präparaten ist klinisch meist unzureichend. Aus diesem Grund kommen auch andere nicht hormonelle nicht zugelassene ­Medikamente und Verfahren zum Einsatz.

In den Leitlinien wird auch auf die Serotonin-Wiederaufnahmehemmer, Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer, Clonidin und Gabapentin ­verwiesen. Diese sollten aber nicht routinemäßig als Mittel der 1. Wahl gegen vasomotorische Beschwerden angeboten werden. Des Weiteren wird auch auf eine kognitive Verhaltenstherapie hingewiesen.

Eine typische klinische Situation stellt die nicht ­hormonelle Therapie von Hitzewallungen bei Patientinnen nach Mammakarzinom dar, da hier bekanntermaßen eine Kontraindikation für eine HRT besteht. Hier gibt es verschiedene Optionen. Gute Erfahrungen bestehen beim Einsatz von Venlafaxin 37,5 mg. Dieses Antidepressivum hat keine Interaktion mit Tamoxifen und zeigt eine relativ gute Wirksamkeit. In der Literatur gibt es die meisten Daten zu Venlafaxin und auch zu Gabapentin. Problematisch in all diesen Fällen ist, dass die Präparate nicht für die Therapie klimakterischer Symptome zugelassen sind, sondern für andere Indikationen (Tab. 2). Dementsprechend gibt es auch entsprechende Nebenwirkungsprofile. Insofern war die Suche nach weiteren Alternativen, die eine gezielte Wirkung auf vasomotorische Beschwerden haben, sinnvoll.

Neurokinin-3-Rezeptor-Antagonisten

Den vasomotorischen Beschwerden liegen verschiedene Mechanismen zugrunde. Eine wesentliche Rolle spielt dabei das thermoregulatorische Zentrum. Es kommt zu einer veränderten thermoregulatorischen Aktivität an den KNDy-Neuronen (Abb. 1). Die NK3-Rezeptoren sind somit ein kausaler Ansatzpunkt zur Therapie von vasomotorischen Beschwerden im thermoregulatorischen Zentrum.

Der NK3-Rezeptor-Antagonist Fezolinetant wurde in klinischen Studien untersucht [5]. Mit der Anwendung von 45 mg Fezolinetant kam es nach 12 Wochen zu einer 61%igen Reduktion der Häufigkeit vasomotorischer Beschwerden, ebenso zu einer Verringerung des Schweregrades der VMS. In einer 52-Wochen-Studie wurde gezeigt, dass die Reduktion auch über den gesamten Zeitraum beibehalten wurde. In den Studien kam es auch zu einer Verbesserung der Schlafstörungen, die allerdings nicht statistisch signifikant war. Im Verlauf der Studie kam es zu keinem Unterschied in der Endometriumdicke und keiner Veränderung der Knochendichte. Es wurde eine geringe ­Inzidenz von Leberenzymerhöhungen gefunden.

Fezolinetant ist zugelassen für die Behandlung von mittelschweren bis schweren vasomotorischen Symp­tomen in den Wechseljahren. Nebenwirkungen waren selten, laut Fachinformation am ehesten abdominale Schmerzen, Diarrhö und Schlafstörungen. Zunächst wurde bei der Zulassung von Fezolinetant 2024 durch die Europäischen Arzneimittelbehörden im Gegensatz zu den Zulassungen in den USA oder in der Schweiz, wo Leberwertkontrollen durch die Behörden gefordert wurden, nur ein klinisches Monitoring empfohlen. Kontraindikationen bestehen relativ wenige. Dies bezieht sich vor allem auf die gleichzeitige Anwendung von moderaten oder starken CYP1A2-Hemmern, z. B. ethinylestradiolhaltige Kontrazeptiva, Fluvoxamin. Ein Einfluss auf das Körpergewicht wurde nicht gezeigt und auch keine Veränderung der Hormonwerte. Es sollte keine Anwendung bei chronischer Leberfunktionsstörung und aktiven Lebererkrankungen erfolgen. Außerdem keine Anwendung bei schweren Nierenfunktionsstörungen. Eine Einschränkung der Wirksamkeit bei Raucherinnen ist nicht bekannt, sodass keine Dosisanpassung nötig ist. Aktuell liegen keine Daten für Patientinnen über 65 Jahre vor. Dies schließt aber eine Anwendung in dieser Altersgruppe nicht aus. Relative Nachteile sind in der fehlenden direkten kardiovaskulären und Osteoporoseprävention im ­Vergleich zur HRT zu sehen. Insgesamt schließt ­Fezolinetant die Lücke zwischen pflanzlichen Präparaten und der HRT (Abb. 2).

Patientinnen mit Mammakarzinom

Eine wichtige Zielgruppe sind Patientinnen mit Mammakarzinom unter einer laufenden Therapie. Hier werden derzeit gezielte Studien durchgeführt. In der Fachinformation heißt es, dass es bei einer laufenden Therapie des Mammakarzinoms nicht für die Anwendung empfohlen wird, da Sicherheit und Wirksamkeit nicht bekannt sind. Dies bedeutet, dass es sich hier um einen Off-Label-Use handelt, aber keine Kontraindikation besteht. Vor der Entscheidung zur Behandlung dieser Frauen mit Fezolinetant muss individuell eine Nutzen-Risiko-Abwägung erfolgen.

