- Anzeige -
News

Stammzellforschung

Meilenstein: Neue Reparaturoption für Herzinfarkt-zerstörtes Myokard

16.5.2022

Ob sich durch eine Behandlung mit kardialen Vorläuferzellen in Myokardinfarkt-geschädigten Bereichen des Herzens neue funktionierende Herzzellen bilden können, soll nach jahrzehntelangen Forschungen eine klinische Studie zeigen, über die ein internationales Team jetzt in der Fachzeitschrift „Nature Cell Biology“ berichtet.

Ein experimenteller Ansatz, um zerstörtes Herzgewebe wiederherzustellen, sind Stammzelltherapien. In früheren Studien wurde unter anderem mit aus Stammzellen entwickelten Kardiomyozyten experimentiert. Hierbei kam es aber häufig zu Nebenwirkungen wie unregelmäßigem Herzschlag oder tödlichen Herzrhythmusstörungen (> kardiovaskuläre Erkrankungen). Das Team um Prof. Dr. med. Karl-Ludwig Laugwitz (München) setzt hingegen auf kardiale Vorläuferzellen ‒ spezielle humane pluripotente Stammzellen (human ventricular progenitor cells ‒ HVP). Diese Zellen sind maßgeblich bei der Bildung des Herzens beteiligt. Aus ihnen differenzieren sich nach und nach die unterschiedlichen Zelltypen des Herzmuskels, darunter auch Kardiomyozyten. Dem Forschungsteam ist es gelungen, große Mengen solcher kardialen Vorläuferzellen aus menschlichen embryonalen pluripotenten Stammzellen herzustellen. „Wir sehen hier das Resultat von zwei Jahrzehnten Forschung, in denen wir nach der ‚idealen Zelle‘ gesucht haben, um den Herzmuskel wieder aufzubauen“, sagt Prof. Dr. Kenneth R. Chien, ein weiterer der beteiligten Forscher.

Mit diesen Zellen wurden zunächst die komplexen molekularen Prozesse untersucht, die bei der Reparatur geschädigter Areale des Herzmuskels ablaufen. „Wir konnten in Laborversuchen zeigen, wie kardiale Vorläuferzellen die geschädigten Areale im Herz gewissermaßen aufspüren können, gezielt dorthin wandern und sich in funktionsfähige Herzzellen ausdifferenzieren. Darüber hinaus verhindern sie aktiv die Bildung von Narbengewebe, indem sie Fibroblasten abwehren, also die Zellen, die das Gerüst für das funktionslose Bindegewebe aufbauen“, berichtet Laugwitz. In Folgeuntersuchungen prüfte das interdisziplinäre Team an Schweinen mit ihrem, dem menschlichen Herz sehr ähnlichen Herzen, wie wirksam eine Therapie von Myokardschäden mit HVP ist. Die Studie zeigte, dass Schäden am Herz zuverlässig und ohne schwerwiegende Nebenwirkungen repariert werden können. „Wir haben nach der Behandlung die Bildung von neuem Herzgewebe, eine verbesserte Herzfunktion und Reduktion von Narbengewebe beobachten können“, sagt Dr. Regina Fritsche-Danielson, eine weitere der beteiligten Forscher.

In den kommenden Monaten und Jahren wollen die Wissenschaftler ihre Forschungsergebnisse zu einer Therapie für Herzpatienten weiterentwickeln. Ein wichtiger Zwischenschritt ist die Entwicklung von hypoimmunogenen Linien von HVP, die vom Körper nicht als fremd angesehen und nicht mehr abgestoßen werden. In weiteren Studien sollen diese hypoimmunogenen Zellen und deren mögliche Nebenwirkungen erforscht werden. Ziel ist es, innerhalb der nächsten zwei Jahre mit klinischen Studien zum therapeutischen Einsatz von HVP zu beginnen. „Die neuen Erkenntnisse zum therapeutischen Einsatz von kardialen Vorläuferzellen sind ein Meilenstein in der Behandlung von Patienten mit schwerer Herzinsuffizienz“, sagt Laugwitz. „Insbesondere ältere Betroffene mit Begleiterkrankungen, für die schwerwiegende Herzoperationen eine zu große Belastung wären, könnten von einer Behandlung mit kardialen Vorläuferzellen profitieren.“

1 Pressemitteilung der Technischen Universität München, Mai 2022
2 Poch CM et al., Nat Cell Biol 2022 May; 24: 659‒671, DOI 10.1038/s41556-022-00899-8, PMID 35550611

No items found.
Lesen Sie mehr und loggen Sie sich jetzt mit Ihrem DocCheck-Daten ein.
Der weitere Inhalt ist Fachkreisen vorbehalten. Bitte authentifizieren Sie sich mittels DocCheck.
- Anzeige -

Das könnte Sie auch interessieren

123-nicht-eingeloggt