Die Neuauflage der S3-Leitlinie zur „Diagnostik, Therapie und Nachsorge der peripheren arteriellen Verschlusskrankheit (pAVK) wurde kürzlich veröffentlicht. Neueste wissenschaftliche Erkenntnisse und die relevanten Ergebnisse wurden im Kapitel „Die pAVK in der Geriatrie“ zusammengefasst. Hier werden konkrete konsentierte Empfehlungen gegeben im Umgang mit älteren Patientinnen und Patienten mit einer pAVK, die aufgrund der besonderen Situation – wie zum Beispiel Gebrechlichkeit (Frailty) – teils stark von sonstigen Standardempfehlungen abweichen.
Die pAVK, eine klinische Manifestationsform der Arteriosklerose, betrifft meist die Beindurchblutung, was zunächst zu belastungsabhängigen Muskelschmerzen beim Gehen führen kann. Allerdings verläuft die Krankheit im Alter häufig diesbezüglich asymptomatisch. „Deshalb sollte man in einer geriatrischen Untersuchung oder in einer medizinischen Untersuchung alter Menschen in jedem Fall auch bei völliger Beschwerdefreiheit die Fußpulse tasten”, sagt Dr. med. Christoph Ploenes, Leiter der Arbeitsgruppe Gefäßerkrankungen/Angiologie bei der Deutschen Gesellschaft für Geriatrie (DGG und fasst damit eine der wichtigen Empfehlungen in der Leitlinie zusammen. Auf diese Weise kann unter Umständen – zum Beispiel durch Lagerungsmaßnahmen – eine Folgemorbidität verhindert werden, etwa Fersendekubitus bei bettlägerigen Menschen oder mögliche Wundheilungsstörungen, falls ein Eingriff im Fußbereich oder Sprunggelenk geplant ist.
Wichtige Erkenntnis: Geriatrische Patientinnen und Patienten mit fortgeschrittener Frailty profitieren meist nicht von Gefäßeingriffen!
Neu in der Leitlinie ist auch die Erkenntnis, dass bei geriatrischen Patientinnen und Patienten mit fortschreitender pAVK nicht nur die Komorbidität prognostisch relevant sein kann, sondern auch Funktionseinschränkungen im täglichen Leben. „Menschen mit fortgeschrittenem Frailty-Syndrom haben beispielsweise nicht nur ein höheres Risiko zu stürzen, ein Delirium zu entwickeln oder inkontinent zu werden, sondern allgemein auch eine schlechtere Prognose bei Eingriffen”, so Ploenes. Was zu der wichtigen Empfehlung führt, geplante Eingriffe genauer abzuwägen, vor allem im Einklang mit dem primären Therapieziel der Beschwerdelinderung. „In sehr vielen von uns analysierten Registerstudien und retrospektiven Studien hat sich unisono herausgestellt, dass diese Patientengruppe von der Operation, also dem Wiederherstellen der Durchblutung, nicht profitiert hat - im Gegenteil.“ Aber nicht nur bei der Therapie, bereits bei der Diagnostik sei ein anderes Vorgehen als beim Standard ratsam: „Zum Beispiel ist dann nicht ohne Weiteres ein CT angezeigt, erst recht nicht als Screening”, so Ploenes.
Mehr geriatrische Kompetenz in der Gefäßmedizin gefordert
Um diese besonders vulnerable Gruppe älterer Menschen mit pAVK noch besser beziehungsweise differenzierter versorgen zu können, ist insgesamt mehr geriatrische Kompetenz in der Gefäßmedizin nötig – auch in der (Früh-)Rehabilitation. „Es ist sehr anzustreben, dass wir eine interdisziplinäre Zusammenarbeit unterschiedlicher Expertinnen und Experten erreichen, was zum Beispiel in der Alterstraumatologie schon auf einem guten Weg ist. Gerade bei unserer Patientengruppe sind die personalisierte Medizin und eine Differentialtherapie von besonders großer Bedeutung”, sagt Ploenes. „Um das zu erreichen, ist eine weitere interdisziplinäre und interprofessionelle Vernetzung nötig. Daher arbeiten wir jetzt unter interdisziplinärer Herausgeberschaft von Angiologie, Gefäßchirurgie und Geriatrie an einem Buch, das das Thema in der Breite abbildet und zudem konkrete Handlungsempfehlungen und Skizzen von Zukunftsperspektiven aufzeigt.”
S3-Leitlinie Diagnostik, Therapie und Nachsorge der peripheren arteriellen Verschlusskrankheit. AWMF Registernummer 065-003, Leitlinie gültig bis 17.9.2029. Download: https://register.awmf.org/de/leitlinien/detail/065-003
Pressemitteilung „Jetzt mit Geriatrie-Schwerpunkt: Update der S3-Leitlinie zur peripheren arteriellen Verschlusskrankheit (pAVK)“. Deutsche Gesellschaft für Geriatrie (DGG), Berlin, 1.4.2025 (https://www.dggeriatrie.de/presse/pressemeldungen/2416-pm-jetzt-mit-geriatrie-schwerpunkt-update-der-s3-leitlinie-zur-peripheren-arteriellen-verschlusskrankheit-pavk).