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Onkologie

Experten warnen vor Krebstests, die auf einem Geschäft mit der Angst beruhen

2.10.2023

Neue Bluttests zur Früherkennung von Krebs werden derzeit intensiv beworben und auch als zusätzliche Versicherungsleistung angeboten. Zwar sind diese Tests vielversprechend, allerdings fehlen bisher belastbare Daten über ihren tatsächlichen Nutzen. Krebsexperten der wissenschaftlichen medizinischen Fachgesellschaften und aus Krebsselbsthilfe warnen daher vor falschen Erwartungen und plädieren gleichzeitig dafür, die von den Krankenkassen finanzierten Früherkennungsmaßnahmen konsequenter zu nutzen.

Früherkennung ist eine der wichtigsten Maßnahmen zur Beherrschung von Krebs, die die Krankheitsbelastung und die Sterblichkeit durch Entdeckung bösartiger Erkrankungen in einem frühen Stadium senken soll. Risiken von Früherkennungsmaßnahmen liegen in den Belastungen durch die Untersuchung selbst, in der Überdiagnostik durch die Abklärung unklarer Befunde und in der Übertherapie durch die Behandlung von Erkrankungen, die im Laufe des Lebens der Betroffenen keine Beschwerden verursacht und nicht zum Tod geführt hätten.

Derzeit gibt es in Deutschland nur wenige, von den Krankenkassen finanzierte Programme zur Krebsfrüherkennung. Sie betreffen Brust-, Darm-, Gebärmutterhals-, Haut- und Prostatakrebs. Darüber hinaus werden aktuell im Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) ein neues Programm zur Früherkennung von Lungenkrebs mittels Niedrigdosis-Computertomographie und eine Ausweitung der Brustkrebs-Früherkennung vorbereitet.

Ein Hoffnungsträger für die genauere und auch einfachere Krebsfrüherkennung sind Bluttests. Die dabei getesteten Tumormarker werden zumeist schon seit mehreren Jahrzehnten eingesetzt. Allerdings war ihre Sensitivität und Spezifität bisher begrenzt, so dass sie zwar zur Verlaufsbeobachtung bei bereits an Krebs erkrankten Patienten, aber nur sehr eingeschränkt zur Krebsfrüherkennung geeignet sind.

EDIM-TKTL1- und der EDIM-Apo10-Test nicht zur Früherkennung zu empfehlen

Diese Situation könnte sich in der Zukunft allerdings ändern. In großen, prospektiven Studien werden aktuell neue Marker und neue Methoden getestet. Zum jetzigen Zeitpunkt warnen die Krebsspezialisten allerdings vor falschen Erwartungen, die durch die derzeit intensiv beworbenen Krebs-Bluttests geweckt werden könnten. Die Arbeitsgemeinschaft Prävention und Integrative Onkologie (PRIO) der Deutschen Krebsgesellschaft (DKG) hat u. a. die Daten von EDIM-Tests (Epitop - Detektion - in - Monozyten - Blutbestimmung), die auch bereits von einigen Versicherungen angeboten werden, analysiert. Prof. Dr. med. Jutta Hübner (Jena), Vorsitzende der PRIO, fasst zusammen: „Der EDIM-TKTL1- oder der EDIM-Apo10-Test sind keine Verfahren, die zur Früherkennung, Diagnose, Prognoseeinschätzung oder als Hinweis auf ein mögliches Therapieansprechen empfohlen werden können.“

Hedy Kerek-Bodden, Vorsitzende des Hauses der Krebs-Selbsthilfe Bundesverband e. V. in Bonn, ergänzt: „Die von den Krankenkassen finanzierte, qualitätsgesicherte Mammographie zur Früherkennung von Brustkrebs wird von weniger als 50 Prozent der eingeladenen Frauen genutzt. Hier müssen wir ansetzen und auf der Basis seriöser Studien und in enger Zusammenarbeit von Selbsthilfe sowie Expertinnen und Experten Überzeugungsarbeit leisten.“

Wie wichtig solche seriösen Studien sind, unterstreicht auch Prof. Dr. med. Hermann Einsele, Geschäftsführender Vorsitzender der DGHO Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie: „Die Krebsfrüherkennung findet in einem wissenschaftlich sehr dynamischen Umfeld statt. So haben wir in den letzten Jahren gelernt, dass viele ältere Menschen im Blut Hinweise auf Erkrankungen wie eine Chronische Lymphatische Leukämie oder ein Multiples Myelom zeigen, sich diese Erkrankungen aber nie entwickeln. Solche Testergebnisse können daher zu großen Ängsten und massiver Verunsicherung führen. Sie müssen immer ganzheitlich und individuell bewertet werden.“

Deshalb: Zum jetzigen Zeitpunkt warnen die Krebsexperten nachdrücklich vor Angeboten, die vor allem auf einem Geschäft mit der Angst beruhen.

Pressemitteilung „Neue Krebs-Bluttests: Warnung vor falschen Erwartungen“. Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie, Berlin, u. a. Fachgesellschaften und Patientenorganisationen, 7.9.2023 (https://www.dgho.de/aktuelles/presse/pressemeldungen/neue-krebs-bluttests-warnung-vor-falschen-erwartungen).
* Stellungnahme der Arbeit Gemeinschaft Prävention und integrative Onkologie in der Deutschen Krebsgesellschaft (PRIO) zur Bestimmung von TKTL1 und Apo-10 mit dem EDIM-Test und zur Krebsfrüherkennung mittels PanTum-Test. Juli 2023 (https://prio-dkg.de/wp-content/uploads/2023/07/Stellungnahme-der-AG-PRIO-in-der_DKG_TKTL1_APPO10_PanTum-Test_2023.pdf).

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