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Kontrazeption

Neue Generation, neue Herausforderungen

Zuverlässige Kontrazeption in der Adoleszenz

Dr. med. Theresa Bozzetti, Prof. Dr. med. Patricia Oppelt

22.8.2025

Die Wahl der passenden Verhütungsmethode kann Jugendliche und Verordnende vor eine Herausforderung stellen. Sie erfordert nicht nur fundiertes Wissen über die verfügbaren Methoden, sondern auch Zeit, Geduld und eine einfühlsame Beratung auf Seiten der Verschreibenden.

In den vergangenen Jahren lässt sich ein deutlicher Wandel im Verhütungsverhalten junger Menschen beobachten. Eine Studie der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) belegt, dass Jugendliche zunehmend das Kondom den verschreibungspflichtigen hormonellen sicheren Methoden vorziehen [1]. Die Gründe hierfür sind vielfältig – häufig genannt werden u. a. Bedenken hinsichtlich möglicher Nebenwirkungen wie Libidoverlust, Stimmungsschwankungen oder allgemein negativen Auswirkungen auf den eigenen Körper.

Diese Entwicklung unterstreicht die Bedeutung eines empathisch geführten gynäkologischen Beratungsgesprächs, um auf die individuellen Sorgen junger Menschen gegenüber hormonellen Verhütungsmethoden einzugehen und fundierte Informationen zu vermitteln, um im gemeinsamen Dialog die passende Verhütungsmethode auszuwählen.

Verhütungsmethoden in der Adoleszenz

Bei der Wahl geeigneter Verhütungsmethoden in der Adoleszenz ist eine sorgfältige und individuelle Beratung entscheidend. Grundlage dafür bildet eine ausführliche Anamnese, die u. a. Informationen zu Schmerzen während der Menstruation, Blutungsstärke und -dauer sowie zum familiären Thromboserisiko erfassen sollte. Die Vielfalt an Verhütungsmethoden bietet auch in der Adoleszenz zahlreiche Möglichkeiten – einige davon sind jedoch besonders gut auf die Bedürfnisse und Voraussetzungen Jugendlicher abgestimmt.

Das Kondom hat eine Sonderstellung und in den vergangenen Jahren wieder an Beliebtheit gewonnen.

Alle hormonellen Kontrazeptiva sowie die intrauterine Verhütung mit Levonorgestrel oder Kupfer sind für Jugendliche möglich. In der Adoleszenz sollte, sofern keine medizinischen Kontraindikationen bestehen, vorzugsweise ein kombiniertes hormonelles Verhütungsmittel eingesetzt werden. Grundsätzlich kommen dabei sowohl synthetische als auch natürliche Estrogene infrage. Bei Präparaten mit synthetischem Estrogen wird empfohlen, vor allem im Hinblick auf die Knochenmasse, eher auf 30-µg-Dosierungen zurückzugreifen [2]. Bei bestehenden Kontraindikationen für Estrogene stellt die estrogenfreie Pille auch in der Adoleszenz eine sinnvolle Option zur Verhütung dar. Insbesondere bei zu erwartender eingeschränkter Compliance im Hinblick auf die tägliche Einnahme oraler Kombinationspräparate eignen sich der Vaginalring, das Verhütungspflaster und die intrauterine Verhütung. Obwohl der Ring und das Pflaster eine transdermale Applikation darstellen, wird für beide ein höheres Thromboserisiko im Vergleich zu den oralen Kombinationspräparaten diskutiert.

Das Kondom hat unter den Verhütungsmethoden als nicht hormonelle Methode eine Sonderstellung und hat insbesondere in den vergangenen Jahren wieder an Beliebtheit gewonnen [1]. Ein wesentlicher Vorteil liegt im Schutz vor sexuell übertragbaren Infektionen (STI), beispielsweise einer Chlamydien-Infektion. Allerdings ist die Verhütungssicherheit aufgrund möglicher Anwendungsfehler im Vergleich zu den hormonellen Methoden geringer. Den Jugendlichen sollte das Kondom als wichtiger Schutz vor STI nahegelegt werden.

Knochengesundheit

In den vergangenen Jahren wird zunehmend die Frage diskutiert, ob hormonelle Kontrazeptiva in der Adoleszenz Auswirkungen auf die Knochengesundheit junger Mädchen haben könnten – insbesondere da diese Lebensphase eine entscheidende Rolle für den Aufbau der Knochenmasse spielt. Die maximale Knochenmasse, die „Peak Bone Mass“, wird in der Regel etwa bis zum 25. Lebensjahr erreicht. In Zeiten eines Estrogenmangels, etwa bei Unterernährung, kann dieser Aufbau beeinträchtigt sein. Es existieren einige Studien zu dem Thema, deren Ergebnisse jedoch nur eingeschränkt vergleichbar sind. Der aktuelle Forschungsstand deutet jedoch darauf hin, dass kombinierte orale Kontrazeptiva zumindest mit einer geringfügigen Reduktion der Knochendichte in Verbindung stehen könnten. Für den Vaginalring wurde bislang kein solcher Zusammenhang beschrieben [3]. Hinsichtlich estrogenfreier Pillen sowie intrauteriner Systeme liegen für die Anwendung bei Adoleszentinnen derzeit keine ausreichenden Studiendaten vor. Nach aktuellem Kenntnisstand ist jedoch beim Intrauterinsystem nicht von einem negativen Einfluss auf die Knochenentwicklung auszugehen.