Rote-Hand-Brief vom 13.01.2025

Am 13.01.2025 erschien der Rote-Hand-Brief „Risiko für arzneimittelbedingten Leberschaden – Neue Empfehlungen zur Überprüfung der Leberfunktion vor und während der Behandlung“ [6]. In dem Rote-Hand-Brief wird darauf hingewiesen, dass in Einzelfällen schwerwiegende Leberschädigungen eingetreten sind. Vor der Einleitung der Behandlung mit Fezolinetant sind Leberfunktionstests durchzuführen. Hier wird die Bestimmung von ALT, AST und dem Gesamtbilirubin empfohlen. Die Leberfunktionstests müssen während der ersten 3 Monate der Behandlung monatlich und anschließend nach klinischem Ermessen durchgeführt werden. Leberfunktionstests müssen ebenfalls durchgeführt werden, wenn Symp­tome auftreten, die auf eine Leberschädigung hinweisen. Die Kontrolle der Leberfunktion muss so lange fortgesetzt werden, bis sich die Leberwerte normalisieren. Für die Praxis ­bedeutet dies aktuell eine sorgfältige Anamnese­erhebung und eine Aufklärung der Patientin, wobei das Risiko für Leberschädigungen sehr gering ist. Die geforderten initialen Leberwertbestimmungen dienen vor allem der Sicherheit der Patientin.

Zukünftige Therapieoption für VMS

Aktuell befindet sich ein weiterer NK-Rezeptor-Anta­gonist in klinischen Studien. Hierbei handelt es sich um den dualen Neurokin(NK)-1- und -3-Rezeptor-­Antagonist Elinzanetant. In den Studien zu den vasomotorischen Beschwerden konnte ebenfalls eine signifikante Reduktion der Häufigkeit vasomotorischer Beschwerden im Vergleich zu Placebo gezeigt werden [7]. Auch eine statistisch signifikante Verbesserung bei Schlafstörungen wurde gezeigt. Die häufigsten Nebenwirkungen waren Kopfschmerzen und Müdigkeit. Es wurden bisher keine Fälle von Lebertoxizität beobachtet. Insofern dürfte Elinzanetant in Zukunft eine weitere Bereicherung im Segment der nicht hormonellen Therapie vasomotorischer Beschwerden darstellen.

Für die Hormonsubstitution ist Estetrol (E4), welches uns aus der Kontrazeption bekannt ist, interessant. Hier wurden in den vergangenen Jahren Studien mit E4-Dosierungen von 15 und 20 mg durchgeführt, die eine signifikante Reduktion der Frequenz von vasomotorischen Beschwerden bei einem insgesamt sehr guten Sicherheitsprofil zeigten [8]. Dies könnte auch in Zukunft eine weitere Bereicherung der Therapie vasomotorischer Beschwerden im Segment der HRT sein.

FAZIT:

Die Häufigkeit und Schwere vasomotorischer Beschwerden schränkt die Lebensqualität vieler Frauen über einen langen Zeitraum ein. Die Standardtherapie stellt die individuell ausgerichtete Hormonsubstitution dar, allerdings ergeben sich klinisch oft ­Kontraindikationen und Risikofaktoren für eine HRT oder es besteht eine Hormonphobie, sodass Alternativen zunehmend an Bedeutung gewinnen. Pflanzliche Präparate mit Ausnahme von Cimicifuga haben keinen belegten Effekt. Die nicht hormonellen pharmakologischen Therapien, die für andere Indikationsbereiche zugelassen sind, können wirksam sein, gehen aber oft mit erheblichen Nebenwirkungen einher. Insofern gewinnen nicht hormonelle zugelassene pharmakologische Therapien an Bedeutung, wie Fezolinetant (Abb. 2). Auch der duale Neurokinin-Rezeptor-Antagonist Elinzanetant zeigt vielversprechende Resultate. Ein weiteres interessantes Konzept in der HRT könnte zukünftig Estetrol sein.

Der Autor

Prof. Dr. med. Thomas Römer
Chefarzt der Frauenklinik in Köln-Weyertal

Herausgeber des Journals DER PRIVATARZT GYNÄKOLOGIE

thomas.roemer@evk-koeln.de

  1. https://blog.hwr-berlin.de/menosupport/ergebnisse/
  2. Heinemann LA et al., Health Qual Life Outcomes 2003; 1: 28
  3. S3-Leitlinie „Peri- und Postmenopause – Diagnostik und Interventionen“, AWMF-Reg.-Nr. 015-062
  4. Stute P et al., SGGG Expertenbrief 51, 2017
  5. Schaudig K et al., BMJ 2024; 387: eO79525
  6. Rote-Hand-Brief Fezolinetant, BfArM 2025
  7. Pinkerton JV et al., JAMA 2024; 332: 1343−54
  8. Gaspard U et al., Menopause 2022; 30: 430−9

Bildnachweis: ttsz (gettyimages), Rytis (Adobe Stock); privat

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