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Gynäkologie

Refresher

Vulvovaginalcandidose: Diagnostik und Therapie

Dr. rer. nat. Reinhard Merz

21.10.2025

Pilzinfektionen können Frauen jeden Alters betreffen und sind eine der häufigsten Ursachen für eine Konsultation in der Frauenarztpraxis. Dieser Beitrag ist ein Refresher zu Pathophysiologie, Diagnostik und Therapie der Candida-Infektionen.

Etwa 70–75 % aller Frauen erleben mindestens eine Episode einer Vulvovaginalcandidose (VVC) im Laufe ihres Lebens, 40–50 % machen mehr als eine VVC-Episode durch [1]. Sie wird in 90–95 % der Fälle durch Candida albicans ausgelöst. Seltener treten Non-albicans-Arten wie Candida glabrata, Candida tropicalis, Candida krusei und Candida ­parapsilosis auf. Infektionen durch Non-albicans-Arten verlaufen in der Regel milder, sind aber klinisch anspruchsvoller zu behandeln, da diese Spezies häufig eine reduzierte Empfindlichkeit gegenüber Standard-Antimykotika aufweisen [1].

Pathophysiologie

Die Pathogenese der VVC beruht auf einem Ungleichgewicht zwischen dem Candida-Erreger und den Abwehrmechanismen der Patientin. Die meisten Frauen tragen intermittierend asymptomatische Candida-Besiedelungen. Sie gelangen primär aus der perianalen Region in die Vagina, wo sie sich entweder als harmlose Kommensalen oder unter bestimmten Bedingungen als pathogene Erreger etablieren. Der entscheidende Schritt in der Pathogenese von VVC ist die Adhärenz von Candida an die Vaginalepithelzellen, gefolgt von der Invasion in etwa 7–10 Zellschichten der Vaginalwand und Entzündung, die durch Virulenzfaktoren wie Proteasen und Lipasen ermöglicht wird.

Die klinische Manifestation der Vulvovaginalcandidose variiert stark und ist oft unspezifisch.

Eine Vielzahl von Faktoren begünstigt die Candida-Kolonisation oder den Übergang zu einer symptomatischen Infektion [1]:

  • Diabetes mellitus: Frauen mit Diabetes, besonders bei schlechter Blutzuckereinstellung, haben ein erhöhtes VVC-Risiko. Hohe Glucosekonzentrationen im Vaginalsekret fördern die Adhärenz von Candida an das Vaginalepithel. Hyperglykämie beeinträchtigt Chemotaxis und Phagozytose durch Neutrophile.
  • Antibiotika: Breitbandantibiotika sind ein wichtiger Risikofaktor, da sie die schützenden Laktobazillen reduzieren und Candida eine ungehinderte Vermehrung ermöglichen. Bis zu einem Drittel der Frauen entwickeln nach einer Antibiotikatherapie eine symptomatische VVC.
  • Hormonelle Faktoren und Kontrazeptiva: Hormonelle Veränderungen, wie in der Schwangerschaft oder bei Einnahme hormoneller Kontrazeptiva mit hohem Estrogenanteil, erhöhen das Risiko. Hohe Estrogenspiegel steigern die Glykogenkonzentration in der Vaginalschleimhaut, was Candida als Kohlenstoffquelle dient. LNG-IUDs können ebenfalls das Risiko erhöhen.
  • Lifestyle-Faktoren: Ein hoher Zuckerkonsum kann das Candida-Wachstum fördern. Häufiger Geschlechtsverkehr und orogenitaler Kontakt können das Risiko erhöhen.
  • Psychosozialer Stress: Chronischer Stress wird als bedeutender Risikofaktor für rezidivierende VVC diskutiert, möglicherweise durch Immunsuppression.

Diagnostik

Die klinische Manifestation der VVC variiert stark und ist oft unspezifisch. Charakteristische Symptome sind Juckreiz, vaginaler Ausfluss (weißlich-dünn bis dickflüssig mit weißen „Brocken“), Rötung und Entzündung der Vagina, Dyspareunie sowie Dysurie.

Eine präzise Diagnose erfordert eine sorgfältige Anamnese, eine gynäkologische Untersuchung und die mikroskopische Analyse des Vaginalsekrets. Die Untersuchung mit physiologischer Kochsalzlösung oder 10%iger Kaliumhydroxidlösung unter mindestens 400-facher Vergrößerung ist obligatorisch. Der Nachweis von Blastosporen oder Pseudohyphen/Pseudomyzelien findet sich in 50–80 % der symptomatischen VVC-Fälle. Der Nachweis von „aktivierten“ Sprosspilzen (Pseudohyphen) gilt als Beweis der Infektion [2]. Bei unkomplizierten Infektionen ist die Mikroskopie in der Regel ausreichend. Point-of-Care-Tests und molekularbiologische Methoden wie DNA-Hybridisierungstests bieten hohe ­Sensitivität und Spezifität.

Therapieoptionen

Die Behandlung richtet sich nach Art und Schwere der Infektion. Die Standardtherapie erfolgt lokal mit topischen Imidazolderivaten (z. B. Clotrimazol, Econazol, Isoconazol) als Vaginalzäpfchen oder Cremes über 1–7 Tage. Orale Triazole (z. B. Fluconazol 150 mg Einmalgabe) sind Alternativen bei nicht schwangeren Frauen mit starken Symptomen oder Therapierefraktärität. Eine kombinierte intravaginale und ­topische Behandlung der Vulva wird bei externem Befall empfohlen. Unnötige antimykotische Therapien sollten vermieden werden, um die Resistenzentwicklung zu reduzieren. Dequaliniumchlorid ist eine valide antiseptische Therapiealternative, die Resistenzbildung minimieren könnte [3].

Infektionen durch Non-albicans-Arten (z. B. Candida glabrata, C. krusei) sind klinisch anspruchsvoller zu behandeln und oft weniger empfindlich gegenüber Standard-Antimykotika. Bei Candida glabrata sind lokale Nystatin oder Ciclopiroxolamin Optionen. ­Borsäure-Zäpfchen (600 mg, 14 Tage) sind bei therapieresistenten Fällen wirksam, jedoch embryotoxisch, können die Fruchtbarkeit beeinträchtigen und sind in Deutschland derzeit verboten.

Chronisch-rezidivierende VVC (RVVC) erfordert eine Langzeit-Suppressionstherapie, typischerweise mit oralem Fluconazol in einer dosissenkenden Erhaltungstherapie (z. B. 200 mg initial, dann wöchentlich/monatlich über 6–12 Monate). Rückfälle sind nach Therapieende häufig. Die Entfernung eines Intrauterinpessars kann bei manchen Frauen die Rezidivrate senken.

Topische Imidazole (z. B. Clotrimazol) sind die bevorzugte und sicherere Behandlungsoption. Orales ­Fluconazol sollte im ersten Trimester vermieden werden, aufgrund möglicher Assoziationen mit kindlichen Fehlbildungen und Spontanaborten. Dequaliniumchlorid ist eine gut verträgliche Alternative. Die Behandlung einer asymptomatischen Candida-Kolonisation in den letzten 6 Wochen kann das ­neonatale Infektionsrisiko mindern.

  1. Fößleitner P, Gynäkologie 2025; 58: 93–100
  2. S2k-Leitlinie Vulvovaginalkandidose. AWMF Reg.-Nr. 015–072
  3. Eckel F et al., J Low Genit Tract Dis 2024; 28: 76–83
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