Zusatznutzen

Nicht außer Acht gelassen werden sollte der zusätzliche Nutzen hormoneller Kontrazeptiva im Jugendalter, der für viele junge Frauen eine spürbare Verbesserung der Lebensqualität bedeuten kann. Angesichts der zunehmenden Zurückhaltung gegenüber hormonellen Verhütungsmethoden (Abb.) ist es wichtig, im Zuge einer sorgfältigen Anamnese auch gezielt auf diese Aspekte einzugehen.

Hormonelle Kontrazeptiva sind auch eine therapeutische Option bei zyklusbedingten Beschwerden.

Ein wesentlicher Bestandteil des Beratungsgesprächs sollte daher der Hinweis sein, dass hormonelle Kontrazeptiva nicht nur der Empfängnisverhütung dienen, sondern auch bei zyklusassoziierten Beschwerden wie Dysmenorrhö, starker Menstruationsblutung oder Akne eine therapeutische Option darstellen können – ein Zusammenhang, der vielen Jugendlichen häufig nicht bekannt ist. So lässt sich beispielsweise das Risiko für Dysmenorrhö durch die Anwendung hormoneller Kontrazeptiva um etwa 63 % reduzieren, das für Hypermenorrhö immerhin noch um bis zu 50 % [4]. Auch beim prämenstruellen Syndrom (PMS), einem komplexen Beschwerdebild, das sich in der späten Lutealphase durch eine Kombination aus körperlichen und psychischen Symptomen wie Hitzewallungen, Ängstlichkeit oder Kopfschmerzen äußern kann, stellen kombinierte orale Kontrazeptiva eine wirkungsvolle therapeutische Option dar. Im Gespräch mit Jugendlichen sollte dabei unbedingt darauf hingewiesen werden, dass sich eine spürbare Besserung der PMS-Symptomatik häufig erst nach etwa 2–6 Monaten einstellt [4].

Praxistipps

Für die reine Verordnung hormoneller Verhütungsmethoden – insbesondere wenn keine gynäkologischen Beschwerden bestehen – ist die gynäkologische Untersuchung nicht erforderlich. Falls jedoch eine intrauterine Verhütung mit dem Mädchen geplant wird, sollte eine gynäkologische Untersuchung mit Ultraschall sowie ein Chlamydien-Screening vor Einlage durchgeführt werden, um die Lage und Anatomie der Gebärmutter beurteilen zu können. Generell sollte jeder Jugendlichen nach aufgenommenem Sex ein Chlamydien-Screening jährlich angeboten werden. Darüber hinaus ist es essenziell, mit den Patientinnen mögliche Einflussfaktoren auf die Wirksamkeit der Verhütung, beispielsweise Durchfall, Erbrechen oder die Einnahme bestimmter Medikamente, zu besprechen.

Ein verantwortungsvoller Umgang in der Verhütungsberatung Jugendlicher erfordert eine Gesprächsatmo­sphäre, die Offenheit, Vertrauen und Wertfreiheit ermöglicht und fördert. Es gilt, auf individuelle Sorgen einzugehen, zuzuhören und gemeinsam eine informierte Entscheidung zu treffen. Ziel ist es, die jungen Patientinnen nicht nur medizinisch, sondern auch in ihrer persönlichen Entwicklung kompetent zu begleiten.

Die Autorin

Dr. med. Theresa Bozzetti
Frauenklinik Uniklinikum Erlangen
91054 Erlangen

theresa.bozzetti@uk-erlangen.de

Die Autorin

Prof. Dr. med. Patricia Oppelt
91054 Erlangen

info@gynaekologie-erlangen.de

  1. Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, BZgA-Studie „Verhütungsverhalten Erwachsener und Jugendlicher 2024“ – Repräsentative BZgA-Befragung – Fokus Jugend, 2024
  2. Gersten J et al., J Ped Adolesc Gynecol 2016; 29: 635–42
  3. Massai R et al., Hum Reprod 2005; 20: 2764–8
  4. Römer T, gynäkologie + geburtshilfe 2012; 17: 34–6

Bildnachweis: privat

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