Lichen planopilaris: Keine erhöhte kardiometabolische Komorbidität +++ Risiko für Lebererkrankungen bei Hidradenitis suppurativa erhöht +++ erhöhtes kardiovaskuläres Risiko bei Bullösen Autoimmundermatosen +++ HS häufig von Anämie begleitet +++ Lichen sclerosus und Typ-2-Diabetes
Lichen planopilaris: Keine erhöhte kardiometabolische Komorbidität
Lichen planopilaris (LPP) ist eine chronisch-entzündliche, immunvermittelte Erkrankung der Haarfollikel und eine der häufigsten Formen vernarbender Alopezie. Da andere inflammatorische Dermatosen – etwa Psoriasis oder Lupus erythematodes – mit kardiovaskulären und metabolischen Komorbiditäten assoziiert sind, wurde ein vergleichbares Risiko auch bei LPP diskutiert. Eine aktuelle systematische Übersichtsarbeit mit Metaanalyse hat diesen Zusammenhang nun umfassend untersucht. Eingeschlossen wurden 10 Fall-Kontroll-Studien mit insgesamt 7 516 Personen mit LPP sowie über 64 Millionen Kontrollpersonen. Die Auswertung der gepoolten Daten aller Studien ergab keine signifikanten Assoziationen zwischen LPP und Bluthochdruck, Diabetes mellitus, Hyperlipidämie, Adipositas oder Herzinsuffizienz – bei hoher Heterogenität in den Einzelstudien. Hinweise auf einen Publikationsbias fanden sich nicht. Diese Ergebnisse sind für die dermatologische Praxis relevant, da sie gegen ein systemisches Risikoprofil bei LPP sprechen und eine differenzierte Risikostratifizierung unterstützen.
Fazit: Lichen planopilaris ist laut aktueller Evidenz nicht mit einem erhöhten Risiko für kardiometabolische Erkrankungen assoziiert.
Chuang KW et al., Clin Exp Dermatol 2025; 50: 537–43
Risiko für Lebererkrankungen bei Hidradenitis suppurativa erhöht
Eine Metaanalyse mit gepoolten Real-World-Daten aus 8 Beobachtungsstudien ergab eine Assoziation von Hidradenitis suppurativa (HS) mit Leberfunktionsstörungen und spezifischen Lebererkrankungen: Dabei zeigte sich das Risiko für alle Lebererkrankungen erhöht (OR 1,50; 95%-KI 1,27–1,76), insbesondere aber für nicht-alkoholische Fettleber (NAFLD) (OR 1,78; 95%-KI 1,28–2,48) und Hepatitis B (OR 1,48; 95%-KI 1,12–1,94). Kein signifikanter Zusammenhang bestand für Hepatitis C. Damit liefert die Analyse robuste Hinweise auf eine systemische Komorbiditätslast bei HS. Die Autorengruppe fordert, die Leberfunktion bei HS-Erkrankten routinemäßig zu kontrollieren, um Komplikationen früh zu erkennen und leitliniengerechte Vorsorge zu ermöglichen.
Fazit: Bei HS besteht ein deutlich erhöhtes Risiko für nicht-alkoholische Fettleber und Hepatitis B – eine Leberfunktionsdiagnostik sollte in die Versorgung aufgenommen werden.
