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Praxisorganisation

Psychologische Grundbedürfnisse im Praxisteam

Teamresilienz – gemeinsam leistungsstark und widerstandsfähig

Theresia Wölker

17.2.2023

Die Schaffung eines leistungsstarken, widerstandsfähigen Praxisteams erfordert mehr, als nur die richtigen Mitarbeiterinnen einzustellen und sie mit den richtigen Arbeitsmitteln auszustatten. Wir geben Tipps, wie man die Teamresilienz in herausfordenden Zeiten wie diesen aufbauen und unterstützen kann.

Die Schaffung eines leistungsstarken, widerstandsfähigen Praxisteams erfordert mehr, als nur die richtigen Mitarbeiterinnen einzustellen und sie mit den richtigen Arbeitsmitteln auszustatten. Wir geben Tipps, wie man die Teamresilienz in herausfordenden Zeiten wie diesen aufbauen und unterstützen kann.

Leistungsstarke Teamarbeit kann entstehen, wenn drei psychologische Bedürfnisse erfüllt werden:

  • Autonomie (das eigene Handeln selbst steuern können)
  • Kompetenz (jeder möchte seine Selbstwirksamkeit bewusst erleben und leben können)
  • Verbundenheit (man möchte eingebunden sein in einen sozialen Kontext)

Diese Selbstbestimmungsaspekte bilden den Antrieb für menschliche Grundbedürfnisse. Je nach Befriedigung dieser drei Bedürfnisse wird die Motivation des Menschen positiv oder negativ bestimmt und zeigen den Grad seines Wohlbefindens auf.  Das gilt auch – und vielleicht sogar in besonderem Maße – für Ihr Praxisteam.

Seneca: Wer den Hafen nicht kennt, in den er segeln will, für den ist kein Weg der richtige.


Der wichtige Schlüssel zu einer qualitativ hochwertigen Patientenversorgung und einer erfolgreichen Praxis sind nun mal engagierte, qualifizierte und vor allem motivierte Mitarbeiter.


Resilienz – was ist das eigentlich?

„Was mich nicht umbringt, macht mich stark“ ist eine einfache Erläuterung für den Begriff Resilienz. Resilienz beschreibt eine Anpassungsfähigkeit – den Prozess, in dem Personen auf Probleme und Veränderungen mit Anpassung ihres Verhaltens reagieren. Manche nennen es auch „das Immunsystem der Seele“.

Dass Krisen zusammenschweißen, ist eine alte Erfahrungstatsache. Nun ist die Corona-Krise gefühlt für viele vorüber und andere Probleme drängen in den Vordergrund. Irgendwie lässt der Druck, gemeinsam gegen etwas ankämpfen zu müssen, scheinbar nach. Jetzt sollte man an den Grundlagen für eine konstante Teamarbeit arbeiten und das Praxisteam gut unterstützen, um das Resilienzprofil jedes Einzelnen zu stärken und weiterzuentwickeln.

Laut Definition arbeiten resiliente Teams auch in kritischen Situationen erfolgreich zusammen und bewältigen Krisensituationen gemeinsam. Sie definieren sich durch ihre gut funktionierenden interaktionalen Prozesse, durch die Art der Teamführung und durch die persönlichen Ressourcen jedes Einzelnen. Entscheidend für die Teamresilienz sind gegenseitiger Respekt und Empathie sowie ein Fokus auf gemeinsamen positiven Emotionen, bei gleichzeitigem bewusstem Umgang auch mit negativen Gefühlszuständen. Fehler und Scheitern sind in einem resilienten Team ansprechbar und werden zur Weiterentwicklung genutzt. Auf die zunehmende Komplexität der Umwelt reagieren solch gut funktionierenden Teams effizienter und flexibler.


