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Onkologie

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S3-Leitlinie Zervixkarzinom: aktualisierte Empfehlungen

Dr. rer.nat. Christine Reinecke

Mit der überarbeiteten Leitlinie werden neue Empfehlungen zur operativen Therapie, Radiochemotherapie, Bildgebung und medikamentösen Behandlung des Zervixkarzinoms ausgesprochen. Damit soll auch das gemeinsame Shared Decision Making erleichtert werden.

Die Inzidenz des Zervixkarzinoms hat in den vergangenen Jahrzehnten abgenommen, was vor allem auf das Krebsfrüherkennungsprogramm von 1971 zurückzuführen ist. Dennoch konnte die Mortalität und besonders die Morbidität bei Patientinnen mit Gebärmutterhalskrebs in den letzten zehn Jahren nicht deutlich reduziert werden. Es besteht die Erwartung, dass die Impfung gegen das Humane Papillomvirus (HPV) beide Raten weiter sinken lassen wird. Zu einer ausreichenden Impfquote sollte auch die empfohlene Impfung für Jungen im Alter von 9 bis 14 Jahren beitragen. In Australien wurde zwischen 2006 und 2009 eine Reduktion der Inzidenz der HSIL-Läsionen von 0,85 % auf 0,22 % bei den Frauen unter 18 Jahren, die eine Impfung bekommen hatten, erreicht. Das nationale Impfprogramm wurde mit dem quadrivalenten Impfstoff (HPV-Typen 6, 11, 16 und 18) bei Mädchen zwischen 12 und 13 Jahren durchgeführt. Auch in einer Metaanalyse (20 Studien, 9 Länder, 16.600 geimpfte Frauen) wurde eine Reduktion der Inzidenz gezeigt. Die Inzidenz verringerte sich bei Infektionen mit HPV 16 und 18 bei den Mädchen und Frauen zwischen 13 und 19 Jahren um 64 %.
Weiterhin heterogen ist jedoch die Behandlung des Zervixkarzinoms. Eingesetzt werden Therapievariationen, in denen unterschiedlichste Ansätze kombiniert werden. Mit der Überarbeitung der S3-Leitlinie wurden neue Therapieempfehlungen gegeben, mit dem Ziel, einen Qualitätsstandard als Basis für eine individuelle und qualitativ hochwertige Therapie zu etablieren.
Im Einzelnen geht es um folgende Neuerungen:

Update „Tumor-Klassifikation“

In der neuen Klassifikation der Fédération Internationale de Gynécologie et d’Obstrétique (FIGO) von 2018 wurden lange vorhandene Kritikpunkte aufgenommen.
Zum Beispiel wurden bildgebende oder operative diagnostische Verfahren integriert; die paraaortalen Lymphknoten wurden als pN1 klassifiziert und nicht mehr als pM1. Da die Klassifikationen nach FIGO (neu) und TNM (alt) nicht mehr kongruent sind, ist in der überarbeiteten Version weiterhin die alte FIGO- Einteilung gültig. Seit der neuen Klassifikation (2018) liegen noch keine Studiendaten vor.

Update „operative Therapien“

• Mehrere Studien haben gezeigt, dass die offene radikale Hysterektomie bessere Überlebenschancen bietet. Ist die Erkrankung auf die Gebärmutter begrenzt und werden keine Lymphknotenmetastasen nachgewiesen, wird die Gebärmutter meist vollständig entfernt.
• Wie mehrere Studien zeigten, weist die offene radikale Hysterektomie bei Patientinnen mit Zervixkarzinom bis FIGO-Stadium 1B1 ein besseres Overall-Survival bei der abdominalen Methode auf als bei der minimal invasiven. Dieser Aspekt wurde überarbeitet und eine entsprechende Empfehlung zur Information der Patientin hinsichtlich der aktuellen Datenlage ausgesprochen.
• Die Sentinel-Lymphknoten-Biopsie wurde als Konzept bei Tumoren bis 2 cm und bei pT1a1 und L1 integriert. Methodisch zeigt sich hier, dass eine blaue und radioaktive Markierung gleichwertig zum intraoperativen Indocyaningrün (ICG) ist.


