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Praxisorganisation

Jung vs. alt im Praxisteam

So lassen sich Generationskonflikte klug lösen

Liane Mühlenberg

8.7.2022

Wenn im Praxisteam verschiedene Generationen zusammenarbeiten, kann es durchaus mal zu Konflikten kommen. Als Praxisinhaber sollten Sie die besonderen Bedürfnisse der einzelnen Generationen kennen, um die Interessen zusammenzuführen und Konflikte möglichst schon im Vorfeld zu lösen.

Die in einer Praxis erbrachte Wertschöpfung hat sich im Laufe der Jahre nicht verändert – wohl aber die Art der Leistungserbringung. Dazu gehört die Zunahme ambulanter Behandlungen oder auch einer engeren Vernetzung der Sektoren. Je nach Spezialisierungsgrad sind die Mitarbeiter für die Diagnose, Therapie oder Administration zuständig und schaffen somit die Voraussetzung, um das Hauptgeschäft einer Praxis auszuüben.

„Die Zeiten haben sich geändert“ hören wir bei unseren Beratungsgesprächen vermehrt. Das gilt insbesondere dann, wenn Generationen aufeinandertreffen. Die Veränderungen sind vielfältiger Art. Die „Teenies“ pubertieren zwar eher, aber erwachsener sind sie deshalb nicht, wenn sie als Auszubildende neu ins Team kommen. Wir wissen, dass jede Generation ihre eigenen Charakteristika, Ansprüche, Erwartungen und Fähigkeiten anzubieten hat. Dazukommen noch ein veränderter Humor und unterschiedliche Wertevorstellungen.

Das macht das Zusammenleben nicht einfacher – geschweige denn das Zusammenarbeiten. Die Praxis kann und sollte aber von den verschiedenen Eigenschaften und Talenten profitieren. Dazu muss sie sich den Problemen stellen – eine Herausforderung für die Praxisleitung. Die muss sich dessen bewusst sein und im Führungsstil umsetzen.

Keine Gleichbehandlung von Ungleichen

Um die Unterschiede zwischen den Generationen und deren Rolle im Arbeitsteam zu verstehen, müssen die Werte und Normen definiert werden: eine Generation besteht aus einer Altersgruppe, deren Geschichte eine Reihe einflussreicher Erfahrungen zusammen verbindet und sich somit von vorherigen Altersgruppen unterscheidet. Die Abbildung oben gibt eine grobe Übersicht.

Baby Boomer sind loyale, fleißige und engagierte Mitarbeiter, die in der Regel früh morgens beginnen und Überstunden als moralische Verpflichtung ansehen. Unter Beachtung, dass die Baby Boomer sich mehr und mehr vom Arbeitsmarkt zurückziehen, ist es sehr wichtig, die Möglichkeit des Mentorings zu nutzen. Dadurch wird das Wissen und die Erfahrungen dieser Generation weitergegeben und geht nicht verloren. Die Verwendung als Mentoren gibt ihnen eine persönliche Befriedigung und ermöglicht der Organisation, von den Erfahrungen der Baby Boomer zu profitieren.

Die Generation X stellt häufig den beruflichen Aufstieg in den Mittelpunkt. Unabhängigkeit und Individualismus in der Arbeitsgestaltung sind gerne genommen, gehören aber nicht zu den unabdingbaren Voraussetzungen.

Für die Generation Y sind Work-Life-Balance und Selbstverwirklichung noch wichtiger. War es für Generation X noch ein Bonus, ist es jetzt ein Muss. Der Beruf soll Spaß machen, der eigenen Persönlichkeit entsprechen und sich auch mit den Anforderungen der Familie unter einen Hut bringen lassen. Die vielfältigen Anforderungen im beruflichen und privaten Umfeld sind belastend, Vernetzung am Arbeitsplatz wichtig – auf sozialer und auf digitaler Ebene.

Die Generation Z hat gerade die ersten Schritte im Berufsleben hinter sich und die höchsten Ansprüche an Werte wie Unabhängigkeit und freie Entfaltung. Daher ist Flexibilität besonders wichtig – dies gilt für Arbeitszeiten, Arbeitsort wie auch für den Arbeitgeber selbst.


