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Gynäkologie

Am Arbeitsplatz und im Gesundheitswesen

Adipositasbedingte Diskriminierung

Dr. rer. nat. Reinhard Merz

28.8.2023

Es ist gut belegt, dass Menschen mit Adipositas im Berufsleben benachteiligt werden. Leider gilt das auch für medizinische Praxen und Kliniken. Dafür sollte jede Frauenarztpraxis sensibilisiert sein.

Adipositas ist mit etwa 200 Komorbiditäten und Komplikationen assoziiert [1]. Betroffene leiden oft auch unter den psychosozialen Folgen ihres Gewichts. Dabei sind Ungleichbehandlung am Arbeitsplatz und im Gesundheitssystem häufig vernachlässigte Punkte [2]. Menschen mit Adipositas werden seltener für Vorstellungsgespräche und Einstellungen in Betracht gezogen als Normalgewichtige – besonders auf Posten mit repräsentativer Funktion. Epidemiologische Daten belegen auch, dass Menschen mit Adipositas seltener leitende Positionen in Unternehmen bekleiden als Menschen ohne die Erkrankung – besonders ausgeprägt sind diese Effekte bei Frauen.

Umgekehrt belegen empirische Studien: Negative Erfahrungen am Arbeitsplatz wirken sich nachteilig auf die Produktivität der Mitarbeitenden aus und können ihren Gesundheitszustand mittel- und langfristig zusätzlich verschlechtern. Die Effekte reichen von Angststörungen und Depressionen bis hin zum Burnout. In diesem Zusammenhang ist es bedeutsam, dass Arbeitnehmende mit Adipositas im Schnitt krankheitsbedingt 1–2 Wochen mehr auf der Arbeit fehlen als Normalgewichtige [3]. Neben den physischen Auswirkungen der Adipositas haben daran sicher auch soziale und psychische Aspekte einen deutlichen Anteil.

Vorurteilen entgegenwirken

Leider existieren auch im Gesundheitswesen Vorurteile gegen Menschen mit Adipositas [4]. Diese reichen von mangelnder Selbstkontrolle und Willensstärke bis zu Hygieneproblemen. Auch wird häufig angenommen, dass Patientinnen mit Übergewicht Behandlungsempfehlungen nicht befolgen und sogar unehrlich oder feindselig sein können. Auf der anderen Seite berichten Menschen mit Adipositas, dass sie sich gerade in Bezug auf ihr Körpergewicht medizinisch nicht gut betreut fühlen [2]. Eine Erhebung unter Behandlern ergab, dass nur ein knappes Drittel an die Motivation von Patientinnen glaubt, überhaupt Gewicht verlieren zu wollen. Rund 71 % der Ärzte sprechen Patientinnen mit Adipositas gar nicht erst an, weil sie annehmen, dass kein Interesse an einer Gewichtsabnahme besteht. Im Gegensatz gaben nur 7 % der Betroffenen an, dass sie nicht an Gewichtsabnahme interessiert sind [5].

Behutsam Hilfe anbieten

Zunächst sollten Sie Ihre Patientinnen proaktiv auf das Thema Adipositas ansprechen. Denn ohne diese Hilfe und eine entsprechende Diagnose kann keine strukturierte Therapie erfolgen. Aktuell berät der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) über die Anforderungen an ein strukturiertes Behandlungsprogramm (DMP). Der G-BA will die detaillierten Anforderungen an das DMP Adipositas noch in diesem Sommer beschließen.

Unabhängig vom DMP gilt: Jede nachhaltige Gewichtsabnahme hat positive Effekte auf die Gesundheit von Menschen mit Adipositas. Das zeigen etwa folgende Zahlen: Für eine Abnahme des BMI um 5 kg/m2 oberhalb von 25 kg/m2 sinkt die Gesamtmortalität um 30 % [6]. Schon eine moderate Gewichtsabnahme im Bereich von 5 bis 15 % des Ausgangsgewichts verbessert langfristig diverse klinisch relevante Risikofaktoren und kann sich vorteilig auf unterschiedliche Komorbiditäten auswirken [7].

Eine medikamentöse Therapie kann neben Lebensstilanpassungen dabei ein wichtiger Baustein eines ganzheitlichen Adipositasmanagements sein [8]. Der Glucagon-like-Peptide-1(GLP-1)-Rezeptoragonist ­Liraglutid (Saxenda®) kann Menschen mit Adipositas, ergänzend zu einer kalorienreduzierten Ernährung und verstärkter körperlicher Aktivität, dabei helfen, deutlich Gewicht abzunehmen [9]. Seit 17. Juli 2023 ist auch Semaglutid (Wegovy®) in Deutschland für die Indikation Gewichtsreduktion verfügbar.

1 Yuen M et al., The Obesity Society. Abstract Book: 92
2 Hilbert A, Soziale und psychosoziale Auswirkungen der Adipositas: Gewichtsbezogene Stigmatisierung und Diskriminierung. In: Handbuch Essstörungen und Adipositas 2008; 288–91
3 Lehnert T et al., J Occup Environ Med 2014; 56: 20–7
4 Puhl RM, Heuer CA, Obesity 2009; 17: 941–64
5 Caterson ID et al., Diabetes Obes Metab 2019; 21: 1914–24
6 Whitlock G et al., Lancet 2009; 373: 1083–96
7 Ryan DH, Yockey SR, Curr Obes Rep 2017; 6: 187–94
8 Interdisziplinäre S3-Leitlinie zur Prävention und Therapie der Adipositas, AWMF-Reg.-Nr. 050/001; aktuell in Überarbeitung
9 Pi-Sunyer X et al., N Engl J Med 2015; 373: 11–22

Pressemitteilung der Novo Nordisk Pharma GmbH, Mainz, März 2023

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