Gau SY et al., Front Immunol 2022; 13: 959691
Erhöhtes kardiovaskuläres Risiko bei Bullösen Autoimmundermatosen
Bullöse Autoimmundermatosen (AIBD), insbesondere Pemphigus vulgaris (PV), sind mit einem erhöhten Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen und deren Risikofaktoren assoziiert. Eine aktuelle systematische Übersichtsarbeit mit Metaanalyse wertete 40 Studien aus, die den Zusammenhang zwischen AIBD, kardiovaskulären Erkrankungen (CVD) und den Folgen systemischer Therapien untersuchten. Die gepoolten Daten zeigten signifikant erhöhte Risiken für Diabetes mellitus (OR 1,81), Hypertonie (OR 1,39), Dyslipidämie (OR 2,18) und Herzinsuffizienz (OR 1,92). Keine Assoziationen fanden sich bzgl. Adipositas, Schlaganfall, Angina pectoris, Myokardinfarkt oder Arrhythmien. Zusätzlich traten unter systemischer Kortikosteroidtherapie häufig kardiovaskulär relevante therapiebedingte Nebenwirkungen auf, z. B. Diabetes mellitus bei 13,7 %, Hypertonie bei 10,7 % und CVD bei 17,1 %. Die Ergebnisse verdeutlichen die Notwendigkeit strukturierter kardiovaskulärer Risikoevaluationen bei AIBD. Künftige Behandlungsstrategien sollten Prävention, Therapiemonitoring und Vermeidung vermeidbarer Nebenwirkungen stärker berücksichtigen.
Fazit: Bullöse Autoimmundermatosen sind mit einem erhöhten Risiko für Herzinsuffizienz und kardiometabolische Störungen assoziiert – kardiovaskuläres Screening sollte integraler Bestandteil der Versorgung sein.
Rokni AM et al., Arch Dermatol Res 2023; 315: 207–13
HS häufig von Anämie begleitet
In einer systematischen Übersichtsarbeit mit Metaanalyse wurden 7 Beobachtungsstudien mit insgesamt 11 693 an Hidradenitis suppurativa (HS) Erkrankten bzgl. eines Zusammenhangs zwischen HS und Anämie ausgewertet. Die gepoolte Analyse ergab ein signifikant erhöhtes Risiko (OR 1,59; 95%-KI 1,19–2,11). Besonders häufig traten mikrozytäre und makrozytäre Anämien auf. Die Ergebnisse unterstreichen die systemische Relevanz der Erkrankung und weisen auf eine bislang unterschätzte Komorbidität hin. Eine mögliche Pathomechanik könnte in der chronischen Entzündungsaktivität liegen, die Eisenverwertung und Erythropoese beeinträchtigt. Zudem können Medikamente und Blutverluste aus Fisteln oder Abszessen zur Anämie beitragen. Da eine unbehandelte Anämie die Morbidität und Mortalität erhöhen kann, empfiehlt das Autorenteam ein routinemäßiges Screening bei HS – inklusive differenzierter Einordnung nach Erythrozytenvolumen zur gezielten Ursachenabklärung.
Fazit: HS ist signifikant mit Anämie assoziiert – eine differenzierte Diagnostik sollte die klinische Routine ergänzen.
Revankar R et al., Arch Dermatol Res 2023; 315: 1639–48
Lichen sclerosus und Typ-2-Diabetes
Lichen sclerosus (LS) ist eine chronisch-entzündliche Dermatose, deren potenzielle systemische Relevanz aktuell in einer systematischen Übersichtsarbeit mit Metaanalyse bzgl. des Zusammenhangs mit kardiovaskulären Risikofaktoren (CV-RF) untersucht wurde. Eingeschlossen waren 16 Studien mit insgesamt 432 457 Personen (9 Fall-Kontroll-, 6 retrospektive Kohorten-, 1 Querschnittsstudie). Dabei zeigte sich ein signifikanter Zusammenhang zwischen LS und Typ-2-Diabetes (OR 2,07; 95%-KI 1,21–3,52). Für andere CV-RF wie Hypertonie, Dyslipidämie, Adipositas und metabolisches Syndrom ließ sich zwar kein statistisch signifikanter Zusammenhang nachweisen, es zeigte sich jedoch ein Trend zu erhöhtem Risiko. Das Autorenteam betonte die Notwendigkeit prospektiver populationsbasierter Studien zur Bewertung der klinischen Relevanz sowie Entwicklung möglicher Vorsorgestrategien.
Fazit: Lichen sclerosus ist signifikant mit Typ-2-Diabetes assoziiert – ein metabolisches Screening kann im klinischen Management sinnvoll sein.
Untaaveesup S et al., J Clin Med 2024; 13: 4668
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