Im Zentrum der Verordnung von Kontrazeptiva steht die Risikoberatung. Die Beratung sollte sich aber auch mit den persönlichen Vorlieben der Frau und denen des Partners beschäftigen und kann dann durchaus aufwendiger sein.
Zur hormonellen Kontrazeption werden heute in erster Linie kombinierte Arzneimittel verwendet. Diese enthalten eine Kombination aus den beiden weiblichen Geschlechtshormonen Estrogen und Progestagen. Letzteres ist ein künstlich hergestelltes Gestagen. Schon kurz nach Einführung der kombinierten oralen Kontrazeptiva (KOK) war ein gehäuftes Auftreten von thromboembolischen Ereignissen zu beobachten. Das Risiko einer solchen unerwünschten Nebenwirkung ist zwar als gering einzustufen, nimmt jedoch in Verbindung mit anderen Risikofaktoren deutlich zu.
Die Weiterentwicklung der oralen Kontrazeptiva brachte einerseits eine Dosisänderung der Estrogenkomponente und andererseits die Einführung neuer Gestagene. Beides führte teilweise zu einer Optimierung des Nebenwirkungsprofils; das Thromboserisiko als solches wurde dadurch jedoch nicht reduziert. Bei den kombinierten hormonalen Kontrazeptiva wird das Risiko einer venösen Thromboembolie durch den darin verwendeten Gestagenanteil beeinflusst. Dementsprechend ist das Risiko, eine Thrombose oder eine venöse Thromboembolie zu entwickeln, bei den einzelnen Arzneimitteln unterschiedlich. Die letzte Nutzen-Risiko-Bewertung wurde 2013 vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) zusammen mit den anderen europäischen Behörden und der Europäischen Arzneimittel-Agentur durchgeführt. Mit dieser Nutzen-Risiko-Bewertung wurde untersucht, wie hoch das Risiko ist, durch die Einnahme eines hormonellen Kontrazeptivums eine venöse Thromboembolie zu erleiden. Die Untersuchungen sollten zudem Hinweise darauf geben, ob das Anwendungsgebiet dieser Arzneimittel beschränkt und/oder andere regulatorische Maßnahmen ergriffen werden müssen. Bei dieser Nutzen-Risiko-Bewertung wurden alle in der Europäischen Union als kombinierte hormonale Kontrazeptiva zugelassenen Arzneimittel untersucht. Zu diesen Arzneimitteln gehören die sogenannten „Pillen“, ebenso wie die Hormonpflaster und die Hormonringe, die zur Schwangerschaftsverhütung zugelassen sind. Das Ergebnis dieser Nutzen-Risiko-Bewertung zeigt für alle kombinierten hormonellen Kontrazeptiva, dass der Nutzen überwiegt.
Auch wenn das Risiko, eine venöse Thromboembolie oder eine wesentlich seltenere arterielle Thromboembolie zu entwickeln, insgesamt gering ist, müssen die Patientinnen entsprechend über dieses Risiko aufgeklärt werden. Diese Risikoaufklärung sollte auch unbedingt in den Patientenakten dokumentiert sein. Im Zusammenhang mit der Verordnung von Antikonzeptiva sind abrechnungstechnische Besonderheiten zu berücksichtigen. Bei Patientinnen, die in der GKV versichert sind, ist zu beachten, dass es verschiedene Arten von Wiederholungsrezepten gibt. So versteckt sich in Abschnitt 1.7.5 Empfängnisregelung ebenfalls eine Art „Verwaltungspauschale“. Die GOP 01820 beinhaltet nämlich ebenso wie die GOP 01430 die „Ausstellung von Wiederholungsrezepten, Überweisungsscheinen oder Übermittlung von Befunden oder ärztlichen Anordnungen an den Patienten im Auftrag des Arztes durch das Praxispersonal, auch mittels technischer Kommunikationseinrichtungen“. Der Unterschied zur GOP 01430 liegt darin, dass es sich um Wiederholungsrezepte im Zusammenhang mit Empfängnisregelung, Sterilisation oder Schwangerschaftsabbruch handelt. Hier nun sind die Ausschlussregelungen gänzlich anders. Die GOP 01820 ist nämlich nur nicht neben anderen Gebührenordnungspositionen und nicht mehrfach an demselben Tag berechnungsfähig. Der Ausschluss neben Versicherten-, Grund- oder Konsiliarpauschale fehlt. Das ist für die Abrechnung dieser GOP entscheidend. Diese lässt sich nämlich für die Ausstellung eines Pillenrezeptes immer dann berechnen, wenn keine andere Leistung daneben zur Abrechnung kommt. Daneben bedeutet in derselben Sitzung.
Beachten Sie dabei jedoch genau die Richtlinien zur Empfängnisregelung und zum Schwangerschaftsabbruch. Danach gilt nämlich, dass die Kosten für im Rahmen dieser Richtlinien verordnete Mittel zur Empfängnisverhütung und deren Applikation fallen für Versicherte, die das 20. Lebensjahr vollendet haben, nicht unter die Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung. Hier ist folglich kein Kassenrezept, sondern (für die Patientin kostenlos) ein Privatrezept auszustellen. Aber auch dann, wenn Sie ein Privatrezept ausstellen, ist die GOP 01820 zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) abzurechnen und nicht etwa nach GOÄ die GO-Nr. 2. Lediglich die Kosten für das Medikament werden nicht von der GKV übernommen und müssen von der Patientin selbst getragen werden.
Denken Sie bei Pillenrezepten immer daran, die GOP 01820 abzurechnen. Das gilt im Übrigen auch dann, wenn Sie gemäß den Richtlinien zur Empfängnisregelung und zum Schwangerschaftsabbruch der Patientin für die Verordnung eines Arzneimittels zur Empfängnisverhütung ein Privatrezept ausstellen müssen. Beachten Sie, dass Sie für die Ausstellung des Privatrezeptes bei Frauen, die das 21. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, keine Privatleistung berechnen dürfen. Die Ausstellung des Pillenrezeptes, auch wenn es sich um ein Privatrezept handelt, geht in diesen Fällen zu Lasten der GKV.
Im Zentrum der Verordnung von Antikonzeptiva steht die entsprechende Risikoberatung. Diese kann nach GOÄ in Abhängigkeit vom Zeitaufwand mit der GO-Nr. 3 bzw. der GO-Nr. 34 abgerechnet werden. Sicherlich wird nicht bei jeder Verordnung eines Kontrazeptivums ein ärztliches Gespräch von mehr als 20 Minuten nach GO-Nr. 34 notwendig sein. Bei den ersten aufklärenden Gesprächen mit jungen Patientinnen sollte aber an diese GO-Nr. gedacht werden.
Der Autor
Dr. med. Dr. rer. nat. Peter Schlüter
Arzt für Allgemeinmedizin
Arzt für Naturheilverfahren
76684 Tiefenbach
schlueter@vital-arzt-praxis.de
www.vital-arzt-praxis.de
Dr. Dr. Peter Schlüter ist promovierter Naturwissenschaftler und Mediziner. Seit 1982 ist er als Arzt für Allgemeinmedizin mit betriebswirtschaftlich optimierter Praxis niedergelassen. Als Berater zu allen Fragen der Praxisorganisation, Praxismanagement und Abrechnung ist er seit 1987 tätig.
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