Die Grundlagen

Erfolgreiche Teamarbeit ist nur mit einer gemeinsamen Vision möglich – denn ohne ein Ziel, weiß niemand, wohin er gehen soll. Deshalb bedarf es einer Führungskraft, die das Bedürfnis nach Orientierung und Kontrolle erfüllt und deutlich macht, wohin die gemeinsame Reise geht. Also muss dieses Ziel jedem Mitarbeiter im Team bekannt sein. Neben dem Praxis-Leistungsspektrum vermittelt das Leitbild die Qualitätsgrundsätze der Praxis. Sie sind richtungsweisend für das Verhalten untereinander und gegenüber den Patientinnen. Gerade in der jetzigen Zeit sind die Formulierungen aus dem Leitbild die Basis:

  • für ein klärendes Team-Meeting,
  • für das Aufarbeiten der kritischen Corona-Zeit
  • und für den motivierende Ausblick auf die nächste Zukunft als Anspruch und Ansporn für das gesamte Praxisteam.

Ohne Feedback kann man sich nicht weiterentwickeln. Eine gute Feedback-Kultur gehört daher unbedingt zu einer erfolgreichen Teamarbeit und Entwicklung von Resilienz. Überwinden muss man das unangenehme Gefühl, dass es schwerfällt, gute und schlechte Dinge auszusprechen. Neben dem wirtschaftlichen Status quo ist es wichtig, dass die Drucksituation der vergangenen zwei Jahre kritisch reflektiert wird. Für manchen im Team kann es entlastend sein, wenn offen über die gefühlsmäßigen Herausforderungen gesprochen werden kann, etwa zu

  • der eigenen Emotionssteuerung in den Phasen des Lockdowns
  • und/oder der individuellen Impulskontrolle in Notfall- und Ausnahmesituationen.

Der Umgang mit dem Unerwartetem wird sehr unterschiedlich gewesen sein. Gab es Gelassenheit in der turbulenten Zeit? Wie war die gegenseitige Unterstützung in Krisensituationen? Gab es eine flexible Anpassung von Arbeitsweise und Aufgabenverteilung?

Es ist gut, wenn sich das Team Zeit nimmt für die emotionale Verarbeitung kritischer Situationen und sich mithilfe der Teamleitung wieder einen Überblick verschafft, den Perspektivenwechsel wagt und auch mutige Überlegungen für die Zukunft anstellt.

Stellen Sie aktiv Fragen zu dem Erlebten: Welche Erfahrungen haben die einzelnen Mitarbeiterinnen gemacht? Und fühlen sie sich durch die Erlebnisse positiv bestärkt, bei neuen Herausforderungen ruhig und besonnen ihre Gefühle steuern und die Situation kompetent meistern zu können? Wenn dem so sein sollte, können Sie Ihrem Team gratulieren! Teamresilienz beschreibt nämlich die wesentliche Zukunftskompetenz: die Fähigkeit, bei Belastungen standzuhalten und psychisch widerstandsfähig zu sein. Menschen mit hoher Resilienz werden häufig mit folgenden Eigenschaften beschrieben:

  • ruhig und gelassen
  • humorvoll
  • menschlich
  • zuversichtlich
  • zielorientiert
  • diszipliniert
  • selbstwirksam und selbstreflektiert

Wer widerstandsfähig ist und viele Resilienzfaktoren mitbringt, wird nach Lösungen suchen. Dann trifft man Entscheidungen zu notwendigen Einsparungen, analysiert Zahlen, Daten und Fakten und bespricht gemeinsam im Team, was hinsichtlich der Patientenbindung und Wirtschaftlichkeit getan werden muss.

Auf Menschen, die weniger resilient sind, wirkt eine schwierige Situation eher lähmend; sie fühlen sich ausgeliefert und wenig handlungsfähig. Oft ist ein realistischer Blick auf die Dinge nicht mehr möglich. Neue Wege werden nicht beschritten, weil Furcht und Sorgen alles überschatten. Nicht wenige leiden unter psychischen Problemen in Form von psychosomatischen Störungen – und sind dann erst recht nicht mehr handlungsfähig.


