Die Mitbeurteilung des Analbereichs wird im Praxisalltag nicht selten vernachlässigt und ist durchaus kein selbstverständlicher Bestandteil der gynäkologischen Routineuntersuchung. Dabei ist die frauenärztliche Sprechstunde oft die erste Anlaufstelle für unsere Patientinnen mit Problemen in der Analregion.
Alltag in der gynäkologischen Sprechstunde: Die Untersuchung ist gerade beendet, da meldet sich die Patientin nochmal etwas zögerlich: „Hinten juckt und brennt es immer so, hab ich vielleicht Hämorrhoiden?“ Aus Schamgefühl und Anspannung sprechen viele Patientinnen Probleme im Analbereich gar nicht an, oder erst, wenn der Behandlungsstuhl bereits wieder heruntergefahren ist. Viele Symptome entstehen häufig „nur“ durch eine falsche Analhygiene und können meist mit einfachen Mitteln diagnostiziert und gelindert werden. Die Inspektion des Analbereichs im Zuge der gynäkologischen Untersuchung kann vielen Patientinnen helfen.
Im Fokus: Das irritativ-toxische Analekzem
Die AWMF-Leitlinien unterscheiden 3 Formen des Analekzems: irritativ-toxisch, atopisch sowie kontaktallergisch. Typisch für das irritativ-toxische Analekzem ist eine scharf begrenzte Rötung im Perianalbereich, meist symmetrisch. Hauptsymptom ist quälender Juckreiz (besonders nachts), sekundär häufig ein Brennen in der Analregion. Kratzeffekte führen zu weiteren Hautläsionen und Rhagaden; die Defäkation und Reinigung des Analbereichs werden oft sehr schmerzhaft.Diese häufig falsche Selbstdiagnose „Hämorrhoiden“ führt viele Patientinnen zunächst in die Apotheke. „Hämorrhoidensalben“ verschaffen den Betroffenen kurzfristig Linderung – gegen Pflegeprobleme und dem damit oft verbundenen chronischen Analekzem sind sie aber nicht ausreichend effektiv.
Bei Hämorrhoiden ist die Folge der varikös veränderten Gefäßpolster eine gestörte anale Feinkontinenz: Unkontrollierter Abgang von ammoniakhaltigem Stuhlsekret entfaltet eine chemisch-irritative Wirkung auf die Hautbarriere mit entsprechenden Läsionen.
Trotz einer Koinzidenz von Analekzem und „Hämorrhoiden“ zeigt sich, dass viele, auch jüngere Patientinnen, ohne Hämorrhoidalleiden irritative Hautprobleme im Perianalbereich aufweisen. Duft- und Zusatzstoffe in zahlreichen Pflegemitteln verleihen kurzfristig ein Gefühl „guter Hygiene“ – leider mit den beschriebenen Folgen. Bei der verbreiteten Disposition für trockene Haut zeigt sich oft eine Lichenifizierung im Bereich der Perianalregion und des Perineums. Differenzialdiagnostisch sollten eine Neurodermitis sowie ein Lichen sclerosus ausgeschlossen werden, ggf. durch eine Hautbiopsie.
Analhygiene – darüber müssen wir sprechen!
Unzureichende Reinigungsmaßnahmen mit verbleibenden Stuhlresten verursachen erhebliche Irritationen der sensiblen Analhaut und sind zudem ein Nährboden für Bakterien und Pilze. Häufiger sind jedoch übertriebene „Säuberungsmaßnahmen“: Feuchte Reinigungstücher mit chemischen Reizstoffen gehören oft zum Standard der Analhygiene. Kräftiges Abwischen der Analhaut mit WC-Papier führt zu einer mechanischen Irritation und Entzündung. Waschlotionen, Seifen und das häufig verwendete Duschgel verschärfen das Problem. Kratzeffekte und Fissuren verursachen Schmerzen, oberflächliche Blutungen und Defäkationsprobleme.
Prävention und Lokaltherapie
Die gynäkologische Untersuchungssituation und das besondere Vertrauensverhältnis zu unseren Patientinnen bieten eine wertvolle Gelegenheit, die beschriebene Problematik aufzugreifen und die weitverbreitete Tabuisierung der Analpflege zu durchbrechen.
„Wasser und Fett“ lautet eine kurze, einprägsame Devise für die Analhygiene. Bereits vor dem Stuhlgang sollte Fettsalbe (z. B. Vaseline) im Anal- und Perianalbereich aufgetragen werden. Nach dem Stuhlgang empfiehlt sich das Reinigen der Analregion und auch der sensiblen Rima ani mit lauwarmem Wasser, am besten mit einer handlichen „Po-Dusche“.
Ein leicht ausgeprägtes Analekzem lässt sich gut mit einer einfachen Wundschutzcreme (mit Zink, Panthenol und Calendula) behandeln. Bei sehr starkem Pruritus ani bewährt sich die Lokalapplikation einer cortisonhaltigen Fettsalbe (z. B. Clobetasol) für längstens 14 Tage. In der eigenen Praxis hat sich ein „Handout“ sehr bewährt. Bekanntermaßen nehmen die Patientinnen nur ca. 10 % der in der Sprechstunde mündlich vermittelten Informationen mit nach Hause. Ein kurzes standardisiertes Schreiben kann bei Bedarf handschriftlich modifiziert und mit dem Namen der Patientin versehen werden, eine persönliche Information kommt besser an. Die Empfehlungen für eine schonende Analhygiene und Vorbeugung eines Analekzems sind im Kasten zusammengefasst. Eine Kopiervorlage können Sie HIER herunterladen.
Die Autorin
Dr. med. Vera Jakobs
Fachärztin für Frauenheilkunde und Geburtshilfe
54296 Trier
Literatur bei der Autorin
Bildnachweis: privat