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Gynäkologie

Kontrazeptionsberatung

Zyklusstabilität unter oralen Kontrazeptiva

Dr. rer. nat. Reinhard Merz

21.10.2025

Orale Kontrazeptiva können einen erheblichen Einfluss auf die Zyklusstabilität haben. So können bei Patientinnen z. B. ungeplante bzw. verlängerte Blutungen/Spottings auftreten. Dieser Beitrag gibt Tipps für die Beratungspraxis.

Die Zyklusstabilität kann durch verschiedene Faktoren beeinflusst werden – wie Zusammensetzung, Dosierung und Einnahmeschema des Präparats. Darüber hinaus können auch externe Faktoren wie Interaktionen mit anderen Arzneimitteln eine Rolle spielen, ebenso wie Einnahmefehler und Resorptionsprobleme (z. B. nach Durchfall oder Erbrechen).Gestagen-Monopräparate können nach den WHO-Empfehlungen in vielen Fällen angewendet werden, in denen kombinierte orale Kontrazeptiva (KOK) kontraindiziert sind. Diese verursachen aber häufiger unregelmäßige Blutungen [1]. Es stehen 2 Wirkstoffe zur Verfügung. „Desogestrel liegt mit 75 μg nur knapp über der Ovulationshemmdosis – daher beträgt das Sicherheitsfenster hier nur 12 Stunden. Drospirenon hingegen liegt mit 4 mg bei der doppelten Ovulationshemmdosis und ermöglicht ein Sicherheitsfenster von 24 Stunden. Zudem haben wir bei Drospirenon mono ein 24/4-Einnahmeschema, um zyklische Blutungsmuster zu erzielen“, erklärte Prof. Dr. med. Thomas Römer (Köln). „Die Abbruchraten wegen Blutungsstörungen sind unter Drospirenon mono im Vergleich zu Desogestrel 75 µg relativ gering.“

Auch der Zeitpunkt des Pillenstarts spielt eine wichtige Rolle: Findet die erstmalige Einnahme in der zweiten Zyklushälfte statt, wenn das Endometrium bereits aufgebaut ist, kommt es häufig zu verstärkten Blutungen.

Management von Blutungsstörungen unter POP

In Bezug auf POP betonte Römer auf Basis seiner Praxiserfahrungen: „Initial kann es bei oralen Kontrazeptiva immer wieder zu Blutungsstörungen kommen. Hier ist es wichtig, die Patientin aufzuklären. Gut ist es, wenn man mögliche Veränderungen des Blutungsmusters nach drei Monaten thematisiert und dann das weitere Vorgehen bespricht.“

Konkret stehen nach Römer folgende therapeutische Möglichkeiten zur Verfügung, zum Teil off-label: Bei länger als 6 Monaten andauernden Blutungsstörungen ist das therapeutische Vorgehen abhängig von der Endometriumdicke. Liegt diese unter 5 mm, kann zunächst eine sieben- bis zehntägige Pause eingelegt werden. Zusätzlich lässt sich niedrig dosiertes Estradiol verabreichen, etwa in Form von 1 mg oralem Estradiol (E2), kombiniert mit einem Hub transdermalem Gel. Beträgt die Endometriumdicke mehr als 5 mm, empfiehlt sich bei der Anwendung von Desogestrel eine vorübergehende Verdoppelung der Dosis über einen Zeitraum von 4 Wochen (Tab.). Römer ergänzte als Praxisbeispiel: „Tritt eine Blutung unter Desogestrel mono auf, kann man in Richtung Drospirenon mono gehen.“

Management von Blutungsstörungen unter KOK

Für die Behandlung von Blutungsstörungen unter kombinierten oralen Kontrazeptiva stehen, so Römer, verschiedene, derzeit teils off-label angewendete Strategien zur Verfügung: Nimmt eine Patientin beispielsweise eine Pille mit 20 µg Ethinylestradiol (EE)/ 100 µg Levonorgestrel (LNG) ein und berichtet über Blutungsstörungen, kann ein Wechsel des Einnahmeschemas von 21/7 auf 24/4 erwogen werden. Ebenso ist eine Erhöhung der Gestagenkomponente auf 150 µg möglich. Eine weitere Möglichkeit ist die Erhöhung der Ethinylestradiol-Dosis von 0,02 mg auf 0,03 mg. Laut Römer ein klassisches Vorgehen, aber: „Der bessere Weg ist es, bei der niedrigen Dosierung zu bleiben und auf die Retardtablette mit 20 µg EE und 2 mg Dienogest (DNG) umzustellen – das ergibt in etwa denselben Effekt.“ Die Retardtablette sei ein interessantes neues Konzept, wie Römer weiter ausführte. „Beide Wirkstoffe werden verzögert freigesetzt, was zu einer hohen Zyklusstabilität beitragen kann.“

Zu weiteren möglichen Strategien, die aktuell off-label sind, zählt laut Römer die Gabe von Tranexamsäure (2 × tgl. 500 mg) sowie eine kurzzeitige Therapie mit Doxycyclin (5–7 Tage, 200 mg/Tag). Darüber hinaus können nicht steroidale Antirheumatika (NSAR) die Blutungsintensität reduzieren.

Praxistipps

Der Faktor Zyklusstabilität von oralen Kontrazeptiva kann für die Compliance der Patientinnen von entscheidender Bedeutung sein. Eine sorgfältige Aufklärung über mögliche initiale Blutungsstörungen trägt dazu bei, die Erwartungshaltung der Patientin in eine realistische Richtung zu lenken. Optimal ist ein Beginn der Therapie bei unauffälligem Endometrium in der ersten Zyklushälfte. Bei Blutungsstörungen, die kürzer als 6 Monate andauern, ist ein abwartendes Vorgehen möglich.

Dauern Blutungsstörungen länger als 6 Monate an, sind diese gezielt abzuklären. Im Vordergrund steht dabei, die Endometriumdicke zu beurteilen und mögliche Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln zu berücksichtigen.

Der Experte

Prof. Dr. med. Thomas Römer
Chefarzt der Frauenklinik in Köln-Weyertal

Herausgeber des Journals DER PRIVATARZT GYNÄKOLOGIE

thomas.roemer@evk-koeln.de

  1. WHO. Medical eligibility criteria for contraceptive use. Fifth edition, 2015

Meet-the-Expert-Session „Herausforderung Zyklusstabilität unter oralen Kontrazeptiva“ mit Prof. Dr. Thomas Römer anlässlich des FOKO 2025, Düsseldorf, März 2025

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