Aufbau von Resilienz

Generell gibt es zwei Strategien, um den Aufbau von Resilienz zu fördern:

  • die Nutzung von positiven Kräften (Ressourcen und Kraftquellen)
  • die Kultivierung von Schutzfaktoren (schützende und unterstützende Eigenschaften)

Die Teamresilienz wird unterstützt, wenn die Praxisleitung in der Lage und dazu bereit ist, jedem einzelnen im Team individuelle Möglichkeiten und Handlungsspielräume aufzuzeigen, unter Berücksichtigung der individuellen Bedürfnisse. Es gilt, immer wieder an Ressourcen und Kraftquellen zu erinnern,

die jeder intrinsisch hat. Was hält mich gesund? Sogenannte protektive Faktoren (das sind persönliche, familiäre, soziale und Umweltbedingungen) wirken unterstützend und gesundheitsbegünstigend. Neben den Anforderungen an das tägliche Arbeitspensum in der Praxis kann deshalb eine Teamvereinbarung getroffen werden:

Wir sorgen aktiv für eine gute Teamresilienz, indem wir zwei Faktoren beachten:

  • Prävention = wir reduzieren unsere Risikofaktoren (z. B. zu wenig Pausen)
  • Salutogenese = wir erhöhen unsere Schutzfaktoren (z. B. ausreichend trinken)

Diese Vereinbarung gibt psychologische Sicherheit und kann als kontinuierliche Verbesserungsmaßnahme in das praxiseigene Qualitätsmanagement aufgenommen werden. Positiver Nebeneffekt: das Thema Resilienz bekommt auch eine Außenwirkung und kann z. B. als Beratungsangebot auch für Ihre Patientinnen interessant werden.

Führung und Resilienz

Positiv verstärkend ist die Wirkung nach innen und außen, wenn die Praxisleitung/Chef in resilienter Vorbildfunktion als ruhige und besonnene „Wagenlenker“ wahrgenommen werden, die dem Team immer wieder

  • die gemeinsame Zielrichtung als roten Faden aufzeigen,
  • Sicherheit herstellen und beruhigen,
  • die Selbstwirksamkeit fördern,
  • das Verbunden-Sein und das Wir-Gefühl stärken und
  • Hoffnung und Zuversicht geben.
Aristoteles: Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile.


Häufige und proaktive Rückmeldungen seitens der Leitung helfen nicht nur, das Team auf dem richtigen Kurs zu halten und Probleme zu vermeiden, sondern auch dabei, dass jedes Mitglied sich stetig verbessern kann. Das Feedback sollte dabei kritisch und wertschätzend, aber in jedem Fall konstruktiv sein. Als Bonus zur Entwicklung der Resilienz jedes einzelnen Teammitglieds gibt es das Entstehen von Synergien. Diese Synergien machen aus einem Team mehr als die Summe seiner Teammitglieder.

Die Schaffung eines leistungsstarken, widerstandsfähigen Praxisteams erfordert mehr, als nur die richtigen Mitarbeiterinnen einzustellen und sie mit den richtigen Arbeitsmitteln auszustatten. Es sollten Möglichkeiten geschaffen werden, damit sich echte, authentische Beziehungen und Wertschätzung untereinander entwickeln können. Eine resiliente Führung schafft es – gerade in unsicheren Zeiten – „Steuermann“ zu bleiben, und immer wieder den sicheren Hafen anzupeilen.

1. Dabei sollten die Rahmenbedingungen stimmen, die sogenannte Strukturqualität. Voraussetzung dafür sind u. a. klare Arbeits- und Urlaubsregelungen, attraktive Zusatzleistungen (betriebliche Altersvorsorge etc.), Praxisleitbild mit gemeinsamer Zielsetzung, eindeutige Stellenbeschreibungen, ein Organigramm, regelmäßige, produktive Team-Meetings und reflektierende Mitarbeiter-Jahresgespräche.

2. Neben diesen sogenannten „harten Faktoren“ braucht es soft skills als notwendige Grundlage, vor allem bei höherer Belastung und in Krisen gewappnet zu sein: durch gute und kontinuierliche Kommunikation und durch die Förderung von Gemeinschaftsgeist und Gruppenzusammenhalt. So können Arbeitsplätze das psychologische Grundbedürfnis nach Verbundenheit fördern, aber auch immer wieder die Balance halten zwischen notwendiger Teamarbeitsleistung und individueller psychischer wie auch körperlicher Gesundheit und Widerstandskraft.

Die Autorin

Theresia Wölker
Beraterin und Fachreferentin im Gesundheitswesen
(Schwerpunkte QM, ­Kommunikation, Stressbewältigung und Resilienz)

www.theresia-woelker.de

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