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Recht

Medizinprodukte niedriger Risikoklasse

Neue Möglichkeiten durch DiGA

Ruth Leitenmaier

26.7.2023

Das Smartphone spielt eine zentrale Rolle im Leben – was liegt da näher, als eine Helfer-App auch im Gesundheitsbereich als Patient zur Verfügung zu haben? Die Verordnung der „Digitalen Gesundheits­anwendungen“ (DiGA) wird darum zunehmend von Versicherten nachgefragt.

DiGA sollen den Patienten zu mehr Eigenverantwortung motivieren, insbesondere im Kontext einer gesundheitsbezogenen Lebensführung. Im Zentrum stehen ein frühzeitiges Erkennen von Erkrankungen, deren Behandlung, Linderung und Überwachung. DiGA gehören zu den Medizinprodukten der Risikoklasse I oder IIa nach MDR (EU-Verordnung für ­Medizinprodukte – Medical Device Regulation) bzw. MDD (Richtlinie über Medizinprodukte – Medical Device Directive).

Die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) bietet inzwischen ein ausführliches Regelwerk, welche DiGA zum Leistungskatalog gehören. In den Tarifbedingungen der privaten Krankenversicherer werden sowohl der Begriff der DiGA definiert als auch die Bedingungen für deren Erstattungsfähigkeit festgelegt. Kongruent zum Begriffsverständnis der GKV gelten als DiGA Medizinprodukte niedriger Risikoklasse (CE-Kennzeichen), deren Hauptfunktion wesentlich auf digitalen Technologien beruht, und die dazu bestimmt sind, bei den Versicherten oder in der Versorgung durch Leistungserbringer die Erkennung, Überwachung, Behandlung oder Linderung von Krankheiten, die Erkennung, Behandlung, Linderung oder Kompensierung von Verletzungen oder Behinderungen zu unterstützen. Diese Definition ist auch in der Vorschrift des § 33a SGB V (Fünftes Buch Sozial­gesetzbuch) – sprich im Regelungswerk zum Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenversicherung – enthalten. Wichtig für die Erstattungsfähigkeit kann die Aufnahme in das DiGA-Verzeichnis nach § 139e SGB V sein, was eine vorherige Prüfung durch das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte voraussetzt. Alternativ ist allerdings auch eine Kostenerstattung von nicht gelisteten DiGA möglich, wenn diese vom Versicherer als erstattungsfähig anerkannt sind. In jedem Falle ist dem Patienten zu empfehlen, vor der Anwendung der DiGA mit ihrer Versicherung die Frage der Kostenerstattung zu klären, da die Versicherer unterschiedliche Anforderungen stellen.

Die ärztlichen Aufklärungspflichten werden um eine digitale Variante erweitert

Der Arzt hat bereits mannigfache Aufklärungspflichten dem Patienten gegenüber, welche nunmehr durch eine digitale Variante erweitert wird. Die Erstattungsfähigkeit betrifft insofern die Pflicht zur wirtschaftlichen Aufklärung.

Weitere Voraussetzung für eine Erstattungsfähigkeit der DiGA ist die Verordnung durch einen Arzt oder Psychotherapeuten nach dem Psychotherapeuten­gesetz (PsychThG).

Die PKV beschränkt die Erstattungsfähigkeit von Kosten auf die Aufwendungen, die durch den Erwerb der Nutzungsrechte an der Software entstehen. Nicht erstattungsfähig sind die Kosten, die für die Nutzung der DiGA eingesetzt werden (Anschaffungs-, Unterhalts- oder Betriebskosten für elektronische Geräte, Betriebssysteme, Strom oder Batterien).

Digitalisierung und Innovation sollen Gesundheitsversorgung sichern

Eingeführt wurde die Möglichkeit zur Verordnung der DiGA durch das Gesetz für eine bessere Versorgung durch Digitalisierung und Innovation (DVG) vom 09.12.2019. Ziel des damaligen Gesetzesentwurfs war vor allem, die Gesundheitsversorgung im Kontext der Herausforderungen einer alternden Gesellschaft, der Zunahme der Anzahl chronisch Kranker, dem Fachkräftemangel sowie der Unterversorgung in strukturschwachen Regionen durch innovative Versorgungsmöglichkeiten zu verbessern. Nach einer Erhebung der Stiftung Gesundheit  („Ärztinnen und Ärzte im Zukunftsmarkt Gesundheit“) hatten von den befragten 2 639 Ärztinnen und Ärzten über ein Drittel bereits DiGA verschrieben, 13,9 % beabsichtigten, dies in nächster Zeit zu tun, 34,7 % wollten prinzipiell keine DiGA verschreiben, wobei hier ursprünglich ein Anteil von Verordnungsverweigerern von 55 % gegeben war. Nach McKinsey betrug der Durchschnittspreis für eine DiGA 458 Euro, bei einem Marktvolumen von etwa 57 Millionen Euro.

Die Verordnung kann analog der Gebührenziffer Nr. 76 der GOÄ mit 9,38 Euro beim zweifachen Satz abgerechnet werden, zuzüglich der GOÄ-Ziffer Nr. 1 zum 2,3-fachen Satz mit 10,72 Euro. Angesichts der Bedeutung der DiGA ein mageres Honorar.

Die genutzte DIGA entspricht nicht immer den Bedürfnissen der Versicherten

Soweit die betreffende DiGA im DiGA-Verzeichnis ­erfasst ist, ist ihr eine eindeutige Pharmazentral­nummer (PZN) zugeordnet. Das DiGA-Verzeichnis enthält unter den „Informationen für Fachkreise“ eine eindeutige PZN, bei unterschiedlichen Indikationen ist jeder Indikation eine eigene PZN zugeordnet.

Aus Nutzersicht sind die DiGA nach einer weiteren Umfrage von mehr als 2 600 AOK-Versicherten sehr positiv zu sehen, die Hälfte hält sie jedoch für verzichtbar. Allerdings würden nur 38 % der Nutzer die genutzte DiGA sehr wahrscheinlich weiterempfehlen, knapp ein Fünftel der Befragten gaben an, sie hätten Probleme bei der Umsetzung der digitalen Therapieinhalte gehabt. Dies lässt durchaus den Schluss zu, dass die genutzten DiGA nicht immer den Bedürfnissen der Versicherten entsprechen, sodass herkömmliche Therapien vor Ort in vielen Fällen immer noch sehr gut im Rennen liegen.

Die Autorin

Ruth Leitenmaier
Fachanwältin für Sozialrecht
Schwerpunkt: LiDo und Adipositas, Sozial- und Medizinrecht
92334 Berching

info@kanzlei-leitenmaier.de
www.kanzlei-leitenmaier.de
Tel.: +49 (0)8460 / 541

Literatur bei der Autorin

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Bildnachweis: privat

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