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Abrechnung

Phlebologische Leistungen

In der dermatologischen Praxis richtig abrechnen

Dr. med. Dr. rer. nat. Peter Schlüter

30.8.2021

Menschen, die überwiegend ihren Beruf im Sitzen oder Stehen ausüben, können unter phlebologischen Erkrankungen wie Varikosis leiden. Für die Therapie stehen je nach Indikation unterschiedliche Verfahren zur Verfügung. Welche dieser phlebologischen Leistungen können in der Dermatologie abgerechnet werden?

Für eine effektive Therapie der Varikosis stehen zahlreiche Methoden zur Verfügung, die im optimalen Fall in unterschiedlichem Ausmaß auch gemeinsam zur Anwendung kommen sollten. Im Wesentlichen fußt die Therapie auf fünf Säulen:

  • physikalische Maßnahmen
  • Kompressionstherapie
  • Operation
  • Verödung
  • medikamentöse Therapie

Die Kompressionstherapie

Die Kompressionstherapie ist wahrscheinlich die ­älteste Therapie der Varikosis. Sie stellt gerade ­heute einen Hauptpfeiler in der Therapie von venösen ­Erkrankungen mitsamt ihren Folgeschäden (chronisch-venöse Insuffizienz) dar. Das Grundprinzip liegt in der Verringerung des ­Venenquerschnitts, den dadurch beschleunigten ­venösen Blutfluss und der Verminderung der freien Flüssigkeit. Eine Kompressionstherapie kann prinzipiell entweder mit Kompressions­verbänden oder mit Kompressionsstrümpfen durchgeführt werden. Dabei sollte darauf geachtet werden, dass der Kompressionsdruck distal bei den Füßen am höchsten ist und nach oben hin kontinuierlich abnimmt. Dadurch wird ein guter venöser Rückfluss gewährleistet. Medizinisch gesehen ist die Kompressionstherapie eine Therapieform, die durch lokalen Druck auf das venöse Gefäßsystem der Beine zu einer Steigerung der Fließgeschwindigkeit des Blutes führt. Es gibt unterschiedliche Möglichkeiten, diesen Druck zu erzeugen. Das kann einerseits durch Bandagieren des Beines mit Kom­pressions­binden (Kurzzug- und Langzugbinden) oder andererseits durch speziell angepasste Kompressionsstrümpfe erreicht werden. Die Kompressionstherapie wird bei verschiedenen Krankheitsbildern eingesetzt. Damit mindert man den Querschnitt derjenigen blutleitenden Gefäße des Körpers, die unterhalb des Kompressionsverbands liegen und erhöht somit auf rein physika­lischer Weise die Fließgeschwindigkeit des Blutes. Letzteres kommt dadurch zustande, dass das Blut durch die Kompression der Gefäße einen geringeren Raum zu passieren hat. Entscheidend für die Fließgeschwindigkeit und somit für den Erfolg der Kompressionstherapie ist die zusätzliche Eigenbewegung des Körpers. Das Zusammenspiel von Anspannung und Entspannung der Muskulatur des Beines verstärken den Blutfluss. Dieser Effekt wird bei der speziellen Kompressionstherapie mittels intermittierender apparativer Kompression erreicht. Bei diesem Verfahren wird die Kompression durch ein Luftkissen erzeugt, welches das Bein umschließt und, durch einen Kompressor versorgt, einen variablen Druck gewährleistet. Die apparative intermittierende Kompression entfaltet ihre Wirkung durch die Druckänderung am ruhenden Bein und kommt ohne den Einsatz der Muskelpumpe aus.

Wann ist eine Kompressionstherapie indiziert?

