- Anzeige -
News

Vor-Ort-Apotheken-Stärkungsgesetz

Landesärztekammer Baden-Württemberg: „Apotheker sind keine Hausärzte light“

15.6.2022

Apotheken sollen künftig Dienstleistungen auf Kosten der Krankenkasse anbieten, die früher nur Ärzten vorbehalten waren. Bei den Verhandlungen um die Details des Vor-Ort-Apotheken-Stärkungsgesetz (VOSG) gab es vergangenen Freitag einen Schiedsspruch.

„Apotheker sind keine Hausärzte light“, kritisiert Dr. med. Wolfgang Miller (Leinfelden-Echterdingen), Präsident der Landesärztekammer Baden-Württemberg, und befürchtet, dass künftig die Versorgungsqualität leiden wird. Hintergrund der Kritik ist das Vor-Ort-Apotheken-Stärkungsgesetz, das bereits zu Jahresbeginn in Kraft trat. Doch hatte es seither keine Einigung zu Detailfragen zwischen GKV-Spitzenverband und Deutschem Apothekerverband gegeben. Die Schiedsstelle fällte eine Entscheidung.

Konkret werden von Gesetz und Schiedsspruch ärztliche Kompetenzbereiche tangiert. So sollen künftig unter anderem Organtransplantierte, Krebskranke, Asthmatiker oder Menschen mit hohem Blutdruck in Apotheken beraten werden. Für Miller ist klar: „Die Apotheker sollen demnach (haus-)ärztliche Leistungen erbringen ‒ und das, obwohl nur Ärzte über eine qualifizierte Heilkundeerlaubnis verfügen. Ihre Approbation erlaubt es, den Arztberuf selbstständig und eigenverantwortlich auszuüben, also beispielsweise die Krankengeschichte zu erheben, sowie Untersuchung, Diagnose und Therapie durchzuführen.“ Aus gutem Grund habe der Gesetzgeber die berufsmäßige Ausübung der Heilkunde bislang an ärztlichen Sachverstand gekoppelt.

Das zunehmende Aufweichen dieser klaren Grenze habe Folgen: Was macht der Apotheker, wenn der chronisch Kranke Herzbeschwerden hat, wenn ihm schwindelig ist oder wenn er Atemnot hat? Wie will er das abklären? Woher bekommt er ein Rezept für ein eventuell benötigtes Medikament? Überweist der Apotheker dann zum Arzt? ‒ Für Miller sind dies völlig abwegige Gedankenspiele. Er beruft sich auf die bewährte und klare Aufgabenverteilung zwischen Ärzten und Apothekern. Die vermeintliche „Stärkung der vor Ort-Apotheken“ hingegen gefährdet nach den Worten des Kammerpräsidenten die qualitativ hochwertige Versorgung der Patientinnen und Patienten. „Die baden-württembergische Ärzteschaft lehnt daher die Beratung gerade von chronisch Kranken in Apotheken grundsätzlich ab.“

Die Sicht der Apotheker ist naheliegenderweise anders: „Das ist ein Meilenstein für die Patientenversorgung. Mit den neuen Leistungen können wir Versorgungsdefizite beheben und die Effizienz der individuellen Arzneimitteltherapie verbessern“, sagt Gabriele Regina Overwiening (Reken), Präsidentin der ABDA ‒ Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände. Patienten haben entsprechend VOSG Anspruch auf zusätzliche Betreuungsangebote der Apotheke, so fasst die ABDA zusammen, wenn sie

  • fünf oder mehr verordnete Arzneimittel einnehmen,
  • gegen eine Krebserkrankung neue Tabletten oder Kapseln erhalten (orale Antitumortherapie),
  • nach einer Organtransplantation neue Medikamente verordnet bekommen, um die körpereigene Abstoßungsreaktion zu hemmen (Immunsuppressiva),
  • einen ärztlich diagnostizierten Bluthochdruck haben und Blutdrucksenker einnehmen sowie
  • gegen eine Atemwegserkrankung Medikamente zum Inhalieren erhalten.

Thomas Dittrich (Großröhrsdorf), Vorsitzender des Deutschen Apothekerverbands (DAV) ergänzt: „Wir haben lange für die pharmazeutischen Dienstleistungen gekämpft und verhandelt. Jetzt gibt es ein gutes Leistungsportfolio, das die Apotheken auch im Interesse der Patienten umsetzen können, ohne dass es dazu einer ärztlichen Verordnung bedarf.“

Pressemitteilung der Landesärztekammer Baden-Württemberg, Juni 2022
Pressemitteilung der ABDA ‒ Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände, Juni 2022

No items found.
Lesen Sie mehr und loggen Sie sich jetzt mit Ihrem DocCheck-Daten ein.
Der weitere Inhalt ist Fachkreisen vorbehalten. Bitte authentifizieren Sie sich mittels DocCheck.
- Anzeige -

Das könnte Sie auch interessieren

123-nicht-eingeloggt