Update „Radiochemotherapie“

In der überarbeiteten Leitlinie bleibt die Radiochemotherapie Standard. Weiterhin betont wurde die Wichtigkeit der Daten zur intensitätsmodulierten Radiotherapie und die individualisierte MRT-gestützte Brachytherapie, beziehungsweise die image-guided adaptive Brachytherapie. Diese ist ein obligater Bestandteil der Behandlung der Zervixkarzinompatientin, die an einem Behandlungsort geplant und durchgeführt werden sollte.

Die Übersicht zeigt die Therapiemöglichkeiten und deren Kombinationen: rechts die zentralen Therapieoptionen der primären Radio(chemo)therapie, links die der primären Operation. Mögliche Kombinationen sind strukturiert dargestellt, entsprechend des jeweiligen zeitlichen Behandlungsablaufes und ohne hierarchische Wertung. Nicht alle Optionen sind Standard oder in größeren prospektiv-randomisierten Studien untersucht; sie sind auch nicht gleichwertig.

Update „Rezidiv- und Metastasierungssituation“

In der Rezidiv- und Metastasierungssituation sind in der Bildgebung und der medikamentösen Therapie mehrere Studien durchgeführt worden:

• Das PET-CT ist der Rezidivsituation vor einer geplanten Therapie wie Exenteration oder Radiochemotherapie vorbehalten. In anderen Situationen sollte ein PET-CT nur bei Unklarheit durchgeführt werden, jedoch nicht routinemäßig.
• Neuer Standard in der medikamentösen Therapie ist die Hinzunahme von Bevacizumab in der Firstline-Therapie des Primärrezidivs beziehungsweise der Metastasen. Zusätzlich kann Cisplatin durch Carboplatin äquivalent ersetzt werden, wenn mit Platin vorbehandelt wurde. Bei Platin-naiven Patientinnen sollte weiterhin Cisplatin verordnet werden.
• In Bezug auf die Secondline-Therapien sind Informationen über Nab- Paclitaxel, Vinorelbine, Ifosfamid, Topotecan, Pemetrexed oder Irinotecan vorhanden. Diese können in der Secondline-Therapie eingesetzt werden, wobei die Studien hierzu keinen Vergleich zum Vorgehen des Best-supportive-Care integriert haben.
• Als neue Substanzklasse sind die Checkpoint-Inhibitoren hinzugekommen. Diese blockieren hemmende Rezeptoren des Immunsystems und aktivieren dadurch zytotoxische Zellen und steigern somit deren Antitumor-Wirkung. Eine verstärkte Expression von PD-L1 (programmed death ligand 1) auf Tumor-infiltrierenden Lymphozyten kann darauf hinweisen, dass die Blockade von PD-1/PD-L1 eine therapeutische Option beim Zervixkarzinom sein könnte.
• Es zeigte sich, dass Pembrolizumab bei PD-L1-positiven Karzinomen effektiv ist. In Phase-I- und -II-Studien zeigte der gegen PD-1 gerichtete Antikörper eine Ansprechrate von 17 % bei Patientinnen mit nicht operablem oder metastasiertem Zervixkarzinom, nachdem eine vorangegangene Systemtherapie erfolglos war. Die therapiebedingte Toxizität war bei 70–75 % der Patientinnen hoch, bei 39 % traten schwerwiegende Nebenwirkungen auf. Wenn Pembrolizumab gegeben werden soll, dann in der Secondline-Therapie, nicht in höheren Therapielinien.

www.leitlinienprogramm-onkologie.de/leitlinien/zervixkarzinom/

Pressemitteilung Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe e.V., März 2021

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Bildnachweis: Victor Antkevych (GettyImages)

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