Die Kompressionstherapie ist die Basismaßnahme bei phlebologischen und lymphologischen Erkrankungen. Sie findet Anwendung bei fortgeschrittenen Venenerkrankungen, im Zuge der Thrombosetherapie und in der Therapie des postthrombotischen Syndroms. Auch wenn die Datenlage bei Thrombophlebitis und beim Lipödem nicht eindeutig ist, ­findet die Kompressionstherapie auch hier erfolgreich ihre Anwendung. Hauptindikationen zum Einsatz der Kompressionstherapie sind die fortgeschrittene Varikose, die ­Varikose in der Schwangerschaft, das Ulcus cruris venosum und das Lymphödem. Weiterhin ist die Kompressionstherapie nach Sklerosierungstherapie der Varikose, nach endoluminaler bzw. auch operativer Therapie der Varikose anzuwenden. Nicht zuletzt ist die Kompressionstherapie auch präventiv einzusetzen: Zur Prävention der tiefen Beinvenenthrombose und des postthrombotischen Syndroms. Nicht anzuwenden ist die Kompressionstherapie bei der fortgeschrittenen peripheren arteriellen Verschlusskrankheit, der dekompensierten Herzinsuffizienz, der septischen Phlebitis und der Phlegmasia coerulea dolens. Inzwischen herrscht Konsens, auf die Kompressionstherapie bei hospitalisierten (nicht chirurgischen) Patienten zu verzichten.

Vier Kompressionsklassen

Entscheidend für die Einteilung in die vier Kompressionsklassen ist die Andruckstärke eines Kompressionsstrumpfes im Fesselbereich. Damit ist bei Anwendung von Kompressionsstrümpfen auch die Frage nach der Indikation zu klären. So wird bei einer Varikose ohne ausgeprägte Ödembildung die Kompressionsklasse I ausreichend sein, um die Beschwerden zu beseitigen. Bei einem beginnenden Lymphödem (Stadium I) wird die Anwendung der Kompressionsklasse II notwendig werden, während bei fortgeschrittenem Ödem und Hautveränderungen eine entsprechend höhere Kompressionsklasse III oder IV erforderlich sein kann (Tab. 1).

Die apparative Kompressionstherapie

Außer Kompressionsverband und Kompressionsstrümpfe gibt es noch eine weitere Methode der Kompressionstherapie. Es handelt sich dabei um die apparative intermittierende Kompression (AIK). Diese wird meist zur Entstauungstherapie eingesetzt, zeigt aber auch positive Wirkung auf die arterielle Durchblutung. Bei der intermittierenden apparativen Kompression werden spezielle manschettenförmige ein- oder mehrkammrige (teilweise bis zu 12 Kammern) Luftkissen, die die Arme bzw. Beine umschließen, verwendet. Über einen angeschlossenen Kompressor können unterschiedliche Drücke erzeugt werden, die den Kompressionsklassen I bis IV entsprechen. Die unterschiedlichen Systeme kommen auch in ­Abhängigkeit von der Indikation unterschiedlich zum Einsatz. Diese hängt davon ab, ob die intermittierende Kompression zur Thromboseprophylaxe  eingesetzt wird oder zur Entstauungstherapie. In den Mehrkammersystemen kann eine Art Druckwelle erzeugt werden, die derjenigen bei Bewegung durch die Muskelpumpe entspricht.

Kompressionstherapie abrechnen (GOÄ)

In der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) gibt es im Gegensatz zum EBM keine Komplexleistungen, um eine Kompressionstherapie abzurechnen. Die Grundleistung ist dort die Nr. 204 GOÄ (Kompressionsverband, 95 Punkte). Multipliziert mit dem 2,3-fachen Schwellensatz, resultiert ein Honorar von 12,74 Euro. Da die Nr. 204 GOÄ nur den einfachen „Kompressionsverband“ abdeckt und nicht den ­wesentlich anspruchsvolleren „phlebologischen Funktionsverband“, ist ein Multiplikator über dem Schwellensatz unter Hinweis auf den Aufwand möglich. Die Leistung kann man je angelegten Kompressionsverband und damit mehrfach (je Extremität) in einer Sitzung berechnen. Die Untersuchungen der Extremitäten, der Gefäße und der Haut sind mittels der Untersuchungsleistungen nach den GO-Nrn. 5 (symptombezogene Untersuchung) bzw. 7 (Organuntersuchung) und bei entsprechender Indikation auch mittels des Ganzkörperstatus nach GO-Nr. 8 zu berechnen.Liegt ein Ulcus cruris vor, so ist zusätzlich dessen Behandlung noch zu berechnen. Hier wären die entsprechenden Leistungen über die Gebühren nach den GO-Nrn. 200, 2006 und 204 abzubilden. Die Berechnung der Nr. 200 GOÄ für den einfachen Verband ist nicht ausgeschlossen. Dies ist zum Beispiel im Zusammenhang mit dem großflächigen Auftragen von Externa wie Salben, Cremes, Puder, Lotionen, Lösungen zur Behandlung von Hautkrankheiten wie einer Stauungsdermatitis nach Nr. 209 GOÄ denkbar. Besteht ein Ulcus cruris, wäre zusätzlich die Nr. 2006 GOÄ möglich (Behandlung sekundär heilen­der Wunde). Eine vorbereitende apparative Kompressionstherapie ist nach Nr. 526 GOÄ ­berechnungsfähig. Die Materialkosten für die genannten Verbände können zusätzlich etwa über den hier von den ­Privatkassen in der Regel anerkannten UV-Nebenkostentarif pauschal zum Ansatz gebracht werden (Tab. 2).

