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Recht

Rechtliche Grauzone

Ärzte auf Social Media – Must-Have oder Nice-to-have?

Ruth Leitenmaier

13.11.2023

Social-Media-Recht als solches existiert nicht, zumindest nicht als eigener Rechtsbereich. Vielmehr sind hier verschiedene Rechtsgebiete involviert, insbesondere das ärztliche Berufsrecht, das Wettbewerbsrecht und die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO). Ein Exkurs, welche Fallstricke Ärzten auf Instagram und Co drohen.

„Po-Vergrößerung ohne OP!“, so die Aussage auf dem Instagram-Account eines plastischen Chirurgen, die zum Gegenstand eines gerichtlichen Verfahrens vor dem OLG Düsseldorf wurde [1]. Zwar sind Social Media inzwischen im ärztlichen Bewusstsein fest verankert, es existieren aber mannigfache rechtliche Fragestellungen und Begrenzungen, die zu einem rechtlichen Minenfeld werden können – und mitunter von einem Social-Media-Auftritt abschrecken.

Im konkreten Fall vor dem OLG Düsseldorf ging es erstens um den Aspekt des Vorher-Nachher-Bildes, zweitens um die Frage, ob hier ein operativer plastisch-chirurgischer Eingriff vorliege. Vorher-Nachher-Bilder sind nach den Vorgaben des Heilmittelwerbegesetzes (HWG) außerhalb der Fachkreise nur bei medizinisch indizierten Eingriffen erlaubt (§ 11 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 HWG in Verbindung mit § 1 Abs. 1 NR. 2 c HWG). Der Anwendungsbereich des HWG ist außerdem nur dann eröffnet, wenn es sich um operative plastisch-chirurgische Eingriffe handelt.

Achtung Abmahnung bei groß angelegten Werbekampagnen

Die Wettbewerbszentrale als Antragstellerin berief sich darauf, dass somit eine unzulässige Werbung vorliege. Der Antragsgegner, d. h. der plastische Chirurg, brachte vor, dass sich die betreffende Werbung nicht auf den Brazilian Butt Lift (BBT) beziehe, den er ebenfalls anbiete, sondern konkret auf eine andere Methode, bei der ein körperfremder flüssiger Füllstoff in die Gesäßregion injiziert werde und so durch einen schlichten Volumenaufbau der ge­wünsch­te Vergrößerungseffekt erreicht werden könne. Eine Besonderheit des Falles liegt darin, dass lediglich durch den Parameter der Injektion ein operativer plastisch-chirurgischer Eingriff unterstellt wird. Nach der Zwecksetzung der heilmittelwerberechtlichen Beschränkungen ist gerade nicht entscheidend, ob und mit welcher Intensität in den Körper eingegriffen wird, sondern die mit dem Verfahren oder der Behandlung erfolgte Zielsetzung. Wo genau diese Schwelle liegt, ist im HWG nicht konkret festgelegt.

Sinn und Zweck des HWG besteht darin, die Gesundheit der Bevölkerung zu schützen, indem der Verbraucher vor unrichtiger oder unsachlicher Beeinflussung im Bereich der Heilmittelwerbung bewahrt wird und auf diese Weise Missbrauchsgefahren bezogen auf Wirkungen und Nebenwirkungen, die vom angesprochenen Publikum nicht überblickt werden können, vorgebeugt wird. Insofern führt die Auslegung der Zielsetzungen des HWG dazu, dass medizinisch nicht indizierte, operativ plastisch-chirurgische Eingriffe auch solche sein können, die in ihren Risiken invasiven krankheitsbezogenen Eingriffen vergleichbar sind.

Ambulanter Eingriff oder schon Operation?

Im beschriebenen Fall vor dem OLG Düsseldorf wurden zur nicht operativen Gesäßvergrößerung in jede Gesäßhälfte 200 ml einer mit Copolymeren angereicherten Kochsalzlösung injiziert, die sich nach etwa 3–5 Jahren abbaut. Im Instagram-Posting wurde dies beschrieben als „ambulanter Eingriff unter sterilen Bedingungen mit lokaler Betäubung“. Das OLG – wie auch zuvor das Landgericht (LG) – wertete dies als einen Eingriff, der die Voraussetzungen des HWG für das Vorliegen eines „operativen plastisch-chirurgischen Eingriffs“ erfülle. Die Behandlung führe zu nicht unerheblichen Veränderungen von gewisser Dauer, sei mit den typischen Nebenwirkungsrisiken kleinerer Eingriffe verbunden und könne Rötungen, Schwellungen, Hämatome, Infektionen und allergische Reaktionen nach sich ziehen. Außerdem bestünden auch noch Risiken, die sich aus der Einbringung körperfremder und zum jahrelangen Verbleib im Körper vorgesehener Stoffe ergeben würden. Der wirtschaftliche Aufwand für die Behandlung sei aus dem Blickwinkel des HWG nicht entscheidend.

Kostenloses Beratungsangebot rechtswidrig

Sie wollen Ihren Patientinnen und Patienten etwas Gutes tun? Bieten Sie ihnen keinesfalls privatärztlich auf Ihrem Instagram-Account ein kostenloses Beratungsgespräch an. Das OLG Hamburg stellt hier klar [2]: Es kommt hier weder auf den Umfang der kostenlosen Beratung an noch auf die Branchenüblichkeit. Es sei nicht zu erwarten, dass Interessenten lediglich wissen wollten, wie eine Operation abläuft oder aber, wie die Klinikeinrichtung beschaffen sei. Patienten würden hier eine Untersuchung der körperlichen Voraussetzungen erwarten, die Erläuterung der verschiedenen Methoden des Operationswunsches, detaillierte Informationen über den Operationsablauf und die Machbarkeit von Veränderungswünschen. Daher sei das Angebot von kostenlosen Beratungsgesprächen wettbewerbswidrig und eine Abmahnung rechtmäßig.

Fazit

Dieser kleine Ausflug in die Welt des „Social-Media-Rechts“ dürfte zeigen, dass auf den Mediziner einerseits zwar zahlreiche Fallstricke warten, andererseits aber bei informiertem und überlegtem Umgang Social Media zahlreiche Chancen bieten, sich einen erheblichen Wett­be­werbsvorteil zu verschaffen, indem die ärztliche Tätigkeit auf Social Media verbraucher- und patientengerecht dargestellt wird.

Die Autorin

Ruth Leitenmaier
Fachanwältin für Sozialrecht
Schwerpunkt: LiDo und Adipositas, Sozial- und Medizinrecht
92334 Berching

info@kanzlei-leitenmaier.de
Tel.: +49 (0)8460 / 541

Literatur bei der Autorin

Bildnachweis: privat

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