Führung ist, was Mitarbeiter mitgestalten

Je Praxisgröße können zur Verbesserung der Beziehungen in generationsübergreifenden Teams kleine Gruppen oder Paten gebildet werden. Generationspaten – zusammengesetzt aus unterschiedlichen Generationen. In lockeren Runden werden die Werte vorgestellt und welche Interessen jeder hat. Dabei geht es auch darum, veränderte Umgangsformen zu akzeptieren und vielleicht selbst einmal auszuprobieren.

Voraussetzung dafür ist eine offene Kultur im Team. Sollten bereits Risse vorhanden sein, sind zuerst Teamsitzungen mit entsprechenden Themen wie Wertschätzung und das offene Ansprechen der Probleme unumgänglich. Und hier kann zu einem kleinen Experiment ermutigt werden, z. B. einem Handyhotel im Backoffice. Das Handyhotel ist eine praktische Lösung für die Aufbewahrung von Mobiltelefonen. Jeder hat so die Möglichkeit, mal „eben schnell“ drauf zu schauen, und muss nicht ständig nebenbei drauf schauen – was die Kollegen nerven kann. Im Gegenzug kann eine jüngere Kollegin mal einen ihrer Social-Media-Kanäle vorstellen und was ihr das „rumzappen“ bietet.

Vielen MItarbeitern ist die Work-Life-Balance besonders wichtig.


Ganz wichtig ist, dass wir das Umfeld nicht vergessen. Gerade viele jüngere Kollegen mussten unter der Corona-Pandemie einen Teil ihrer Jugend „abgeben“. Keine Freizeitaktivitäten, kein Treffen mit all den vielen Freunden, kein „herumhängen“. Oder auch die Kollegen, die Kinder zu Hause zu versorgen haben. Denen es schwerfällt, gerade in der Corona-Zeit, die Versorgung der Familie zu gewährleisten. Und die trotzdem ein schlechtes Gewissen haben, weil die Mehrarbeit in der Praxis auf den Schultern der Kinderlosen liegen bleibt. Unweigerlich entstehen hier Spannungen.


Langsamer vorgehen, schneller vorankommen

Diese Spannungen zu mindern und ein Team zu bilden, das mit Respekt, Achtung und Wertschätzung arbeitet, sollte das Ziel sein. Ein gut aufgestelltes Team ist der wichtigste Erfolgsfaktor für die Praxis. Von daher ist es Aufgabe der Führungskräfte in der Praxis, die inneren Einstellungen und das Wissen anzupassen und dieses zu fördern und vorzuleben (> Praxismanagement).

Was kann also getan werden? Viele Mitarbeiter der jüngeren Generation setzen auf Work-Life-Balance. Das wünschen sich aber auch immer mehr die früheren Generationen. Warum dem nicht nachkommen und neue Arbeitsmodelle anbieten? Weg von strengen Hierarchien, hin zu mehr Eigenverantwortung, auch bei der Gestaltung der Arbeitsumgebung und der Arbeitszeiten. Um die Teams nicht nur näher zusammenzubringen, sondern auch Resilienzen zu bilden, sind gemeinsame Unternehmen der Schlüsselfaktor. Hier ein paar Beispiele:

  • Ein wöchentliches kleines, gemeinsames Frühstück, in dem Raum für Gedanken und Gefühle gegeben wird, um Sorgen und Ängste auszusprechen. Geht es Kollegen ähnlich? Werden die Gefühle und Emotionen verstanden, stärkt es die Teammitglieder und es können Anregungen und Unterstützung angeboten werden. Soziale und emotionale Ressourcen werden aufgebaut und stärken den Zusammenhalt. Es wird sich gegenseitig Kraft gegeben und nach Lösungen gesucht.
  • Die Weiterbildung fördern, um die Soft Skills zu verbessern. Das kommt nicht nur der Praxis und den Kollegen zugute, sondern auch den Patienten, Freunden und anderen.
  • Gemeinsame Aktionen wie Wanderungen, Walk-to-Work, ein Sommerfest oder ein Kostümfest fördert eine Kultur des Miteinanders.

Wir alle gehen mehr in unserem Beruf auf, wenn Vertrauen innerhalb der Arbeitsgruppe besteht. Das fördert die eigene persönliche Integration mit dem Team, egal welche Generationszusammensetzung vorherrscht.

Die Autorin Liane Mühlenberg, Consultant bei Online Akademie für Gesundheitswesen

Literatur bei der Autorin

Bildnachweis: privat

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