Tabelle Abrechnung der Kompressionstherapie nach GOÄ
Abrechnung der Kompressionstherapie bei Privatpatienten

Sucht man nach diesen Leistungen im Zusammenhang mit der Kompressionstherapie in der GOÄ, so sind als wichtigste GO-Nrn. der Verband (GO-Nr. 200), der Kompressionsverband (GO-Nr. 204), die Behandlung sekundär heilender Wunden (GO-Nr. 2006) und die apparative intermittierende Kompressions­therapie (GO-Nrn. 525 und 526) zu finden. Für die Kompressionstherapie eines chronisch-­venösen Ulcus cruris als sekundär heilende Wunde wäre dann folgende Leistungskombination abzurechnen: GO-Nrn. 2006-200-204. Die GO-Nr. 2006 ist für die Behandlung einer sekundär heilenden Wunde zu berechnen. Dazukommen bei wiederholten Behandlungen noch die Beratung des Patienten nach GO-Nr. 1 und die symptombezogene Untersuchung nach GO-Nr. 5. Werden Nekrosen im Zusammenhang, z. B. der Therapie des diabetischen Fußes, abgetragen, findet sich im Abschnitt L Chirurgie der GOÄ die Gebühr nach GO-Nr. 2065. Die weitere Suche nach Leistungen der Kompressionstherapie führt Sie dann noch zum Abschnitt E Physikalisch-medizinische Leistungen der GOÄ. Hier zumindest gibt es zwei ­Gebühren speziell für die intermittierende apparative Kompressionstherapie. Die Gebühr nach Nr. 525 rechnen Sie für die intermittierende apparative Kompressionstherapie an einer Extremität ab, die Nr. 526 für die intermittierende apparative Kompressionstherapie an mehreren Extremitäten. Weitere spezielle diagnostische Leistungen finden sich dann noch im Abschnitt F Innere Medizin der GOÄ. Hier sind vor allem die Venenverschlussple­thysmografie (GO-Nr. 641 und 642) sowie die Untersuchungen der peripheren Druck- oder Strömungsmessung (GO-Nr. 643) und die ­direktionale Ultraschalldoppleruntersuchung nach GO-Nr. 644 zu finden. Für die Ultraschalldoppleruntersuchung als solches sind daneben die Gebühren für die Ultraschalluntersuchung eines oder mehrerer Organe nach den ­GO-Nrn. 410 und 420 zusätzlich zu berechnen.

Der Autor

Dr. med. Dr. rer. nat. Peter Schlüter
Arzt für Allgemeinmedizin
Arzt für Naturheilverfahren
76684 Tiefenbach
schlueter@vital-arzt-praxis.de
www.vital-arzt-praxis.de

Dr. Dr. Peter Schlüter ist promo­vierter Naturwissenschaftler und ­Mediziner. Seit 1982 ist er als Arzt für Allgemein­medizin mit betriebs­­wirtschaftlich ­opti­mierter Praxis nieder­gelassen. Als Berater zu allen ­Fragen der Praxisorganisation, Praxis­manage­­ment und ­Abrechnung ist er seit 1987 tätig.

Literatur beim Autor

Bildnachweis: privat

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